Konfederacja-Co-Chef Slawomir Mentzen beim Selfie mit Anhängerinnen / dpa

Wahlkampf in Polen - Rechtspopulisten als Königsmacher?

Die „Konföderation Freiheit und Unabhängigkeit“ liegt in Umfragen bei 13 Prozent. Nicht unwahrscheinlich, dass sie nach den Wahlen im Oktober Teil einer Regierungskoalition wird. Aber wie viel hat sie wirklich mit der deutschen AfD gemeinsam?

Autoreninfo

David Gregosz leitet das Büro der Konrad-Adenauer-Stiftung in Polen. 

So erreichen Sie David Gregosz:

Autoreninfo

Charlotte Hübner ist Projektmitarbeiterin der Konrad-Adenauer-Stiftung in Warschau.

So erreichen Sie Charlotte Hübner:

In Europa befinden sich rechtspopulistische Parteien offenkundig im Aufwärtstrend. In Deutschland verzeichnete die AfD zuletzt Rekordwerte der bundesweiten Zustimmung. Auch im benachbarten Polen verzeichnen Parteien im rechten politischen Spektrum Zuwachs. In diesem Oktober steht Polen vor den zehnten Parlamentswahlen seit der historischen Wende im Jahr 1989. Die politische Situation im Land ist angespannt und der Ausgang der Wahl bleibt ungewiss. Seit 2015 prägt die nationalkonservative Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) die Koalitionsregierung.  

Aktuelle Umfragen deuten jedoch darauf hin, dass weder die PiS noch die Oppositionspartei der liberal-konservativen Bürgerplattform (PO) voraussichtlich eine klare Mehrheit im Sejm, dem polnischen Parlament, erreichen werden. Ein möglicher Koalitionspartner für den Machterhalt der PiS könnte die Konfederacja Wolność i Niepodległość – Konföderation Freiheit und Unabhängigkeit – sein, ein Bündnis konservativ-libertärer Parteien aus dem rechten bis rechtsextremen politischen Umfeld. Die Umfragewerte der Konfederacja liegen derzeit bei bemerkenswerten 13 Prozentpunkten. Die Partei könnte somit gemeinsam mit der PiS, die in den Umfragen bei 36 Prozentpunkten liegt, eine absolute Mehrheit im Parlament erreichen. Für Beobachter in Warschau ist ein solches Szenario nicht unwahrscheinlich, weshalb ein genauerer Blick auf die Partei lohnt. Die Folgen einer solchen Konstellation für Europa, aber auch für Polen, sind bislang zu wenig diskutiert.     

Ähnlichkeiten zwischen der Konfederacja in Polen und anderen rechtspopulistischen Parteien in Europa, wie der Alternative für Deutschland (AfD), sind unverkennbar. Beide Parteien teilen rechtspopulistische bis rechtsextreme Ansichten, stehen der Europäischen Union äußerst skeptisch bis ablehnend gegenüber und lehnen eine grüne Transition europäischer Volkswirtschaften sowie eine liberale Migrations- und Flüchtlingspolitik ab. Bei genauerer Betrachtung der Konfederacja stellt sich die Frage, inwiefern sich weitere Parallelen zur AfD ziehen lassen und ob sie die Rolle als Königsmacher für die PiS in den bevorstehenden Wahlen spielen könnte. 

Unterstützung bei jungen Wählern

Erst im Jahr 2019 gegründet, hat die Konfederacja in kürzester Zeit Erfolge erzielt. Bereits im selben Jahr gelang es ihr, mit 6,8 Prozent der Stimmen und 11 Mandaten in den Sejm einzuziehen. Seitdem steigt die Partei in Umfragewerten. Nach internen Auseinandersetzungen und einem Führungswechsel Anfang 2023 unter dem jungen Ökonomen Slawomir Mentzen und Krzysztof Bosak gelang es der Partei, eine einheitlichere Stimme zu finden. Damit verbesserte sie ihre Außendarstellung erheblich.

Der Erfolg der Konfederacja beruht zum Teil auf ihrem jungen Führungsteam mit Mentzen (36) und Bosak (41), denen es gelungen ist, die Popularität der Partei zu steigern. Im Vergleich zu den älteren Vorsitzenden anderer Parteien wie Donald Tusk (66) von der PO und Jarosław Kaczyński (74) von der PiS bildet die Konfederacja-Führung einen Kontrast. Dies spiegelt sich auch in der Demografie ihrer Wählerschaft wider. Besonders bei jungen Männern, die in Kleinstädten und ländlichen Gebieten leben, erfährt die Konfederacja breite Unterstützung. Laut einer im März 2023 durchgeführten Umfrage (von Ipsos für das Portal OKO.press) unterstützen 27% der Unter-40-jährigen die Konfederacja. Unter jungen Männern beträgt dieser Anteil sogar 37%, bei jungen Frauen sind es bis zu 11%.  

Ganz sicher hat dieser Zuspruch auch mit geschickter Präsenz der Partei in den Sozialen Medien zu tun. Angesichts der zunehmenden Kontrolle der öffentlich-rechtlichen Medien durch die amtierende Regierungspartei müssen Oppositionsparteien in Polen alternative Wege finden, um ihre Botschaften zu vermitteln. Hierbei ist die Konfederacja erfolgreich und kann durch ihre Kritik am Establishment und kurzen ironischen Videos in Sozialen Netzwerken punkten. Co-Parteivorsitzender Slawomir Mentzen verzeichnet 780.000 Follower auf TikTok, 480.000 auf Facebook sowie jeweils über 330.000 auf Twitter und Instagram. Seine „Bier mit Mentzen“-Kampagne, bei der er durch das Land reist, Bier trinkt und Gespräche führt, hat zusätzlich dazu beigetragen, eine unmittelbare Nähe zu seiner Wählerschaft aufzubauen.

Während Wahlveranstaltungen im Jahr 2019 noch präsentierte Mentzen fünf Kernziele der Konfederacja, die er damals als „ein Polen ohne Juden, Homosexuelle, Abtreibungen, Steuern und Europäische Union“ zusammenfasste. In jüngerer Zeit hat er eine Distanzierung von der Radikalität dieser Äußerungen erkennen lassen und meidet vergleichbare Formulierungen in der Öffentlichkeit. Heute scherzt er dagegen in seinen Videos, sein Plan für die Zukunft sei „Bier, Steuern, Sozialabgaben, Inflation und Linke auf Null setzen“. 

Libertäre Grundhaltung

Wirft man einen Blick in das Wahlprogramm der Konfederacja und auf ihre Standpunkte, zeigen sich Parallelen zur AfD. In ihrer außenpolitischen Ausrichtung legt die Konfederacja besonderen Wert darauf, ihre Unabhängigkeit von anderen Ländern und der EU zu bewahren. Diese libertäre Grundhaltung spiegelt sich auch in ihrem Blick auf die Europäische Union (EU) wider. Die Partei unterstützt einen „Polexit“ und betont die Priorität nationaler Interessen gegenüber überstaatlichen Institutionen. Hierbei lehnt sie vor allem die zunehmende Zentralisierung von Entscheidungsbefugnissen in Brüssel ab und setzt sich für mehr Autonomie Polens innerhalb der EU ein.

Die Konfederacja äußerte ebenfalls Kritik an der großzügigen Unterstützung, die Polen der ukrainischen Regierung seit Ausbruch des Konflikts gewährt hat. Obwohl sie den Angriffskrieg Russlands grundsätzlich ablehnt, vertritt sie die Ansicht, dass die Interessen Polens nicht zwangsläufig mit jenen der Ukraine in Einklang stehen und dass Polen sich in unangemessener Weise am Kriegsgeschehen beteiligt. Sie protestierte auch gegen umfangreiche Hilfen für die zahlreichen ukrainischen Flüchtlinge, die über die Grenze nach Polen gekommen sind, und sah darin eine Belastung der polnischen Gesellschaft. Allerdings stieß diese Haltung auf wenig Verständnis in der polnischen Öffentlichkeit, die die Flüchtlinge aus der Ukraine überwiegend unterstützt. Damit ist die Konfederacja bisher die einzige größere politische Gruppierung in Polen, die die Unterstützung für die Ukraine in Frage stellt

 

Mehr zum Thema Polen:

 

Die Konfederacja zeichnet sich weiterhin durch eine ausgeprägt libertäre Ausrichtung in ihren wirtschaftspolitischen Ansichten aus, worin sich teilweise von der AfD unterscheidet. In ihrem Streben nach wirtschaftlicher Freiheit streben die polnischen Rechtspopulisten eine Senkung des Steuersatzes auf 12% für alle an. Darüber hinaus setzen sie sich für die Abschaffung der obligatorischen Renten- und Krankenversicherung ein. Ein weiteres Ziel ist die drastische Reduzierung staatlicher Regulierungen und bürokratischer Hindernisse, um die unternehmerische Freiheit zu stärken und damit verbundene Erleichterungen für Betriebe zu ermöglichen. Weiterhin setzt die Konfederacja sich energisch für die Privatisierung staatlicher Unternehmen und Vermögenswerte ein, um die Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft zu erhöhen. Besonderes Augenmerk legt sie auf die Bewahrung der nationalen Währungssouveränität und betrachtet die mögliche Einführung des Euro in Polen sehr kritisch. 

Friedenspartei?

Vergleicht man die Positionen der Konfederacja mit denen der deutschen AfD, fallen in vielen Punkten Ähnlichkeiten auf. Die AfD betont die Souveränität Deutschlands und plädiert für eine Stärkung der nationalen Identität und Eigenständigkeit. Einige einflussreiche Mitglieder der AfD sprechen sich zusätzlich für einen möglichen Austritt Deutschlands aus der EU (Dexit) aus, wenngleich diese Position auf dem jüngsten Europaparteitag abgeschwächt wurde. Die Partei steht auch weiteren Schritten zur EU-Integration skeptisch gegenüber und betrachtet die gemeinsame Währung Euro mit Vorsicht.

Ähnlich wie die Konfederacja in Polen, äußert sich die AfD kritisch gegenüber der deutschen Unterstützung für die Ukraine und tritt neuerdings vermehrt als „Friedenspartei“ auf. In einem Interview mit der Sendung Kontraste warnt AfD-Chef Chrupalla vor einer Eskalation der Beziehungen zu Russland und äußert Bedenken hinsichtlich einer möglichen Bundeswehrbeteiligung am Konflikt. Ebenso werden kritische Stimmen über die Lieferung von Leopard-Panzern an die Ukraine laut und es werden historische Parallelen zur Zeit des Zweiten Weltkriegs gezogen.

Die AfD vertritt hierbei eine antiwestliche und pro-russische Haltung, die Parallelen zu den Ansichten der Konfederacja aufweist. Unterschiede zwischen der AfD und der Konfederacja finden sich bei wirtschaftspolitischen Positionen, aber insbesondere im Alter ihrer Wählerschaft. Zwar ist auch die Mehrheit der AfD-Wähler, nämlich zwei Drittel, männlich. Am erfolgreichsten ist die AfD jedoch bei Wahlen bei den 35- bis 59-Jährigen, wo sie 2017 auf 15 Prozentpunkte und 2021 auf 13 Prozentpunkte kommt. Weniger erfolgreich ist sie bei den 18- bis 24-Jährigen und den über 70-Jährigen, wo sie bisher nur neun bzw. sechs Prozent erreicht

Derzeit bestreiten sowohl die PiS als auch die Konfederacja, nach den Wahlen im Oktober eine Koalition eingehen zu wollen. Es bleibt jedoch fraglich, ob beide Akteure an dieser Position festhalten, wenn sie eine gemeinsame Mehrheit erreichen. Die Möglichkeit, dass die Konfederacja nach den Wahlen die PiS in der Regierung hält, kann nicht ausgeschlossen werden. Politische Beobachter weisen derzeit vermehrt darauf hin, dass eine Koalitionsbildung beider Kräfte trotz erkennbarer Unterschiede sogar sehr wahrscheinlich ist. Auch die Option einer Minderheitsregierung der PiS mit Tolerierung durch die Konfederacja wäre theoretisch denkbar. Für den Ausgang der Parlamentswahlen in Polen wird es wichtig sein, sich nicht nur auf das Duopol PiS-PO zu fokussieren. Die Parteienlandschaft unseres östlichen Nachbarn ist in Bewegung.      

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.

Enka Hein | Di., 29. August 2023 - 16:06

...man kann es bald nicht mehr lesen.
Alles was nicht ins linke bis linksextremistische Weltbild passt ist direkt "rechter Populismus".
Ich habe diesen Tendenz- und Erziehungstext nicht zu Ende gelesen. Ist ja wie ÖRR.
Danke. Mir ist schon schlecht.

Enka Hein | Di., 29. August 2023 - 16:07

...man kann es bald nicht mehr lesen.
Alles was nicht ins linke bis linksextremistische Weltbild passt ist direkt "rechter Populismus".
Ich habe diesen Tendenz- und Erziehungstext nicht zu Ende gelesen. Ist ja wie ÖRR.
Danke. Mir ist schon schlecht.

ich wollte den Artikel sachlich kommentieren, dachte mir aber dann was solls, laß sie doch schreiben, diskutieren bringt eh nichts. Eigentlich hätte die Überschrift reichen sollen um nicht weiterzulesen, habe es doch getan, es hat sich nicht gelohnt.

Ernst-Günther Konrad | Di., 29. August 2023 - 17:40

Erst ist die poln. Partei rechts bis rechtsextrem, dann wieder vertritt sie libertäre Ziele. Besonders eines ist doch sehr auffällig, wenn Sie schreiben: " In ihrer außenpolitischen Ausrichtung legt die Konfederacja besonderen Wert darauf, ihre Unabhängigkeit von anderen Ländern und der EU zu bewahren. Diese libertäre Grundhaltung spiegelt sich auch in ihrem Blick auf die Europäische Union (EU) wider. "
In Polen werden die nicht als Nazis abgestempelt, bei uns wird die AFD für diese Haltung als Nazi-Partei diffamiert. In Polen gilt das als libertär. Jedenfalls ist die ewige Falschmeldung, die AFD wolle unbedingt aus der EU einfach falsch. Die AFD will eine Reformierung und Rückbesinnung auf die ursprünglichen Werte einer EWG. Erst wenn die EU sich weiterhin nicht reformieren will/läßt, dann wäre ein Dexit möglich und eine neue "EWG" als Folgeorganisation unter Berücksichtigung nationaler Souveränität angedacht. Schön, dass es in Polen zur PIS eine gemäßigte rechte Partei gibt.

Wie hätte man eine CDU in der Mitte Kohlscher Kanzlerschaft heute bezeichnet? Konservativ? Oder im heutigen links grünen Livestyle Sprech
(gemäßigt?) rechte Partei ? Bei uns in Deutschland „Nazis“ genannt.
Und Demokratie ist doch wie eine Waage die im Gleichgewicht linker & konservativer Parteien ist und je nach Stimmungslage = Wahl schlägt die eine Schale e t w a s mehr in die eine oder andere Richtung aus, aber nie so weit, dass die eine Waagschale ganz unten und die andere Wagschale ganz oben am Maximalpunkt ist, so wie es sich derzeit in Deutschland darstellt. In der einen Schale alle etablierten Parteien von CDUcsu bis zu Linkspartei die die Jurnallie schon als in der „Demokratie angekommen“ = koalitionsfähig bezeichnet und in der anderen Waagschale die AfD mit der „niemand will sie Partei“
Und was aus dieser Polarisierung letztendlich herauskommt, ist die Spaltung eines Landes in denen die Denunzianten und Dummen die Deutungshoheit erhalten.
Mit freundl. Gruß aus der Erfurter Re

Urban Will | Mi., 30. August 2023 - 09:47

wird, ist hanebüchen. Dieses Land, bzw. dieser Kontinent ist in Teilen schon so verkommen (auf Seiten der Journalisten), dass jegliche Politik, die nicht gegen, sondern für das Volk gerichtet ist, als „rechtspopulistisch“ oder (v.a. in D) „rechtsradikal“ bezeichnet wird.
Bzgl. der EU wurden so ziemlich alle Verträge, die geschlossen wurden, um sie stabil zu halten, gebrochen.
D hat mit seinen dauerhaft geöffneten Grenzen den Run auf diesen Kontinent eröffnet, die Folgen - für D sowieso, aber auch für den Rest - sind unabsehbar.
Nicht nur in Polen ist die Parteienlandschaft „in Bewegung“, sie ist es überall, vor allem in D. Sollte Wagenknecht loslegen, verlieren die einstigen „Volksparteien“ noch mehr Wähler. Da müssen sich die links – grünen Schreiberlinge noch mehr anstrengen mit ihrem dümmlichen Geschreibsel.
Aber irgendwann wird auch das nicht mehr fruchten.
Man kann auf Dauer nicht gg das Volk an regieren. Ganz so dumm ist es dann doch nicht.

Chris Groll | Mi., 30. August 2023 - 09:51

@Enka Hein /@ Ernst-Günther Konrad
Stimme Ihren Kommentaren zu.
"""Alles was nicht ins linke bis linksextremistische Weltbild passt ist direkt "rechter Populismus".""""
Gibt es keine Konservativen mehr?? Sind alle Konservativen Rechtspopulisten/Rechtsextreme?