- Ted Cruz vor Donald Trump
Der Republikaner Ted Cruz hat für seine Partei die ersten Vorwahlen in den USA zum Auftakt der Präsidentschaftswahlen gewonnen. Damit ließ er Favorit Donald Trump überraschenderweise hinter sich. Bei den Demokraten lagen Hillary Clinton und Bernie Sanders gleichauf.
Überraschung in Iowa: Hillary Clinton und Bernie Sanders liegen beim Iowa Caucus, den ersten Vorwahlen in den USA zum Auftakt zu den Präsidentschaftswahlen, gleichauf. Und Ted Cruz, der ganz-Rechtsaußen der Republikaner, gewann die Nominierung für seine Partei mit 27,7 Prozent. Donald Trump, der in den Umfragen gut gelegen war und mit dem Sieg gerechnet hatte, war mit 24,4 Prozent abgeschlagen. Marco Rubio, Senator aus Florida und Sohn kubanischer Immigranten, war ihm knapp auf den Fersen; er landete mit 23 Prozent auf einem guten dritten Platz.
Rechnet man die Anteile aller Republikaner zusammen, die – wie Trump, Ben Carson und Rand Paul – der rechtspopulistischen Tea Party nahestehen (oder die, wie Cruz, vom Establishment gehasst werden), kommt man auf zwei Drittel der abgegebenem Stimmen. Es ist eine Ohrfeige für Washington.
Es scheint, als kandidiere Cruz für die Spanische Inquisition
Vor dem Caucus hatte es Kampagnen aus der Partei gegen Trump gegeben. In der Zeitschrift National Review hatten Konservative wie William Buckley und Bill Kristol vor dem Außenseiter gewarnt. Zudem hatte sich Trump einen Kleinkrieg mit dem konservativen Nachrichtensender Fox News geliefert und sich geweigert, dort bei der Präsidentschaftsdebatte Ende Januar aufzutreten, stattdessen hatte er eine bizzare Sonderschau per Internet abgeliefert. Er prahlte sogar, er könne mitten in New York jemanden erschießen, das würde ihn keine Stimmen kosten. Ob das dazu beitrug, dass der Baulöwe nicht auf dem ersten Platz landete, ist schwer zu sagen; der mehrfach geschiedene New Yorker, der Kirchen eher von außen kennt, war bis vor einigen Jahren auch noch Demokrat und relativ liberal. Er hat zudem heftige Probleme, evangelikale Christen von sich zu überzeugen.
Cruz hingegen tritt mit einem religiösen Eifer auf, der den Eindruck erweckt, er kandidiere für die Spanische Inquisition. Cruz habe nun den „nonaggression pact“ mit Trump aufgegeben, schrieb die New York Times (eine Anspielung auf den Hitler-Stalin-Pakt). Cruz dankte – wie auch Rubio – in seiner Rede erst einmal Gott, betonte dann aber rasch, dass mit ihm die „Graswurzelbewegung“ gesiegt habe. Er habe gegen „Karrierepolitiker“ in Washington, Lobbyisten und gegen die Medien gewonnen, die nicht den Kandidaten bestimmen würden – eine erstaunliche Position von einem Berufspolitker, der Senator in Washington ist und der von der Wall Street-Bank Goldman Sachs gesponsort wird. Andererseits ist es natürlich einfacher, als Anti-Establishment-Kandidat zu reüssieren, wenn man trotzdem das Geld des Establishments im Rücken hat. Cruz tritt entschieden gegen eine Krankenversicherung, Abtreibung und Homoehe ein, sowie dafür, mehr oder weniger den gesamten Mittleren Osten zu bombardieren.
Cruz setzt sich gegen Einwanderung ein
Vor Cruz war Rubio vor seine Anhänger getreten, mit einem Gestus, als habe er den Caucus gewonnen. Hillary Clinton sei unfähig, Commander in Chief zu sein; Amerika müsse wieder großartig werden, sagte er. Es sei ein besonderes Land, dessen Armee stark sein müsse. Wie Cruz wendet sich auch Rubio an die Evangelikalen. Als sich die USA von Großbritannien losgesagt hätten, hätten sie sich auf Gott berufen, nicht auf die Regierung, sagte er (ein krasser Fall von Geschichtsklitterung). Trump wiederum hielt sich nicht lange in Iowa auf. Er gratulierte Cruz, freute sich ebenso öffentlich wie unglaubwürdig, dass er Zweiter geworden sei, und verließ die Bühne.
Obwohl Cruz, Trump und Rubio ähnlich wirken, unterscheiden sie sich wesentlich in einer Sache: Cruz – obschon selber der Sohn eines kubanischen Einwanderers, der überdies erst vor kurzem seinen kanadischen Zweitpass abgegeben hat – tritt wie Trump entschieden gegen Immigration ein und will Millionen von Illegalen, zumeist Mexikaner, deportieren; Rubio hingegen sprach auch gestern wieder ausführlich über die Immigrationsgeschichte seiner Eltern, und dass Amerika auf Immigration gebaut sei. Überdies wirkt er im Fernsehen sympathischer als beide Konkurrenten.
De facto Sieg für Sanders
Derweil ließ das Ergebnis die Demokraten ratlos zurück. Linksaußen Bernie Sanders und Favoritin Hillary Clinton lagen praktisch 50:50, auch wenn das Endergebnis noch um ein oder zwei Prozent schwanken könnte (der dritte Mitbewerber, Martin O‘Malley, hat in der Nacht aufgegeben). Das ist ein de facto Sieg für Sanders, der noch vor Monaten als völlig chancenloser Außenseiter gegolten hat; insbesondere, da Iowa ein konservativer Staat ist. Sanders vertritt Positionen, mit denen er zwar in Deutschland noch als Herz-Jesu-Christdemokrat durchgehen würde, etwa eine Krankenversicherung für alle und kostenlose Universitäten. In den USA hingegen gilt er damit vielen praktisch als Kommunist. Allerdings war es ihm gelungen, viele Evangelikale auf seine Seite zu ziehen. Das Partei-Establishment ist hingegen solide auf der Seite von Clinton, desgleichen die Wall Street und die Industrie. Auch die New York Times hatte sich für Clinton ausgesprochen.
Clinton, die mit Mann und Tochter vor ihre Anhänger trat, gab sich als Siegerin, halb erleichtert, halb kämpferisch. Sie versprach eine allgemeine Krankenversicherung. Das ist nicht zufällig Sanders wichtigster Programmpunkt. Sanders, heftig bejubelt, sprach nach ihr; auch er zog, wie Cruz, gegen das Establishment vom Leder, natürlich von links. Er breitete sein Programm noch einmal aus, von Klimawandel bis zum Strafvollzug. Er trete für die Demokratie an, für „eine Person, eine Wahlstimme“, nicht für Milliardäre oder Super PACs, die Wahlkampagnen finanzierten, oder für die obersten ein Prozent, die den gesamten Reichtum abräumten. Das illegale Benehmen der Wall Street habe das Land fast in die Knie gezwungen, das müsse bestraft werden.
Viele republikanische Kandidaten werden aufgeben
Der Iowa Caucus erregt viel Aufsehen. Aber Iowa, ein relativ kleiner Staat, hat nur wenige Delegierte. Zudem spiegelt das größtenteils weiße Iowa nicht die Bevölkerungsstruktur der USA wider. Zwar haben George W. Bush und Barack Obama Iowa gewonnen; Mitt Romney und John McCain aber nicht. Klar ist aber, dass nun eine Reihe Republikaner aufgeben werden, die sich bei ein bis zwei Prozent eingependelt haben. Mike Huckabee, der frühere Gouverneur von Arkansas, hat bereits angekündigt, dass er das Handtuch werfen werde, desgleichen Rick Santorum. Chris Christie, Carly Fiorina, John Kasich und Paul dürften allerspätestens im März nachfolgen (Fiorina hat sich bereits aus der öffentlichen Debatte verabschiedet). Selbst Carson, mit 9,3 Prozent auf dem vierten Platz, dürfte chancenlos sein.
Wie lange sich Jeb Bush – der trotz voller Kassen nur 2,8 Prozent der Stimmen bekam – , noch halten kann, ist unklar. Washingtoner Freunde hatten versucht, die Kampagne des Lieblings des Establishments zu beatmen. Aber spätestens, wenn er den „Super Tuesday“ am 1. März nicht überlebt, an dem knapp zwei Dutzend Staaten wählen, dürften seine Tage als potenzieller dritter Bush im Weißen Haus gezählt sein. Die nächste Vorwahl ist in New Hampshire am 9. Februar. In dem nicht ganz so christlichen Ostküstenstaat gilt Trump als Favorit.
Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.