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USA - Was Europa tun kann, um Donald Trump zu verhindern

Will man in Europa Donald Trump vermeiden, sollte man die Leute in Amerika stärken, die eine Zusammenarbeit mit Europa für existenziell wichtig halten: Leute wie Barack Obama und Hillary Clinton. Das bedeutet aber auch, dass sich in Europa etwas ändern muss

Autoreninfo

Andrew Denison ist Direktor von Transatlantic Networks, ein Zentrum für politische Beratung und Bildung in Königswinter.

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Trump ist für Europa gut, weil die exponierten Europäer durch ihn gezwungen werden, die Konturen und Gefahren ihrer strategischen Lage näher anzuschauen. Er fordert die Europäer auf sich vorzustellen, was wäre, wenn Amerika nicht mehr als Europas Armee, Markt und Bank bereitstehen würde. Wenn man betrachtet, was Europa jetzt tut, um die Sicherheit seiner Nachbarschaft und das Wachstum seines Wohlstands zu erhalten, sieht man, wie notwendig es ist, jetzt zu investieren, um Europa für die Zukunft fit zu machen. Die Fundamente des europäischen Friedens, der demokratischen Kultur, der freien Märkte und der freien Ideenentfaltung müssen gestärkt werden. Denn die kreativen und zerstörerischen Stürme der Globalisierung erreichen Europa immer schneller und immer heftiger.

Die europäische Peripherie und ihre Grenzen


In einem immer größeren Europa ist die europäische Peripherie auch immer größer. Europas Nachbarn in Afrika und Asien können Freunde und Märkte sein, Partner in der Erweiterung von Frieden und Freiheit und Wohlstand. Jetzt sind diese vielen Milliarden Menschen, diese Nachbarn Europas, unvorstellbar arm und unvorstellbar schlecht regiert. Sie wünschen sich sicherlich ein Stück des Reichtums und der europäischen Rechtsstaatlichkeit. Viele möchten einfach nach Europa, um in Frieden arbeiten zu können. Aber es gibt auch einige wenige, die Anschläge gegen europäischen Zivilisten planen.

Europas Zukunft wird zuerst und vor allem durch seine Grenzen definiert. Kann Europa das Gute hereinlassen und das Schlechte heraushalten, wird es sich als wachsende Insel der Glückseligen behaupten können. Grenzen bestätigen die Unterschiede, die zu überwinden sind – perpetuieren sie aber auch. Ohne Grenzen sind Staaten nicht zu erhalten, und ohne eine erstklassige europäische Grenzkontrolle ist die Europäische Union nicht zu erhalten.  

Die nächste Völkerwanderung steht bevor, und dieser Menschendruck auf die europäischen Grenzen wird zur größten Herausforderung Europas. Diese wird größer sein als steigende Meeresspiegel und begrenzte Energiequellen, größer sein als unsichere Datennetzwerke und die weitere Verbreitung von Massenvernichtungswaffen. 

Einigung in Europa zu finden, um gemeinsam die Peripherie zu gestalten, ist schwer. Früher haben die Europäer in ihren innereuropäischen Machtkämpfen die Peripherie-Mächte als Verbündete gesucht, um sie gegeneinander auszuspielen. Das Bündnis mit Amerika änderte diese Dynamik: Es machte einen gemeinsamen europäischen Umgang mit der Peripherie und ein Ende der innereuropäischen Kriege möglich. 

Donald Trump und Amerikas Problem mit Europa


Donald Trump stellt diese Bindung offen in Frage. Er spricht dabei eine Sorge an, die viele Amerikaner teilen: In dieser Erzählung sind die Europäer Trittbrettfahrer, wenn es um die Nachhaltigkeit ihrer Sicherheit und ihres Wohlstands geht. Sie verlassen sich darauf, dass Amerika ein vitales Interesse am europäischen Frieden und am europäischen Gleichgewicht hat – nicht zuletzt aufgrund zweier Weltkriege. Das stimmt. Nur, Staaten und Völker sind nicht immer dazu geneigt, ihr langfristiges Interesse anzusteuern. Das Gefühl, dass man ausgenutzt wird, ist oft stärker als kühles Kalkül. Donald Trump spricht diese Gefühle an. Nicht nur in seiner Kritik gegenüber Amerikas Ausgaben für die Verteidigung der Europäer und Japaner, sondern auch in seiner Kritik an der Öffnung der amerikanischen Märkte durch Freihandelsabkommen (wie TTIP). Das Gefühl, ausgenutzt zu werden, ist ein starkes in der Politik. Finge dieses Gefühl Feuer in Amerika, würde das für Europa sehr düstere Zeiten bedeuten.

Das Scheitern von TTIP wäre nur die Spitze des Eisbergs. Europas Zugang zu amerikanischen Märkten könnte allgemein in Frage gestellt werden. Nicht nur Donald Trump schimpft gegen Japaner, Chinesen, Koreaner und Europäer, die ihren Zugang zu Amerikas Märkten ungerecht ausnutzen. Bernie Sanders tut dies auch. Er hat die Vorwahlen in Michigan, der Autowerkstatt Amerikas, gegen Hillary Clinton gewonnen, weil er gegen den freien Handel wetterte. Amerika ist in diesem Jahr zum größten Markt Deutschlands geworden. Das Statistische Bundesamt berichtet, Deutschland habe 2015 54 Milliarden Euro mehr in die USA exportiert als aus den USA importiert. Wird Europa nicht zu einem wesentlich attraktiveren Markt für die USA, sollte man sich in Deutschland nicht wundern, wenn Deutschlands Zugang zu den US-Märkten von immer mehr Amerikanern in Frage gestellt wird.

Barack Obama hat in seinem letzten Verteidigungshaushalt die Ausgaben für die militärische Sicherung der Nato-Mitglieder vervierfacht, von 789 Millionen auf 3,4 Milliarden Dollar. Stornierte Donald Trump Amerikas Beitrag zur Nato, müsste Deutschland seinen eigenen Verteidigungshaushalt auch mindestens vervierfachen – von 34,3 Milliarden auf 136 Milliarden Euro. Pro Kopf würde dann jeder Deutsche 1660 Euro bezahlen. Das ist das, was die Amerikaner jetzt pro Kopf ausgeben (1770 US-Dollar). Und Amerika ist durch den Atlantik und den Pazifik geschützt, hat Kanada und Mexiko (und Kuba) als Nachbarn, nicht Russland und den Nahen Osten (und China und Indien).

Europa kann Donald Trump schwächen


Will man in Europa Donald Trump vermeiden, sollte man die Leute in Amerika stärken, die eine Zusammenarbeit mit Europa für existenziell wichtig halten – Leute wie Barack Obama und Hillary Clinton.

Obama kam 2009 an die Macht mit der Behauptung, es sei besser, wenn Amerika auf die Alliierten höre, auf Partnerschaft setze, um dann in einer Koalition stärker dazustehen. George W. Bush und seine Anhänger meinten, man müsse nicht auf die Europäer hören, denn die könnten sowieso nicht helfen. Vielleicht hatten Bush und Co. recht, denn die Obama-Regierung äußert immer wieder ihren Frust, Europa (die „free riders“) tue nicht genug für die Nachhaltigkeit der europäischen Peripherie. Traditionelle Republikaner wollten aber weder Amerikas Schutz der Europäer noch Europas Zugang zu amerikanischen Märkten beenden. Trump ist da anders. Bernie Sanders vielleicht auch.

Hillary Clinton kritisiert Europa ebenfalls. Sie meint, Europa investiere nicht genug in die Ukraine und im Nahen Osten. Es wäre schön, wenn Europa Frau Clinton mit Taten widersprechen könnte. Zeigen die europäischen Staaten die Fähigkeit, in den nächsten sechs Monaten bis zum 8. November der Herausforderung durch Putin, Erdogan und Assad gewachsen zu sein, bestätigen sie diejenigen in Amerika, die Europa als wertvollen Partner Amerikas schätzen. Scheitert Europa indes, stärkt es Trumps Behauptung, dass Isolationismus der beste Weg sei, Amerika wieder stark zu machen.

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