- Wahlkampfhit Reizwäsche-Football
Warum gibt es in Deutschland eigentlich keine Reizwäsche-Fußballbundesliga, also eine RDFL? Als weltoffener, gut informierter Vielzeitungsleser wissen Sie natürlich, worauf ich mit dieser Eingangsfrage hinaus will, auf den gerade zu Ende gegangenen Arbeitskampf der Schiedsrichter in der National Football League (NFL) in den USA. Die Aussperrung der echten Referees hatte nämlich dazu geführt, dass die ersten drei Spiele der American Football-Saison unter anderem von Schiedsrichtern der Lingerie Football League (LFL) geleitet wurden. In der LFL gehen ausschließlich leicht bekleidete Damen Amerikas beliebtester Sportart nach.
Dass auch hier der Sport absolut im Vordergrund steht, erkennt man schon an den unverdächtigen Teamnamen wie Philadelphia Passion, Vegas Sin und Los Angeles Temptation. Offenbar verfügen die Damen bei der Ausübung ihres Sports aber leider nicht über die allerbesten Spielleiter. Bei ihrem Ausflug in die NFL trafen die LFL-Schiedsrichter nämlich zahlreiche groteske Fehlentscheidungen. Am meisten Aufregung über die Leistungen der Ersatzschiedsrichter verursachte am Montagabend das Spiel der Green Bay Packers aus Wisconsin gegen die Seattle Seahawks, als den Packers der Sieg durch einen fälschlicherweise gegebenen Touchdown der sichere Sieg in letzter Sekunde geklaut wurde.
Spätestens jetzt war klar, dass ein Eingreifen der Politik unumgänglich ist, zumal wir uns in der Endphase des amerikanischen Wahlkampfes befinden, Paul Ryan, der Vizepräsidentschaftskandidat der Republikaner, glühender Packers-Fan ist und Wisconsin zu den sogenannten swing states gehört, in denen die Wahlen am 6. November entschieden werden.
Also gab Präsident Barack Obama, bekennender Chicago Bears-Fan, via Twitter und auf Nachfrage auch gegenüber den ihn ständig begleitenden White-House-Correspondents allen Beteiligten indirekt zu verstehen, dass sie sich unverzüglich einigen mögen, oder wie es im präsidialen O-Ton hieß: „I‘ve been saying for months, we gotta get our refs back“.
Seite 2: Jetzt greifen auch die Republikaner ein
Paul Ryan hatte derweil schon verkündet, dass ihn die Leistung der Ersatzschiedsrichter an die Politik des amtierenden Präsidenten erinnerten und hatte folgende Empfehlung für Obama und die Unparteiischen parat: „Wenn Du es nicht kannst, ist es Zeit zu gehen.“ Politisch überraschend, dass sowohl Ryan als auch Wisconsins republikanischer Gouverneur Scott Walker, beides bekennende Gewerkschaftshasser, sich diesmal auf die Seite der Schiedsrichter stellten und öffentlich mit organisierten Arbeitnehmern sympathisierten, die zu allem Überfluss auch noch höhere Renten von der NFL forderten. Ein Umstand, über den sich dann wieder die Demokraten freuen durften.
Das ist das Tolle an der amerikanischen Politik. Sie hat ein Gespür dafür, was die Leute wirklich interessiert. Und sie erzielt schnell vorzeigbare Erfolge: Zwei Tage nach Obamas Machtwort schlossen die NFL und ihre Schiedsrichter einen neuen Tarifvertrag ab.
Was passiert dagegen im heute auch offiziell gestarteten Bundestagswahlkampf 2013? SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück – ja er wird es wirklich, aber das wissen Sie als Cicero-Leser ja schon seit einer Woche – fordert, gefühlt zum 1000. Mal, eine härtere Regulierung der Banken. Seine Gegnerin Angela Merkel feiert derweil das Jubiläum des einen Altkanzlers im Rollstuhl, den seine Frau angeblich nur noch selten aus dem Bungalow in Oggersheim herauslässt. Gleichzeitig sitzt der andere Altkanzler im Rollstuhl im ZDF natürlich rauchend und erklärt, gefühlt zum 1000. Mal, dass Merkels Krisenpolitik falsch ist. Man ist geneigt zu fragen: Wo ist eigentlich die Maike Kohl-Richter von Helmut Schmidt, die ihn im Bungalow in Hamburg-Langenhorn einsperrt?
Für Erheiterung sorgen da höchstens noch die Vorschläge von Familienministerin Kristina Köhler, die nach Eltern-, Pflege-, Bruder-, Schwester- und Vettern- jetzt auch noch die Großelternzeit gesetzlich regeln möchte, damit sich Omi und Opi endlich ausreichend um ihre Enkel kümmern können und der Staat kein Geld für bessere Betreuung der Kleinen ausgeben muss. Ich dachte bisher immer, dass die meisten Großeltern ohnehin schon im Ruhestand sind, aber vielleicht ist Köhlers Vorstoß ein erster Hinweis darauf, dass die Bundesregierung an der Rente mit 75 arbeitet.
Kommen wir zurück zur Eingangsfrage: Habe noch mal überlegt und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich Turbine Temptation Potsdam gegen FSV Sünde Frankfurt lieber doch nicht sehen will. Ersatzschiedsrichter finden wir im Notfall noch woanders.
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