- Das Private wird nicht politisch
Es gab Beobachter und Familien in Deutschland, die nach der Rückkehr der Bundesfamilienministerin Kristina Schröder aus ihrer kurzen Babypause eine Veränderung erwarteten, irgend eine Wandlung durch ihre neue Lebenssituation. Die aber wurden bei ihrem ersten Auftritt eines Besseren belehrt.
Leichte Enttäuschung bleibt zurück am Tag nach dem ersten Auftritt der Bundesfamilienministerin Kristina Schröder. Dabei war ihr das Publikum wohlwollend entgegen getreten. Die Bundespressekonferenz war rappelvoll. Der Ort, wo selbst die populäre Arbeitsministerin Ursula von der Leyen ein paar Tage zuvor nur mühsam die Reihen voll bekam. Nun waren sie alle da, die Hauptstadtjournalisten, um einen ersten Blick auf die Frau zu erhaschen, die als erstes Kabinettsmitglied während ihrer Amtszeit ein Kind in die Welt gesetzt hat. Kristina Schröder trat eiligen Schrittes die Stufen hinauf, schon wieder schlank, das Rouge konnte eine gewisse Blässe nicht kaschieren.
Vordergründig ging es bei Schröders erstem Auftritt um die Vorstellung des Monitors Familienleben 2011. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sei nach wie vor eine Dauerbaustelle, dabei ginge es zunehmend nicht nur um die Versorgung der Kinder sondern auch um die Pflegezeiten für Angehörige. Vor allem aber werde die Arbeit- und Kinderfrage immer mehr zum Männerthema. Kristina Schröder machte klar, dass sie sich auch für mehr finanzielle Unterstützung bei der künstlichen Befruchtung einsetzen will. Sie bekäme eindringliche Briefe von Betroffenen.
Die Ministerin steckte ihr Ressort ab, die Familie sei genauso wichtig wie die Stabilisierung des Euro – so sollten keine Zweifel aufkommen, wofür sie kämpft. Man mag das als kleinen Nebenhieb auf die Bundesarbeitsministerin verstehen, die sich in der vergangenen Zeit immer wieder für den Euro stark gemacht hatte, auch im Rücken der Kanzlerin. Ursula von der Leyen hat sich angewöhnt, in fremden Gewässern zu fischen. So war sie während Schröders Babypause mit ihren Vorschlägen zu einer starren 30-Prozent-Frauenquote in Führungspositionen an die Öffentlichkeit gegangen, während die Familienministerin doch, wie allgemein bekannt, eine flexible Frauenquote favorisiert.
Kristina Schröder antwortete denn auch auf die Frage der Journalisten, ob sie die Erklärung der frischgebackenen Mutter Andrea Nahles nachvollziehen könne, keine allzu lange Babypause zu machen, weil die Politik einem Haifischbecken gleiche: „Ich habe nicht den Eindruck, dass meine Abwesenheit auf irgendeine Art und Weise ausgenutzt wurde“ – und schiebt hinterher „in meinem Ministerium.“
Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie Kristina Schröder pausenlos von sich selbst spricht - und es dann doch wieder nicht tut.
Solange die Ministerin so in Bausch und Bogen daher redet, so lange mag man immer nur nicken. Sie ist emotional und trotzdem sachlich, lobt das Elterngeld als konservatives und liberales Instrument. Man wolle „niemandem ein Lebensmodell vorschreiben“. Politik müsse Wahlfreiheit ermöglichen, die Bewohner des Dorfes in Mecklenburg-Vorpommern, in dem eine Betreuungsquote der Kinder von 60 Prozent herrsche, seien nicht unbedingt glücklicher als jene im Allgäu, bei denen nur 20 Prozent der Kinder einen Betreuungsplatz in Anspruch nehmen. „Es gibt keine idealtypische Familie. Wir müssen aufhören, dies immer gegeneinander auszuspielen.“ Kristina Schröder spricht während dieser Stunde pausenlos von sich selbst, und tut es wieder nicht. Denn ihr eigenes Privatleben solle „privat bleiben“, man wolle die Familie nicht verstecken aber auch nicht ins Schaufenster stellen. Ob und wann ihre Tochter Lotte Marie in eine Kita gehe, das würden die Menschen schon erfahren, wenn sie es müssten.
Manche Familien hatten sich wohl erwartet, dass die Familienministerin etwas aus ihrer neuen Situation lernen wollen würde. Die aber wurden eines Besseren belehrt: Es habe sie seit jeher genervt, wenn Menschen mit Kindern behaupteten, etwas besser zu verstehen, als Menschen ohne Kinder. Diesen Fehler wolle sie nicht machen. Könnte es aber nicht sein, dass es tatsächlich hilft, an der Börse gearbeitet zu haben, um über Finanzmarktpolitik zu urteilen? Ein Blick auf Ursula von der Leyen zeigt, dass die siebenfache Mutter die Probleme der Frauen und Familien immer mitdenkt, auch wenn es zum Beispiel um die Rente geht. Das ist es, was man sich eigentlich von einer Familienministerin erwartet.
Kristina Schröder dagegen verfällt gegen Ende ihres großen ersten Auftritts wieder ihrer alten Schwäche. Auf konkrete Nachfragen nach den neuen Plänen für das Betreuungsgeld, das zwar als Einführung im Koalitionsvertrag im Jahr 2013 geplant ist, trotzdem aber im vergangenen Sommer innerhalb der Koalition für Diskussionen sorgte, sprach Schröder wenig konkret von einem Kompromiss, an dem sie gerade arbeite. Zahlen und Vorschläge aber blieben aus, so dass man den Eindruck bekam, hier sei jemand nicht gut vorbereitet. Die Tücke stecke „im Detail“, ließ sie vernehmen und erklärte, man müsse zum Bespiel klären, ob die Unterbringung eines Kindes bei einer Tagesmutter ähnlich behandelt werden müsste, wie die in einer Kita. Ob dieser Antwort konnte man das Stirnrunzeln der Anwesenden geradezu hören. Denn natürlich ist ein Kind bei einer Tagesmutter ebenso fremd betreut wie in einer Kita. Wenn nun der Eindruck entstand, hier habe jemand keine Ahnung, wovon er spricht, dem sei gesagt: Lotte Marie ist ja noch klein.
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