Unilever-Logo an der Hamburger Deutschland-Zentrale / dpa

Ben&Jerry's stoppt Eisverkauf in Palästinensergebieten - Auf ganz dünnem Eis

Die Eis-Hersteller Ben&Jerry’s stoppen den Verkauf ihrer Produkte in Palästinensergebieten, weil das angeblich nicht zu den „Werten“ der Firma passt. Es ist nicht die erste wohlfeile Aktion dieser Art. Der Mutterkonzern Unilever nimmt es in anderen Dingen mit der Moral allerdings nicht so genau.

Alexander Marguier

Autoreninfo

Alexander Marguier ist Chefredakteur von Cicero.

So erreichen Sie Alexander Marguier:

Ben und Jerry, die beiden knuffigen Hippie-Onkel aus dem Speiseeis produzierenden Gewerbe, haben mal wieder zugeschlagen. Nachdem unsere woken Ostküsten-Volltrottel mit dem politischen Verstand einer Strawberry-Cheesecake-Kugel sich im vergangenen Jahr für Resettlement-Programme und offene Migrationsrouten nach Europa eingesetzt hatten („Unsere Petition zu unterschreiben geht viel schneller, als einen Becher deiner Ben&Jerry’s Lieblingssorte zu verputzen“), folgt jetzt die nächste Aktion: Der amerikanische Eis-Hersteller will den Verkauf seiner Produkte im Westjordanland und in Ostjerusalem beenden. Es entspreche nämlich „nicht den Werten von Ben&Jerry’s, unsere Eiscreme weiter in besetzten Palästinensergebieten zu verkaufen. Das sagen uns auch die Bedenken unserer Fans und zuverlässigen Partner.“

Es ist natürlich immer schön, wenn man sich zur Bestätigung des eigenen Wertekanons auf den Zuruf von Dritten verlassen kann. Sonst droht am Ende nämlich jener Zustand, den Jan Delay einst in seinem Song „Oh Jonny“ in bester Schüttelreim-Lyrik besang: „Hat dein Gandhi immer Pause, ja dann geh mal schnell nachhause.“

Cicero Plus weiterlesen

  • Monatsabo
    0,00 €
    Das Abo kann jederzeit mit einer Frist von 7 Tagen zum Ende des Bezugzeitraums gekündigt werden. Der erste Monat ist gratis, danach 9,80€/Monat. Service und FAQs
    Alle Artikel und das E-Paper lesen
    • 4 Wochen gratis
    • danach 9,80 €
    • E-Paper, App
    • alle Plus-Inhalte
    • mtl. kündbar
  • Ohne Abo lesen
    Mit tiun erhalten Sie uneingeschränkten Zugriff auf alle Cicero Plus Inhalte. Dabei zahlen Sie nur so lange Sie lesen – ganz ohne Abo.

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.

Johan Odeson | Di., 20. Juli 2021 - 17:53

Leider vermisse ich Standing von Unternehmen in vielerlei Hinsicht. Norman Friedman hat mal den Satz geprägt: "The business of business is business". Das wird heute als toxisch betrachtet und Unternehmen werden selbstverständlich als politische Player betrachtet. Myriaden von NGOS haben den ganzen Tag nichts anderes zu tun (weitgehend finanziert von den GOs) als Unternehmen mit politischen, moralischen und finanziellen Forderungen zu überhäufen, da diese für alles und nochwas Verantwortung trügen. Das Lieferkettengesetz ist sichtbares Zeichen dafür. Wesentlicher Grund ist, dass man selbst außerhalbe der Landesgrenzen relativ machtlos ist und die wirtschaftlichen Macht der Unternehmen gerne für eigene politische Zwecke nutzen möchte. Nur Firmen werden dann auch als politische Player im Machtpoker wahrgenommen und so behandelt, wie H&M und Adidas in China erleben durften. So werden Unternehmen zum Spielball von politischen Erwartungen und rutschen auf schlüpfrigem Eis. B&J-no for me!

Heidemarie Heim | Di., 20. Juli 2021 - 18:19

Hoffentlich haben Sie sich das patentieren lassen lieber Herr Marguier;)! Schön, das Sie aus der Eiszeitpause zurück sind. Mein Ehemann nebenan fragte mich in den letzten Minuten mehrere Male, warum ich lache beim Cicero lesen, oder ob ich etwa heimlich wieder Katzenvideos gucke;). Daran sind eindeutig Sie und Ihr humoriger Esprit schuld Herr Chefredakteur! Eislecken für den Weltfrieden! Adipositas und Antisemitismus hin oder her! Besser kann man einen Schuss ins eigene Weltkonzern-Knie nicht platzieren! Für oder gegen was dürfen wir morgen schlecken? Zur Information: Bin gerade mal wieder mit bescheidenem Erfolg am Diäten. Aber wenn`s um den Weltfrieden geht.....Liebe Grüße an Alle!

Danke für ihren köstlichen Artikel. Habe bis zu Ihrem Artikel halbtot im Sessel gesessen, da ich den ganzen Tag im Garten geschuftet habe.
Ich habe so gelacht, dass ich nicht weiß, ob mir mein Bauch od. meine Hände und Füße mehr schmerzen.
Nochmals vielen lieben Dank für Ihren humorigen Kommentar.

Ganz liebe Grüße aus der Erfurter Republik

Heidemarie Heim | Mi., 21. Juli 2021 - 09:10

Antwort auf von Ingofrank

Schön, das ich Ihre Lebensgeister sozusagen "reanimieren" konnte lieber Herr Frank!
Ich dachte schon letztens bei Ihrem Beitrag zu den Beeren bei Genuss ist Notwehr, wieviel "Liebe" aber auch Schufterei so ein großer Garten erfordert. Und wie Sie zurecht stolz und mit Freude dabei sind!
Auch Dank an Herr Röschmann! Der Begriff "Wortwitz", der mir nicht einfiel, beschreibt genau, was den Artikel Herrn Marguieres ausmacht zu unser aller Amüsement! Eine Kugel EEG-Eis für Alle! MfG

Ich versuche, noch einen draufzusetzen.
Der Wortwitz: Allererste Sahne!
Würde mich dennoch nicht wundern, wenn so manchem wahren Woken das Lachen nicht so recht dem Halse entfleuchen mag…

Rob Schuberth | Di., 20. Juli 2021 - 18:24

...wohlfeil ist auch ein schönes Wort dafür, wenn man ausdrücken will in Wahrheit KEINE Werte zu haben (außer dem des Profits nat.).

Geld regiert die Welt und bei B&J haben sie sich das bestimmt vorher genau ausgerechnet wie lohnend es ist so zu tun als ob.

Karl-Heinz Weiß | Di., 20. Juli 2021 - 19:00

Bisher hielt ich nur die US-Evangelikalen für gefährlich. Aber diese Eisbecher-Evangelisten sind brandgefährlich. Erlebt hier Calvin und sein Rigorismus eine Renaissance? Die bisher etablierten Kirchen haben sich ja bereits in die Bedeutungslosigkeit verabschiedet. Platz für Neues.

Karla Vetter | Di., 20. Juli 2021 - 20:11

die Gründer offenbar jüdischer Herkunft waren/sind. Die Namen Cohen und Greenfield deuten darauf hin. Ob ihnen klar war an welche Heuchler sie die Firma verkauft haben? Hypermoral wohin man schaut. Ob sie sich wohl daran stören würden wenn diese Gebiete noch jordanisch bestzt wären wie bis 1967?

Michael Sauer | Di., 20. Juli 2021 - 22:20

Eigentlich sollten mir die Gründer der Fa. sympathisch sein, mein Jahrgang und - wahrscheinlich - Juden, zumindest Cohen, aber in USA gibt "liberale" Juden, die in Wahrheit zumindest verkappte Israelhasser sind. Also ja, warum müssen sich nur immer alle möglichen Leute an diesem eigenartigen und doch so erfolgreichen kleinen Land und und Volk in Vorderasien abarbeiten. Ich sag "mazel tov" und hoffe, dass das Eis in ganz Palästina allen schmeckt!

gabriele bondzio | Di., 20. Juli 2021 - 22:27

Selbsterhöhung wandelt, kann dort auch schnell mal einbrechen."...ja, das sind wahre Worte, die in der heutigen Zeit gern auser Acht gelassen werden.

„Ich denke, dass man mit hohen moralischen Grundsätzen am Ende mehr Geld verdienen kann als man mit Skrupellosigkeit verdient.“
Charlie Munger ...und der muss es ja wissen als Rechtsanwalt, Investor, Manager, Milliardär.

Vermarktungsstrategien dieser Art, können sich aber sehr schnell als Bumerang erweisen, wenn ein Teil der Kundschaft verprellt und die eigne Weste auch nicht sauber ist.

helmut armbruster | Mi., 21. Juli 2021 - 07:42

das ist völlig durchgedrehte Political Correctness.
Wir nähern uns immer mehr der chinesischen Totalüberwachung (wer nicht genügend Punkte hat, darf von Staats wegen bestimmte Dinge nicht mehr tun).
Es ist völlig gleichgültig wer hinter solchem Treiben steckt - ein kommunistisch beherrschter Kapitalistenstaat, ein Weltkonzern, oder sonst wer - es ist ein Angriff auf unsere Freiheit!

Gerhard Lenz | Mi., 21. Juli 2021 - 10:17

Aber wenn der Möchtegern-Attila Orban in Budapest einer Universität die Existenzgrundlage entzieht - weil selbige von dem Juden Soros gegründet wurde und von einer US-Stiftung finanziert wird, ist die Forengemeinde ...sprachlos....nein sie zollt Orban auch noch Beifall.
Dem gleichen Orban, der, wie man weiss, mittels Pegasos Oppositionelle bespitzelte...

Dana Winter | Mi., 21. Juli 2021 - 11:12

Nicht nur in China mit Doppelstandard. Laut eines Berichts von Amnesty International kauft Unilever Palmöl von indonesischen Plantagen, an denen auch Kinder unter schlimmen Arbeitsbedingungen arbeiten müssen.

Außerdem zählt Unilever zu den größten Plastikmüll-Verursachern. Als größter Teeverkäufer der Welt wiegt zudem die Kritik an unfair gehandeltem Tee schwer: Schlechte Arbeitsbedingungen und unfaire Handelsbedingungen in Entwicklungsländern prangert unter anderem Terre des Hommes an.

Knorr, Lipton, Axe, Magnum, Langnese, Cornetto, Pfanni, Mondamin und vieles mehr kommen aus diesem Konzern. Diese Produkte werde ich künftig meiden.

Wenn die Boykott wollen, dann sollten sie ihn auch vielfach zurück bekommen!

Last not least: Danke für diesen Artikel!

Ernst-Günther Konrad | Mi., 21. Juli 2021 - 11:23

So was kann schnell nach hinten losgehen. Wenn die Freunde Israels jetzt dagegen halten und ob dieser Entscheidung in den USA zum Boykott aufrufen, muss sich Unilever schon mal den Rückzug überlegen. Die werden ihr Hauptgeschäft ja nicht in den zwei besetzten Gebieten machen. Und so ganz nebenbei, die dort lebenden Palästinenser sollen dann auch kein Eis mehr bekommen. Sind doch die "Opfer" und werden mit Eisentzug bestraft?
Schön Herr Marguier wieder von Ihnen zu lesen. Den Satz mit dem lecken sollten Sie sich patentieren lassen. Der war richtig klasse.