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Rainer Brüderle auf dem Parteitag - Glanzlos, aber effektiv

Rainer Brüderle trat als oberster Wahlkämpfer vor seine Partei. Heraus kam eine leidenschaftslos vorgetragene Kampfrede. Er geißelte den politischen Gegner und streichelte die strapazierte liberale Seele

Autoreninfo

Lisa Schneider studierte Politik-, Medien- und Sozialwissenschaften in Düsseldorf und Prag.

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Die Kritik der letzten Wochen vergessen machen, Inhalte nach vorne bringen. So könnte das Motto der Rede von FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle auf dem Bundesparteitag gelautet haben. Kein Wort zu den Sexismus-Vorwürfen, dafür umso mehr Schelte für den politischen Gegner. Peer Steinbrück sei die „Fettnapf-Suchmaschine“, der „Sprechcomputer der linken SPD“. Wer einen solchen Kandidaten zum Gegner hat, kann sich dem direkten Vergleich unbekümmert stellen.

Die rot-rot-grüne Opposition propagiere unter dem Mantel der Verteilungsgerechtigkeit den Einheitsmenschen und habe doch nur den Mangel zum Umverteilen. Die FDP dagegen, die „Partei des Wohlstands und des Privateigentums“, setze sich für den Wohlstand und die Freiheit aller ein. Mit seiner Rede schwor Brüderle die Delegierten auf die zentralen liberalen Forderungen ein: Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften, flexible Gestaltung des Renteneintrittsalters, keine staatlich beschlossenen Löhne. Dass viele dieser Überzeugungen vom Koalitionspartner CDU/CSU nicht geteilt werden – geschenkt.

Deutlich wurde Brüderle an anderer Stelle. Das „Duo Infernale aus Wowereit und Platzeck“ könne es einfach nicht. „Wir brauchen einen Finanzierungsstopp für BER.“ Diese „roten Bruchpiloten liefern das beste Argument gegen den Länderfinanzausgleich“, der die Starken schwäche, anstatt die Schwachen zu stärken. Die Grünen hätten ohnehin jede Innovation der letzen zehn Jahre bekämpft. Mit ihnen sei kein ICE-Ausbau, keine CCS- oder Biotechnologie zu machen: „Darum haben die USA jetzt Apple und Microsoft und wir eine Debatte über Elektroschrott.“

Wie gut, dass es die FDP gibt: „Uns hat der Himmel geschickt“, ruft Brüderle seinen Parteifreunden zu und erhält den erwarteten Applaus. „Wir sind ein gutes Team“, schickt er hinterher, wie um sicherzugehen, dass auch der letzte verstanden hat, worauf es ihm ankommt. Und falls nicht, klopfte er jedem einzelnen seiner Präsidiumskollegen noch einmal rhetorisch auf die Schulter. „Philipp Rösler ist unser Kapitän, er ist das ordnungspolitische Zentrum der Partei. Wir arbeiten vertrauensvoll und eng zusammen.“ Interne Streitigkeiten? Ein Führungsstreit? Abgehakt.  

Und auch die anderen ranghohen Liberalen - alle super. Keiner setze sich so engagiert für Menschenrechte und Freiheit in der Welt ein wie „unser Guido“, dank Dirk Niebel müsse die Entwicklungshilfe nicht mehr in der „Schlabberpulli-Ecke“ versauern, Christian Lindners fulminantem Wahlkampf in NRW verdanke die Partei die bundesweite Wende – „das werden wir Dir nie vergessen“.

Eine Partei, ein Ziel. Mit der „Freiheitswahl“ am 22. September vor Augen macht sich die FDP auf, personelle Querelen zugunsten programmatischer Stärken hinter sich zu lassen. Angeführt wird sie dabei vom „erfahrenen, spielenden Stürmer“ Rainer Brüderle, der mit seiner verhaltenen Rede zwar keine Glanzpunkte setzte, aber sich als Spitzenkandidat des Rückhalts in der Partei versicherte.
 

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