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Deutsche Welle - Der Dinosaurier unter den Sendern

Die Deutsche Welle und die ARD wollen angesichts des Flüchtlingszuzugs enger zusammenarbeiten. Beobachter halten das für verfassungswidrig. Sie kritisieren schon lange eine zu große Staatsnähe des Senders

Autoreninfo

Petra Sorge ist freie Journalistin in Berlin. Von 2011 bis 2016 war sie Redakteurin bei Cicero. Sie studierte Politikwissenschaft und Journalistik in Leipzig und Toulouse.

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Es sind Hunderttausende, die zurzeit in kargen Flüchtlingsunterkünften ausharren. Die sich langweilen. Die nach Informationen gieren. Was liegt da näher, als diesen Menschen schnell Zugang zu gutem Rundfunkprogramm zu gewähren? Ihnen Nachrichten aus deutscher Perspektive nahezubringen, Qualitätsjournalismus gar, der nebenher auch noch demokratische Werte vermittelt?

Eine Zusammenarbeit von ARD und Deutscher Welle bei Flüchtlingsthemen erscheint da nur sinnvoll. Die haben die ARD-Intendanten in dieser Woche in Leipzig beschlossen. So soll es Zulieferungen der ARD an das arabischsprachige Programm des Auslandssenders, DW Arabia, geben.

Es passt ins Konzept von DW-Intendant Peter Limbourg, internationaler zu werden. Im Juni 2015 startete er – nicht ohne Widerstand von den Deutsch-Liebhabern – einen 24-Stunden-Nachrichtenkanal auf Englisch. Dann, ab Mitte Dezember, sendete die Deutsche Welle ihr arabisches TV-Programm in Europa und Deutschland. Möglich wurde das, weil der Satellitenbetreiber SES über Astra 1M kostenfrei Übertragungskapazitäten bereitgestellt hat.

Inländische Aktivitäten möglicherweise verfassungswidrig
 

Das klingt, so weit, ganz wunderbar. Doch Experten sagen nun: Die Aktivitäten der Deutschen Welle gerade im Inland sind möglicherweise verfassungswidrig.

Sie gehen damit noch weiter als die Grünen-Abgeordnete Tabea Rößner. Die Medienpolitikerin hatte die Debatte überhaupt erst angestoßen. Schon aufgrund ihrer Parteizugehörigkeit steht sie sicher nicht im Verdacht, Flüchtlingen etwas wegnehmen zu wollen. Zwar will sie heute nicht mehr zu den Kritikern der Deutschen Welle gehören. Aber das Bundestagsgutachten, das sie in Auftrag gegeben hatte, lässt viele Fragen offen.

Verstößt die Deutsche Welle gegen die Verfassung, wenn sie nun Rundfunk innerhalb der Staatsgrenzen anbietet?

Prgramm für Flüchtlinge in Deutschland
 

Die Juristen des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages wälzten die Rundfunkgesetze. Ihr Fazit: „Für einen vorübergehenden Zeitraum… ließe sich [ein Programm der Deutschen Welle für die arabischen Flüchtlinge in Deutschland] vertreten“. Denn „mit den Flüchtlingen sei das Ausland nach Deutschland gekommen“. Das Publikum sei also nicht „inländisch“.

Rößner lobte denn auch die Kooperation zwischen ARD und Deutscher Welle. Nicht so der saarländische CDU-Medienpolitiker Uwe Conradt. Er sieht mit dem Flüchtlingsangebot „rote Linien des Medienverfassungsrechts“ überschritten: „Bereits der heutige Zustand [der Deutschen Welle] und erst recht die geplante Umgestaltung des Programms ist verfassungsrechtlich höchst bedenklich“, schrieb er in einem epd-Gastbeitrag.

Keine zusätzlichen Mittel aufgewandt
 

Die Deutsche Welle erwiderte, dass es sich bei der DW Arabia um eine „begrenzte Verlängerung des Programmauftrags“ handle. Das Grundgesetz lasse sehr wohl Ausnahmen zu, wenn das „dem Gemeinwohl“ diene. Für das neue Flüchtlingsprogramm würden aber gar keine zusätzlichen finanziellen Mittel aufgewandt. Auch sei gar nicht beabsichtigt, „die Meinungsbildung deutscher Staatsbürger“ zu beeinflussen, schon weil nur wenige Deutsche überhaupt Arabisch verstehen. Für DW-Sprecher Berthold Stevens ist das Thema damit „erledigt“.

Der Ilmenauer Hochschuljurist Frank Fechner, von dem ein wichtiges Standardwerk zum Medienrecht stammt, widerspricht: „Die Verfassungsmäßigkeit der Deutschen Welle sollte rasch geklärt werden.“ Er möchte nicht abwarten, bis weitere Programme etabliert worden seien und dann später doch jemand Verfassungsbeschwerde erhebt.

Aber worüber beschweren sich Conradt und Fechner? Dem Hochschulprofessor geht es, erstens, ums akademische Prinzip: „Es soll und darf kein ‚Staatsfernsehen‘ geben, damit es keine Beeinflussung des Programminhalts durch staatliche Stellen gibt.“

Die Deutsche Welle hängt finanziell am Tropf des Staates. Die Mittel kommen aus dem Bundeshaushalt, Rechtsaufsicht hat die Bundesregierung.

Rundfunkanstalten, so halten auch die Gutachter fest, dürfen in Deutschland eigentlich keinem staatlichen Einfluss unterliegen. Als sich Konrad Adenauer einen Staatssender basteln wollte, ging 1961 das Bundesverfassungsgericht dazwischen: Für den Rundfunk seien allein die Länder zuständig, nicht der Bund.

Eine Ausnahme erlaubten die Karlsruher Richter – Rundfunksendungen, „die ausschließlich oder doch ganz überwiegend für das Ausland“ bestimmt sind. Sie ließen jedoch offen, ob allein der Bund für diese Auslandssendungen die Zuständigkeit reklamieren kann.

Ein Dinosaurier und Fremdkörper


Die Deutsche Welle ist der Dinosaurier der Rundfunklandschaft. Medienrechtler Fechner nennt sie einen „Fremdkörper“: „Sie entspricht meines Erachtens den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht.“

Die Welle hat einen staatlichen Bildungs- und Informationsauftrag. Sie soll die deutsche Sprache in aller Welt fördern. Sie wirbt für die Bundesrepublik.

In Ausnahmefällen finanziert das Auswärtige Amt sogar Programmprojekte. Das galt beispielsweise für das junge Multimediaprojekt „Life Links“. Der Sponsor war gekennzeichnet, die inhaltliche Planung erfolgte laut DW-Sprecher Stevens journalistisch unabhängig. Auch für die Deutsche Welle würden die Prinzipien der Staatsferne und der Rundfunkfreiheit gelten. Stevens verweist dazu auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts von 2013.

Investigative Recherchen: Fehlanzeige
 

Ein Jahr später ist der Sender dennoch in die Kritik geraten. So verurteilten die „Reporter ohne Grenzen“ eine Kooperation mit dem staatlichen chinesischen Sender CCTV „aufs Schärfste“. Zuvor war eine chinesische DW-Mitarbeiterin entlassen worden. Sie hatte den Kommentar eines Senderkollegen zum Tiananmen-Massaker vom Juni 1989 massiv kritisiert.

Im Nachrichtenangebot macht der Sender für sein überschaubar kleines Budget (Etat 2014: 311,4 Millionen Euro) zweifellos gutes Programm. Aber eben keine investigative Recherche. „Es gibt eine Beißhemmung gegen Politiker. Denn in die Hand, die einen füttert, beißt man nicht“, sagt ein DW-Insider.

Bislang hat das niemanden gestört. Der Zuschauer saß ja im Ausland.

Medienrechtler Fechner hatte damit aber schon immer ein Problem. Von dem DW-Programm – und das ist sein zweiter Kritikpunkt – können „auch deutsche Hörer beeinflusst werden, die sich im Ausland befinden, aber in Deutschland an Wahlen teilnehmen“. Etwa Urlauber, Studenten oder Deutsche im Auslandseinsatz.

Nun trifft es mit den Flüchtlingen auch Personen, die sich innerhalb der Staatsgrenzen aufhalten. Und zwar explizit: Sie sollen mit der Welle Deutsch lernen. Es gibt ein großartiges Angebot an Onlinekursen, fürs Smartphone, einen ganzen Downloadbereich für Lehrer.

Integrationshilfe vom Staatsfunk
 

Aber: Wenn arabischsprachige Flüchtlinge von der Deutschen Welle integriert werden, sogar in Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit, und diese Menschen später am politischen Prozess teilhaben, wählen gehen – was heißt das dann für die Meinungsbildung?

DW-Sprecher Stevens sagt, es sei „seitens der DW gar nicht beabsichtigt, das Programm umzukonfektionieren“. Zudem arbeite die Deutsche Welle schon seit 2013 eng mit den ARD-Anstalten zusammen. „Wir bringen unsere Sprachkompetenz ein. Wenn die ARD Informationen im Netz oder an anderer Stelle in verschiedenen Sprachen zur Verfügung stellt, sind das DW-Mitarbeiter, die das machen“, erklärt Stevens. Auch an dem umfangreichen ARD-Angebot für Flüchtlinge unter ard.refugees.de sei die Welle beteiligt.

Der CDU-Politiker Uwe Conradt sieht in den Onlineaktivitäten, den sogenannten Telemedienangeboten, das dritte Problem. Die DW-App gibt es im Google-App-Store für Android, bei Microsofts WindowsPhone ist sie sogar voreingestellt. Die Deutsche Welle beliefert auch Newsaggregatoren wie Flipboard und Newsrepublic gezielt mit deutschsprachigen Nachrichten.

Landesrundfunkanstalten als „Zulieferer“ der DW?
 

Während die digitalen Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks streng reguliert sind – um die Tagesschau-App etwa tobte ein jahrelanger Rechtsstreit – gilt das für den Auslandssender nicht. Es gibt kein Telemedienkonzept, keine Befristungen, keine unabhängige Überprüfung des Finanzbedarfs, moniert Conradt. Die Telemedienfrage sei „völlig offen“ und „höchst problematisch“ gerade für Presseverlage. Auch deren wirtschaftliche Interessen seien berührt.

Wenn nun auch die Landesrundfunkanstalten Inhalte an die Deutsche Welle abgeben, würden sie „zu Zulieferern degradiert“, sagt der CDU-Politiker. Das „stellt die verfassungsrechtlich gebotene Rundfunkordnung auf den Kopf“.

Der Medienrechtler Frank Fechner sieht nur zwei Lösungen. Die Deutsche Welle müsste entweder „in eine Rundfunkanstalt der Bundesländer überführt werden, wie dies mit dem Deutschlandfunk doch unproblematisch funktioniert hat“. Das hieße: Leinen los. Das käme auch den hochqualifizierten Mitarbeitern entgegen, die deutlich aufgewertet würden.

Oder es müsste eine Variante gewählt werden, die sich nicht als „Rundfunk“ mit publizistischen Inhalten darstelle, sondern „als eine Informationsvermittlung der Bundesregierung“. Dann, sagt Fechner, wäre jedem Rezipienten klar, „dass es sich um eine staatliche Informationspolitik handelt“. Oder, kurz gesagt: um einem PR-Apparat.

Beide Varianten wären nichts weniger als kleine Medienrevolution.

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Friedrich Welke | So., 1. Januar 2017 - 14:08

Ein Wort über Ihre Programmgestaltung u.a. mit Roger Cicero, der ein Jazzsinger war. Verstehe nicht, warum sie ihm eine so lange 'Erinnerungssendung' gewidmet haben. Der konnte überhaupt nicht singen, wenigstens keinen Jazz. Hatte ein flaches Stimmchen, sah aus wie ein Clown und sollte mit Sinatra nicht in einem Atemzug genannt werden. Stattdessen empfehle ich mal eine Sendung über Jamie Cullum zu machen. Der kann wirklich was.
Friedrich Welke, Florianopolis, Brasilien