Französische Zeitungen titeln mit dem Wahlergebnis
Französische Zeitungstitel am Tag nach dem ersten Wahlgang / picture alliance

Internationale Presseschau - „Ein doppelter Riss geht durchs Land“

Die erste Runde der französischen Präsidentschaftswahlen kam einem Erdbeben gleich. Die etablierten Parteien sind im zweiten Wahlgang nicht vertreten. Frankreich ist ein gespaltenes Land und tritt in eine neue politische Ära ein, schreiben internationale Medien

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Le Monde (Frankreich):

„Selten traten die zwei Frankreichs so klar auf der Karte der Wählerstimmen hervor. Ein doppelter Riss ist zu sehen. Zwischen dem ländlichen Frankreich und dem städtischen auf der einen Seite. Zwischen dem Osten und dem Westen auf der anderen Seite. (…) Das bezeichnendste Ergebnis lieferte sicherlich Paris, das noch nie so weit vom Rest Frankreichs entfernt war.“

Le Figaro:

„Weder die Republikaner noch die Sozialisten sind im zweiten Wahlgang vertreten, in den der Anführer der Bewegung „En marche!“ als Favorit einzieht. (…) Die zehnte Präsidentschaftswahl der Fünften Republik kommt einem Erdbeben gleich. (…) Die zwei großen Regierungsparteien, die in den vergangenen vierzig Jahren die Politik quasi unter sich ausgemacht haben, wurden von den Franzosen zurückgewiesen. Besonders für die Republikaner ist die Abstrafung neu: Nie zuvor sind die Konservativen im ersten Wahlgang ausgeschieden.“

La Libération:

„Von allen Kandidaten, die gegen Marine Le Pen im zweiten Wahlgang hätten antreten können, ist Emmanuel Macron derjenige mit den besten Chancen zu gewinnen (laut Umfrage liegt er zwischen 42 und 58 Prozent). Dennoch ist der Kandidat von „En marche“ der, den sich Le Pen am meisten gewünscht hat. Um dieses Paradoxon zu verstehen, muss man auf das Projekt des Front National, der Wiederherstellung einer französischen Identität, zurückkommen. (…) Denn der politische Spalt verläuft zwischen denen, die sich der Verteidigung der nationalen Identität verschrieben haben (Nationalisten, Patrioten) und denen, die diese zu zerstören versuchen (Kosmopoliten, Europäer).“

La Stampa (Italien):

„Die Wahl fand in einem nie da gewesenen Klima statt – mit dem Ausnahmezustand nach dem Mord an einem Polizisten im Herzen von Paris, den Geheimdiensten in Alarmbereitschaft und den Wahllokalen, die als ‚verwundbare Objekte‘ eingestuft wurden.“

Die Presse, (Österreich):

„... die vergangenen Wochen und der erste Durchgang der Präsidentenwahl am Sonntag (spiegelten) ein Land, das zwischen Angst und Agonie schwankt, zwischen Depression und Aufruhr taumelt – und das vor allem den Glauben an sich, seine Politiker und deren gestalterische Kraft verloren hat.“

El Mundo, (Spanien):

„Sollte es keine großen Überraschungen geben, wird Emmanuel Macron, ein 39-Jähriger, der keine andere Erfahrung besitzt, als zwei Jahre lang Wirtschaftsminister unter Präsident François Hollande gewesen zu sein, der nächste Bewohner des Élysée-Palastes sein.“

New York Times (USA): 

„Frankreich tritt vielleicht in eine neue, gespaltene politische Ära ein, aber am Sonntag haben die Wähler gezeigt, dass sie der hoffnungsvollen Botschaft von Herrn Macron gegenüber aufgeschlossen bleiben, einschließlich seiner Offenheit gegenüber Einwanderern und der Multikulturalität, trotz einer kürzlich erfolgten Serie von Terrorangriffen und der dunklen Kampagne von Frau Le Pen.“

The Guardian (Großbritannien):

„Frankreichs zwei politische Außenseiter der progressive, wirtschaftsfreundliche und sozialliberale Macron und die Anti-Einwanderung, Anti-EU, rechtsextreme Le Pen – werden sich nun am 7. Mai gegenüberstehen in einer Präsidentschaftswahl, die die französische Politik neu zeichnen wird und die zukünftige Richtung Europas neu definieren könnte.“

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Juliana Keppelen | Mo., 24. April 2017 - 11:14

Und was Frankreich jetzt am allerwenigsten braucht sind Ratschläge und Wahlempfehlungen aus Deutschland.

Hermann Neumann | Mo., 24. April 2017 - 11:42

Habe gestern mit großem Interesse die Wahl in Frankreich verfolgt.
Fakt ist die Nation ist genauso gespalten wie Deutschland.
Le Pen heute schon als Verliererin zu sehe, passt zu unserem Establishment. Merkel, Gabriel usw. sind sich sicher das Macron jetzt das Rennen macht.
Der Brexit beweist, dass die Uhren in Europa heute und in Zukunft anders ticken.
Bin mal auf die sprachlosen Eliten in Deutschland gespannt, wenn sich ihr Wunschgedanken als Illusion entpuppt. Egal wie die Wahl am 07. Mai ausgeht. Frankreich ist gespalten Deutschland ist gespalten - Europa ist gespalten. Werden die Kernproblem weiterhin nicht gelöst, ist das Ende von Euro und der EU nur hinausgeschoben. Das dicke Ende kommt bestimmt!

Ulrich Bohl | Mo., 24. April 2017 - 12:20

Für diese zusammenfassende internationale
Berichterstattung über das Wahlergebnis in
Frankreich.

Jonathan Odeon | Mo., 24. April 2017 - 13:07

Die Franzosen begreifen endlich, dass es nicht mehr weitergeht wie bisher. Das Land ist im Konflikt zwischen Links- und Rechts erstarrt. Probleme werden nicht mehr gelöst. Können sie auch nicht, da sich beide Seiten gegenseitig blockieren. Die islamische Migration mit ihrer weitgehenden Ablehnung von Integration und der französischen Werte und das dauernde Zurückweichen davor hat jetzt das Land schon massiv negativ verändert. Hinzu kommt die Weigerung vieler Franzosen persönliche Opfer zu bringen. Jeder klammert sich an seine Besitzstände aus besseren Tagen. Sie entscheiden sich für einen Zauberlehrling, der zwar verändern soll, aber nicht so, dass es weh tut. Fraglich ist, ob diese "one-man-show" Macron, ohne organisatorische Verankerung in der Bevölkerung, ohne etablierten Parteiapparat, diese gewaltigen Aufgaben überhaupt stemmen kann. Sobald die ersten massiven Proteste der Etablierten gegen die Beschneidung ihrer Privilegien einsetzt, wird sich zeigen, was er durchsetzen kann.

Hermann Neumann | Mo., 24. April 2017 - 14:38

Ein Riss durch`s Land?
Es geht ein Riss durch ganz Europa!
Wenn Neues nicht taugt, muss man eben zum Alten zurückgehen. Auch ein Schritt zurück kann ein richtiger Schritt in die Zukunft sein!

Dimitri Gales | Mo., 24. April 2017 - 14:45

und zwar unwiederbringlich. EIne völlig neue Situation: beide Blöcke, die bisher Frankreich regiert haben, die bürgerliche Rechte oder die Sozialisten, sind weggebrochen. Sie haben die Probleme des Landes nicht lösen können, sie haben sich damit zufrieden gegeben, Wahlen zu gewinnen, Parteipolitik zu machen und Karrierepläne für das Politpersonal zu stricken - grosso modo war es das. Davon haben die Franzosen jetzt definitiv genug.

Karin Zeitz | Mo., 24. April 2017 - 20:59

wer die Präsidentschaftswahlen am Ende gewinnt. Auch wenn es der Wunschkaditat der deutschen Politiker, Macron, sein sollte, so kommen doch schwere Zeiten auf sie zu. Offensichtlich hat Macron andere Vorstellungen davon, wie sich die EU in der Zukunft entwickeln soll. Letzten Endes wird es darauf hinauslaufen, dass Deutschland noch größere Leistungen erbringen soll.

Robert Müller | Mo., 24. April 2017 - 21:47

Das Ergebnis der Wahl erinnert mich an Trump versus Clinton, nur dass in FR "Clinton" gewann. Also, die "Zahnlosen" versus die Globalisierungsgewinner. In Spanien waren das Podemos gegen das Establishment und in Griechenland Syriza gegen Deutschland. Interessant, dass Rechts gegen Links eigentlich in all diesen Fällen nicht mehr das entscheidende war, sondern Globalisierungsgewinner versus Globalisierungsverlierer. Möglicherweise trifft das auf die islamischen Länder auch zu, denn diese sind alle Globalisierungsverweigerer.

In DE ist diese Problematik bei AFD versus den Merkelparteien zu sehen, wobei Merkel selbst schon wieder ihre Position verändert hat.

Mag.Britta Nielsen | Mo., 24. April 2017 - 22:53

Le PEN will ein Referendum noch demokratischer geht es nicht.Macron hat kein Programm,keine Partei und es trifft nur wieder die Bevölkerung die nicht von Bodyguards geschützt wird.Wenn man gesunden Menschenverstand nur mehr als rechtsextrem bezeichnet,was passiert dann in der Zukunft?

Bernd Eifländer | Di., 25. April 2017 - 09:22

Interessant wäre zu erfahren, wie ein designierter Präsident mit Ödipus Komplex zur Rentenpolitik steht.........

Andreas Müller | Di., 25. April 2017 - 10:04

Es ist etwas in Bewegung gekommen, das die Sozialistische Partei vernichtet und die Konservativen schwer getroffen hat.
Es zeichnet sich eine neue Konfrontation zwischen einem recht einheitlichen Establishment und einem (bisher) zweigeteilten Populismus ab.
Rein strategisch betrachtet, würde ich dem Populismus empfehlen, sich zu mäßigen und die reflexhafte, bitterböse Konfrontation zwischen Links und Rechts herunterzufahren. Das wäre wichtig für den inneren Frieden, ohne den alles nichts wert ist.

Dr. Lothar Sukstorf | Di., 25. April 2017 - 18:48

die einen wählen DAS, die anderen wählen ANDERE - Ja und, ist doch normal. Sobald sich eine grössere Gruppe bildet(egal wo), die wahrnehmbar ist, und jemanden "gefährlich" werden könnte und Anhänger um sich schart, reden die Kommentatoren gleich von einer Spaltung oder einem "Double-Riss". Na immerhin schafft Frankreich dann ja das Double! x % werden Le Pen wählen und x% werden Macron wählen, wo ist da ein Riss? Nur, weil hier "Rechte" im Spiel sind? Das selbe stupide Theater auch bei uns. Gauck war ein Meister im rhetorischen Gebrauch des Topos Spaltung. Wenn in D. jemand für die sogenannte Spaltung der Gesellschaft verantwortlich ist, dann sind das die Grünen und Merkel, gefolgt von political correctness, und Genderwahnsinn. Die Kommentatoren stellen es so dar, als ob sich von der Girondemündung über das Hochplateau bis hin zur Seinemündung ein km-breiter und tiefer Graben quer durch Frankreich aufgetan hätte. Etwas weniger dick aufgetragen wäre besser. So ist der Grund gut erkennbar