- Lage spitzt sich in einigen Gebieten weiter zu
Überflutete Straßen und Häuser, dazwischen unermüdliche Rettungskräfte. Wieder sind kräftige Gewitter und Starkregen möglich. Der Bundeskanzler will sich vor Ort in Bayern ein Bild machen.
Die Hochwasserlage spitzt sich in einigen Gebieten Baden-Württembergs zu. Besonders kritisch war die Lage am Montagmorgen in den beiden Kreisen Rems-Murr und Ostalb. Wegen der ansteigenden Flusspegel wurden am Montagmorgen in Abtsgmünd (Ostalbkreis) flussnahe Wohngebiete evakuiert. Die Bewohner kamen in Notunterkünften unter. Wie viele Menschen davon betroffen waren, war zunächst unklar. Schulen bleiben dort am Montag vorsorglich geschlossen, wie eine Sprecherin des Landratsamtes sagte.
Nach tagelangem Dauerregen sind in vielen Gegenden Baden-Württembergs und Bayerns Flüsse und Bäche über die Ufer getreten, Tausende Menschen mussten ihre Häuser verlassen. Zehntausende Helfer sind im Einsatz. Laut Deutschem Wetterdienst kann es auch zum Wochenbeginn wieder kräftige Gewitter und Starkregen geben.
Donau-Höchststände erwartet
In Bayern kann der Hochwassernachrichtendienst längst noch keine Entwarnung geben: Zwar gehen an den Zuflüssen zur Donau die Fluten vielerorts langsam zurück, nun trifft das Hochwasser aber zunehmend die Donau selbst. Die höchste Meldestufe vier wurde dem aktuellen Lagebericht zufolge von Regensburg bis Straubing erreicht, in Passau soll es am Montagabend so weit sein. In Kehlheim soll der Fluss im Laufe des Tages in den Bereich eines 20-Jahres-Hochwassers steigen.
Regensburg hat bereits den Katastrophenfall ausgerufen. Die Wasserhöhe am Messpunkt Eiserne Brücke habe in den frühen Morgenstunden einen Stand von 5,80 Meter erreicht, teilte die Stadt am Montag mit. Der Hochwassernachrichtendienst Bayern meldete um 7.00 Uhr dann 5,90 Meter – am vergangenen Dienstag lag der Wert im Schnitt noch bei etwa 2,70 Metern. Nach den Daten der Experten wurden beim vergangenen großen Hochwasser am 4. Juni 2013 genau 6,82 Meter gemessen. Am Wochenende hatten bereits mehrere Landkreise und Städte in Bayern den Katastrophenfall ausgerufen.
Zwei Menschen vermisst
Zwei Menschen gelten derzeit als vermisst: Einen im Hochwasser vermissten Feuerwehrmann im schwäbischen Offingen haben die Einsatzkräfte noch nicht gefunden. Die Suche werde weiter fortgesetzt, sagte ein Polizeisprecher am Montagmorgen. Der 22-Jährige war in der Nacht zum Sonntag in der Gemeinde im Landkreis Günzburg mit einem Boot der DLRG-Wasserrettung unterwegs gewesen. Das mit fünf Einsatzkräften besetzte Boot war aufgrund starker Strömung gegen 2.50 Uhr gekentert. Vier Einsatzkräfte konnten sich aus eigener Kraft an Land retten und blieben unverletzt.
Ebenfalls seit Sonntag wird im oberbayerischen Schrobenhausen eine Frau vermisst. Rettungskräfte vermuteten sie in einem überfluteten Keller. Wegen der gefährlichen Lage konnten Helfer aber bis Sonntagabend nicht nach ihr suchen. Ob sie mittlerweile gefunden wurde, konnte ein Polizeisprecher am Montag zunächst nicht sagen.
Schüler bleiben sicherheitshalber zu Hause So manche Schulkinder dürfen vorerst zu Hause bleiben. Viele Schulen in besonders betroffenen Regionen beider Bundesländer haben den Präsenzunterricht für Montag abgesagt, auch Kitas oder Förderzentren sollen zu bleiben. Für jüngere Schulkinder werde teils Notbetreuungen eingerichtet.
Bahnverkehr im Süden: Stark beeinträchtigt
Wegen der Unwetterschäden bleibt der Bahnverkehr im Süden Deutschlands am Montag stark beeinträchtigt. Die Deutsche Bahn teilte in der Nacht auf Montag mit: „Wir raten von Reisen in die betroffenen Hochwassergebiete in Bayern und Baden-Württemberg ab und empfehlen, nicht notwendige Reisen zu verschieben. Bitte rechnen Sie zusätzlich damit, dass es bei den noch verkehrenden Zügen zu einer sehr hohen Auslastung kommt.“
Der Fernverkehr könne München von Norden und Westen derzeit nicht anfahren. Auch der Nahverkehr in Bayern bleibe stark beeinträchtigt. Für die Nacht wurden in Stuttgart, Nürnberg und München für Reisende Aufenthaltszüge eingerichtet.
Wetterdienst: Weiter Gewitter möglich mit viel Regen
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hob in der Nacht zu Montag zwar alle bestehenden Unwetterwarnungen vor schweren Gewittern mit Starkregen für Deutschland auf. Weiterhin gibt es demnach vor allem in Süddeutschland aber noch gebietsweise schauerartige Regenfälle mit Potenzial für Starkregen, wie der DWD am frühen Morgen mitteilte. Ab Mittag sollen dann vor allem Gebiete südlich der Donau sowie am Bayerischen Wald betroffen sein, auch Unwetter sind möglich.
Bis zum Abend könnten sich die Unwetter allmählich auch nach Süden, bis zum Hochrhein und ins nördliche Alpenvorland ausbreiten, hieß es. Am Abend sind auch an den Alpen kräftige Gewitter mit Starkregen möglich. Auch für den Osten Deutschlands erwartet der DWD ab dem Nachmittag Gewitter mit Starkregen zwischen 15 und 25 Litern pro Quadratmeter in kurzer Zeit. Örtlich kann es dort auch Unwetter mit Mengen um die 30 Liter pro Quadratmeter geben.
Bundeskanzler-Besuch vor Ort. Zum zweiten Mal binnen weniger Wochen reist Bundeskanzler Scholz (SPD) in ein Flutgebiet. Mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) wird er in Reichertshofen erwartet. Wie so viele andere Ortschaften wurde der oberbayerische Markt von Wassermassen überschwemmt.
Mehr Eigenvorsorge bei Hochwasserschutz
Ein Umdenken angesichts dieser Lage fordert der Deutsche Städte- und Gemeindebund. „Allen voran braucht es mehr Eigenverantwortung, Eigenvorsorge und Bereitschaft der Gesellschaft, das Problem gemeinsam anzugehen und auch selber aktiv zu werden“, sagte dessen Präsident Uwe Brandl (CSU) der Augsburger Allgemeinen. „Dazu gehört es, Grundstücke abzugeben, wenn das zum Hochwasserschutz erforderlich ist, aber auch die Mitfinanzierung von Schutzmaßnahmen oder der Verzicht auf das Bauen im Überschwemmungsbereich.“
Gerda Hasselfeldt, Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) und CSU-Politikerin, verlangte ebenfalls in der Augsburger Allgemeinen, mehr in den Katastrophenschutz zu investieren. „Deutschland hat diesbezüglich insgesamt Nachholbedarf“, sagte sie. „Es braucht deshalb eine Zeitenwende, insbesondere, was die nachhaltige und zukunftsgerichtete Finanzierung des Bevölkerungsschutzes angeht.“
dpa
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Die Dammbrüche, die über die Ufer tretenden Flüsse und das damit verbundene volllaufen der Keller.
Ist das nicht auch ein Hinweis darauf, daß der Mensch zu wenig darauf achtet wie der Lauf der Wasser ist und dies bei der Besiedelung der Gebiete nicht berücksichtigt, bzw. verdrängt.
Siedlungen sind gewöhnlich am halben Hang begründet worden. Windgeschützt, vom Fluss profitierend, aber sicher vor Hichwasser. Bevor Rückhaltebecken und Talsperren gebaut wurden, gab es sehr viele Bochwasserlagen (sonst hätte man sie nicht gebaut). Vermeintlich sicher, konnten die Städte weiter wachsen. Dummerweise ist aufgrund der auch heute noch wachsenden Versiegelung riesiger Flächen die Hochwassergefahr wieder gestiegen. Statt Versickerung und "Schwammstadt" haben wir ein schlechtes Wassermanagement. Niederschlagswasser geht am Grundwasser vorbei auf schnellstem Weg in die Flüsse. A u c h hier wurde bisher gespart. Ist der Klimawandel beteiligt, kann manihm nicht alles in die Schuhe schieben. Vorbereitung und Anpassung kommen nun leider oft zu spät. Kostet genauso Geld wie Entbürokratsierung, Bildung, Digitalisierung und wo es sonst noch fehlt, weil man es - politisch gewollt und nicht immer sachdienlich - lieber woanders ausgibt
Ich wohne im Rhein-Main-Gebiet und kenne Hochwasser seit Kindesbeinen an. Wenn man zu nah am Wasser baut, Polder und Vorflutgelände zu Baugelände erklärt, wenn man Flüsse unsinnigerweise begradigt, wenn man Dämme nicht regelmäßig wartet, verbessert und ausbaut, wenn man den Katastrophenschutz nur dann entdeckt, wenn eine solche eintritt und sonst stiefmütterlich behandelt, wenn nicht ausreichend mit der Bevölkerung zusammen in den Städten und Gemeinden Hochwasserschutz aktiv betrieben wird, ja dann geht es schief wie Ahrtal und anderswo. Plötzlich wird laut geschrien, wird gewarnt ohne Sinn und Verstand. Aus Angst nochmal versagt zu haben, wird nun genau das Gegenteil gemacht und teils Panik geschürt. Wir haben auch bei diesem Thema längst Maß und Mitte verloren. Bin nur mal gespannt, wann Putin, Israel oder die AFD schuld daran sein werden, dass wir so viel Regen und Hochwasser haben. Es gibt sie aber auch die Regionen wo stille und leise stetig am Hochwasserschutz gearbeitet wurde.