Nicht mit Macron: Volksfront-Kandidatin Lucie Castets will das Rentenalter senken, alle Reformen rückgängig machen und einen Palästinenserstaat anerkennen / dpa

Regierungskrise in Frankreich - Die Zeit spielt gegen Macron

Emmanuel Macron führt seit Tagen Konsultationen zur Regierungsbildung. Für den französischen Präsidenten geht es um nichts Geringeres als um sein politisches Überleben.

Stefan Brändle

Autoreninfo

Stefan Brändle ist Frankreich-Korrespondent mit Sitz in Paris. Er berichtet regelmäßig für Cicero.

So erreichen Sie Stefan Brändle:

Acht geschlagene Wochen: So lange ist Frankreich ohne Regierung. Das ist ein Novum in der 66 Jahre alten Geschichte der Fünften Republik. Denn die Situation ist ebenfalls neu: Die drei wichtigsten Machtblöcke – die Rechte von Marine Le Pen, die Mitte von Emmanuel Macron und die „Neue Volksfront“ der Linken – haben in den vorgezogenen Parlamentswahlen am 7. Juli die Mehrheit klar verpasst. Aus dieser Pattsituation würden nur Neuwahlen helfen – doch laut Verfassung können sie frühestens in einem Jahr wiederholt werden. Also führen die bisherigen Minister die Geschäfte. Frankreich ist weitgehend gelähmt.

Um einen Ausweg zu finden, empfängt Macron seit vergangenem Freitag nacheinander Vertreter der einzelnen Blöcke. Die „Neue Volksfront“ aus Sozialisten, Grünen, Kommunisten und radikalen „Unbeugsamen“ lud er als erste vor. Und sie erhob umgehend und mit Nachdruck Anspruch auf die Regierungsbildung. Ihr Argument lautet, sie habe in den von Macron ungeschickterweise vorgezogenen Parlamentswahlen knapp, aber immerhin etwas mehr Sitze als die Macronisten und die Lepenisten errungen. Ihre Premier-Kandidatin Lucie Castets, eine bisher völlig unbekannte Spitzenfunktionärin, erklärte nach dem anderthalbstündigen Gespräch mit dem Staatschef, sie sei „bereit“, zusammen mit anderen Parteien eine Regierungskoalition einzugehen.

Cicero Plus weiterlesen

  • Monatsabo
    0,00 €
    Das Abo kann jederzeit mit einer Frist von 7 Tagen zum Ende des Bezugzeitraums gekündigt werden. Der erste Monat ist gratis, danach 9,80€/Monat. Service und FAQs
    Alle Artikel und das E-Paper lesen
    • 4 Wochen gratis
    • danach 9,80 €
    • E-Paper, App
    • alle Plus-Inhalte
    • mtl. kündbar
  • Ohne Abo lesen
    Mit tiun erhalten Sie uneingeschränkten Zugriff auf alle Cicero Plus Inhalte. Dabei zahlen Sie nur so lange Sie lesen – ganz ohne Abo.

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.

Robert Hans Stein | Do., 29. August 2024 - 14:03

Aber nur einmal angenommen, Macron würde gezwungenermaßen das Premierministerium mit einer Figur vom Schlage Castets' oder auch Mélenchons besetzen - wie wirkt sich das dann auf die EU aus? Es wäre ihr Ende, es sei denn die anderen EU-Länder würden die sozialromantischen Träume der französischen Linken zähneknirschend finanzieren. Da sich die Bevölkerungen dagegen vehement wehren dürften, führte auch das zum Ende der EU.

Zunächst: Melenchon & Co. sind zwar EU-kritisch, aber der Ausstieg aus der EU steht nicht im Programm des sogenannten Linksbündnisses, dem übrigens auch die Europa-freundlichen Sozialisten und Grünen angehören.

Zweitens hat die EU z.B. in der Sozialpolitik Null Mitwirkungs-, geschweige denn Mitbestimmungsrechte. Sozialpolitische Maßnahmen werden also aus dem französischen Haushalt finanziert, nicht in Brüssel.

Drittens hat in der Präsidialdemokratie Frankreich immer der Präsident das letzte Wort, der Regierungschef kann ihn zwar ärgern, aber das war es auch schon.

Da haben Sie sich wohl zu früh gefreut: Aus der Zerstörung des politischen Europas wird vorerst nichts!

Wilfried Düring | Do., 29. August 2024 - 14:41

'Volksfront'-Kandidatin Castets:
(pauschal) 'das Rentenalter senken, alle Reformen rückgängig machen und einen Palästinenserstaat anerkennen'.
Auf deutsch:
Eine politische Interessenvertreterin für selbsternannte Aktivisten, Schmarotzer, Arbeitsscheue und Pali-Terroristen. Eine einzige Kriegserklärung an die arbeitende Bevölkerung!
Castets ist lt. Bolschwiki-Pedia Einflußagentin der Organisation 'nationale Beobachtungsstelle für die extreme Rechte' (Observatoire national de l’extrême droite, ONED). Gemeinsam mit einer prominenten Gesinnungsschwester, der grünen Extremistin Tondelier, treibt sie dort ihr Unwesen. Als Sprachrohr dieses französischen Gesinnungs-TÜVs ist Castets Führungsmitglied im Melanchon-Club und dessen Abgeordnete. Wer denkt da nicht an Stasi-Kahane.
Genauso habe ich mir das vorgestellt!
Wegen solcher Gestalten bin heute 'Rächtzs'!
Und ich bleibe das auch - und das ist gut so!
Falls Marine eines Tages Präsidentin wird -
es wäre für Frankreich wie eine Erlösung.

wäre jemand wie Macron selbst oder "als" Frau.
So eine Person wird Marine le Pen niemals sein.
Sie kann blockieren, ja, aber nicht stellen.
Wer sagt denn, dass das wenig wäre.
Welche Leute wären zu positionieren?
Solche, die auf den Lobbys, NGOs etc. surfen können, ohne sich die Füße nass zu machen, geschweige denn mehr.
Wenn Le Pen sie* duldet, dann bleibt Macron länger im Amt.
Wenn sie* nicht geduldet würde, wäre sie* die Person für einen Neuen Anfang.
Wenn sich Macron schon als "Jupiter" geoutet hätte, dann ist er in der falschen Zeit, obwohl ja Götter sterben...
Es hat aber auch keinen Sinn, wenn er mit zunehmendem Alter etwa leiser treten würde.
Wenn er nicht mit Macht umgehen kann, wie auf einer Klaviatur zu spielen - ich bin nunmal kein Schachfan - dann würde ich das bedauern.
Das Leben geht trotzdem weiter.
Wenn ich in meinem Alter noch einmal europäische Konzerte hören könnte...

Klaus Funke | Do., 29. August 2024 - 15:12

Was weiß man von Macron? Er ist mit seiner viel älteren Lehrerin verheiratet. Er ist ein Kunstprodukt des Club of Rothschildt. Reich und elitär. Er soll homophile Ambitionen haben. Wo er politisch eigentlich hingehört? Dorthin. wo Geld und Einfluss zusammenkommen. Mit den einfachen Franzosen hat er nichts am Hut. Mal will er die EU anführen, mal will er wie de Gaulle souverän und antiamerikanisch sein, mal kann er mit Putin, mal nicht. Es wird Zeit für Frankreich, einen Präsidenten oder eine Präsidentin zu haben, die (oder der) sich zurückbesinnt, auf echt gallische Eigenschaften. Heimlich wird er vom Thron Ludwig des XV. geträumt haben oder von der Ausstrahlung eines Charles de Gaulles. Er hat beides nicht erreicht. Er hat sich verzockt. Er war für Frankreich einfach eine Nummer zu klein. Auf alle Fälle wird seine Frau vor ihm sterben. Ein bedauernswerte Frau. Aber sie hat ihre Rolle gut gespielt. Mal sehen, ob es Marine Le Pen noch bis in den Elysee schafft? Wer wird sie sein?

Der große Frankreich-Kenner Klaus Funke, nach eigenen Angaben bestens bekannt mit Marine Le Pen (ohne ein Wort Französisch zu sprechen, versteht sich ...), bedient sich einer Lügengeschichte, die bereits vor Jahren als solche entlarvt wurde:
Er (Macron) soll homophile Ambitionen haben! Obwohl es wohl Quatsch ist, scheint es für einen Klaus Funke wichtig zu sein!

Da wir gerade beim "Thema" sind, hier kommt der "Höhepunkt": Frankreich braucht einen Präsidenten, der sich auf - Achtung - echt gallische Eigenschaften (sic) zurückbesinnt!

Gerne doch! Man sollte endlich den Zauberkessel abstauben, im Bois de Bologne ein wenig Holz sammeln, und anschließend an Macron und Stammeskollegen ein wenig Zaubertrank verteilen - von Putin sähe man nur noch eine Staubwolke!

Funke, Sie sind wirklich ein Geschichtenerzähler! Wie gut, dass Sie Realität und zuweilen auch Tatsachen rundweg ablehnen!

ist so blöd, dass man nichts entgegnen kann ohne in denselben Topf geworfen zu werden. Woher wissen Sie, das ich nicht Französisch sprechen, schreiben und verstehen kann. Ich verrate Ihnen was: Bis vor kurzem stand ich mit Frau Le Pen im direkten Austausch - auf Französisch. Ja, ich kenne Frankreich ein wenig. Als Schriftsteller sollte man das. Sie Einspur-Exstasi-Ar.... hingegen kennen nur eines: Persönliche Beleidigungen. Das ist Ihr Markenzeichen. Irgendwann aber geraten Sie an einen, der sich das nicht mehr gefallen lässt, der Sie aufspürt und Ihnen ´ne blutige Nase verpasst. Ich wünsche Ihnen das von Herzen. Sie brauchen wie die SPD irgendwann eindrückliche Beweise Ihrer Unfähigkeit. Pardon, "Lenz", aber Sie sind tatsächlich das Allerletzte... Früher hatten Sie bei Frau Wallau immer eine beleidigende Entgegnung parat. Jetzt bin ich dran. An Frau Lehmann oder Herrn Will trauen Sie sich jetzt wohl nicht mehr heran. Da geht Ihnen der Ar... was? Ein typischer Eckenpinkler.

Henri Lassalle | Do., 29. August 2024 - 15:58

könnten langsam ein Ende finden.
Mit der Auflösung des Parlaments hat Macron nur das akzentuiert, was seit langem Tatsache ist: Macron ist politisch isoliert, unbeliebt, Macht hat nur noch im Rahmen der Verfassung.
Die beste Lösung wären vorgezogene Präsidentschaftwahlen. Macron wird zur traurigen Figur, der, wenn ein Premier ernannt werden sollte, zum Punching Ball der Parteien, Interessengruppen und wütender Bürger, deren Zahl beträchtlich zugenommen hat. Der einst gänzende Status des "Président de la République" ist am verblassen - vielleicht ist das ganz gut so.

Markus Michaelis | Do., 29. August 2024 - 16:24

was aus ihm wird ist auch nicht so wichtig. Das Problem scheint mir offensichtlich in der Zerrissenheit der französischen Gesellschaft zu liegen. Melenchon sagt einerseits zurecht, dass der Wahlgewinner den Regierungsauftrag erhalten sollte. Andererseits: in einer zersplitterten Landschaft, wo alle Parteien nur noch relativ wenige Prozent haben, ist das auch nicht mehr soviel Wert.

Ich persönlich sehe das als Begleiterscheinung des großen Wandels, den die Gesellschaft nicht verdaut hat und sich auf noch nichts Neues einigen konnte - es ist auch nicht abzusehen, was das sein könnte. Die alten Kräfte halten noch, aber nicht mehr ewig, hat man den Eindruck. Weltoffenheit als Konzept dagegen - die EINE Gesellschaft nach den universellen Werten, halte ich für welt- und menschenfremd. Ich denke, man wird sich schon für das Eine und gegen das Andere entscheiden müssen. Anderen westlichen Ländern geht es ähnlich. Wir werden sehen.

Stefan Jarzombek | Do., 29. August 2024 - 16:30

"Acht geschlagene Wochen: So lange ist Frankreich ohne Regierung. Das ist ein Novum in der 66 Jahre alten Geschichte der Fünften Republik."
Auch hier fällt Macron der eigene Größenwahn vor die Füße.
Was hat er sich nur dabei gedacht.
Das sind die Folgen, übrigens auch in Deutschland, wenn der Rückhalt in der Bevölkerung nicht mehr vorhanden ist und trotzdem nicht abgetreten wird.
Unregierbarkeit, halbe Sachen und ein Zustand der einer demokratischen Gesellschaft unwürdig ist.
Er hat eigentlich fertig der gute Mann,er will es bloß nicht einsehen.
Kennt man ja.

Es wäre auch schwierig geworden, wenn es keine Neuwahlen gegeben hätte.
Ich verstehe nicht, warum ihm niemand zutraut, eine Regierung auf den Weg zu bringen.
Nach wie vor scheint Macrons Bewegung langfristig die einzig aussichtsreiche politische Macht in Frankreich.
Dann sollte der Regierungschef* auch aus deren Reihen kommen, eine zupackende Person, der ja Macron zur Seite stehen würde.
Sie wäre mir jetzt nicht aufgefallen, weil politisch eher in der 2. Reihe stehend.
Ihre international beachtete "Umarmung" Macrons - ich weiss nicht, ob er sonst auch eine solche Nähe duldet - haben sie mit diesem auf Augenhöhe gestellt und also lese ich ihre vita auf Wiki geschärften Blickes.
Sie hat Kinder, einen Mann, der etwas von Geld versteht und scheint in manchem erzkonservativ, vor allem aber zupackend und auf den ersten Blick weitab von Ideologie oder Predigt.
Sport ist keine schlechte Eignung für den anstrengenden Job eines Premier*.
Sie hat Jura studiert.
Was könnte Le Pen stören?