- Cicero Podcast Wissenschaft: „Der Mythos gibt Bedeutsamkeit“
Kriegs- und Krisenzeiten waren schon immer der ideale Nährboden für politische Mythen. Der Cicero Podcast Wissenschaft geht daher der Frage nach, wie politische Mythen in die Welt kommen und welche Sehnsüchte sie stillen sollen. Im Gespräch mit dem Historiker und Theologen Benjamin Hasselhorn bringen Michael Sommer und Axel Meyer diesmal Licht ins Dunkel des kollektiven Unbewussten und erklären, wie man der Macht der großen Erzählungen entkommen kann.
Aller Aufklärung zum Trotz: Im Unterholz der menschlichen Seele wirken nicht abstrakte Theorien, sondern Bilder und Geschichten. Selbst in der Zeit der Moderne scheint nichts wirkmächtiger zu sein als ein Mythos: Ein solcher nämlich, sagt der Würzburger Theologe und Historiker Benjamin Hasselhorn, löse einen Menschen oder ein Ereignis aus seinem historischen Kontext und überführt es in die Gegenwart, wo es Sinn und Orientierung stiften soll.
Hasselhorn kennt sich aus mit der Kraft der Mythen. So arbeitete er zwischen 2014 und 2019 an der Stiftung Luthergedenkstätte in Sachsen-Anhalt, wo er sich intensiv mit dem Mythos des berühmten Thesenanschlags an die Wittenberger Schlosskirche auseinandersetzte. Das Ergebnis dieser Arbeit war u.a. das Buch „Tatsache! Die Wahrheit über Luthers Thesenanschlag“. Ein anderer politischer Mythos, dem seit langem schon die Aufmerksamkeit des 1986 in Göttingen geborenen Wissenschaftlers gilt, ist das Leben und Weiterleben des deutschen Kaisers Wilhelm II. So lösten Hasselhorns fachliche Einlassungen im sogenannten „Hohenzollern-Streit“ eine Kontroverse aus.
Der mittlerweile an der Universität Würzburg lehrende Benjamin Hasselhorn ist somit genau der richtige Gesprächspartner für den aktuellen Cicero Podcast Wissenschaft, der nach dem Ursprung und der Bedeutung politischer Mythen in der Gegenwart fragt. Zusammen mit dem Evolutionsbiologen Axel Meyer und dem Althistoriker Michael Sommer analysiert er nicht nur die soziale Funktion der großen politischen Erzählung, er fragt auch danach, ob es neben dem Missbrauch von Mythen in den Totalitarismen des 20. Jahrhunderts nicht auch den „Mythos für das Gute“ geben könne.
Das Gespräch wurde am 2. August 2022 aufgezeichnet.
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der großen Erzählungen entkommen kann."
Interessantes Thema, denn der Mythos ist ja eine Art Erklärungsmuster (z.B. der Existenz von Gut und Böse. Gut und Böse sind nun wieder Kategorien, die eine geschlossene Gesellschaft (z. B. Nation) unter sich vereinbart. Wobei der Einzelne auch seine Vorstellung von Gut und Böse hat (erleben wir ja in Kommentaren).
Im Werk: „Jenseits von Gut und Böse" (Nietzsche).Wird ausgeführt:“ Er suchte eine Moral jenseits bestehender Normen und Werte, die nicht an die historische, von der Religion beeinflusste Tradition gebunden ist. Sein Gegenentwurf ist eine neuartige Philosophie der „Immoralität“, die an die jeweiligen Perspektiven des Menschen gebunden ist.“
Und fordert eine Umwertung aller Werte, die sich am Willen zur Macht und einem vornehmen Leben orientiert.
Wenn ich eine gefestigte Werteskala in meinem Inneren trage, die sich mit dem Gut/Böse der entst. „Werteblasen" beißt, behalte ich die meinigen(Erfahrungswerte Leben) bei und verteidige sie
Also, der Mythos sei eine Geschichte. Gut, nehmen wir an, einer erzählt so eine Geschichte, eine mythische Geschichte. Am Schluss ergänzt er: "... aber die Geschichte ist nicht wahr." Ich denke, damit verpufft der Mythos. In Märchen z.B. klärt schon der Anfang "es war einmal" die Sachlage. Also steckt in jedem aktiven Mythos ein Wahrheitsanspruch - in inzwischen erledigten natürlich nicht mehr.
Mythen sind keine Märchen.
Damit stellt sich (mir) die Frage, ob der christliche Mythos auf den Wahrheitsanspruch verzichten kann. Wenn nein, dann bleibt die Frage, wie sich eigentlich Mythos und Wahrheit unterscheiden. Wenn ja, dann die Frage, was an diesem Mythos eigentlich so faszinierend ist.