- Der Lindner-Effekt könnte die FDP noch retten
Ist der Untergang der FDP vorprogrammiert oder kann sie sich retten, wenn sie in Nordrhein-Westfalen die 5-Prozent-Hürde knackt? Alle Hoffnungen ruhen auf dem "Lindner-Effekt"
Die FDP war schon im Herbst letzten Jahres bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus mit einem Anteil von 1,8 Prozent der gültigen Stimmen auf das Niveau einer Splitterpartei abgesunken. Nachdem nun bei der Landtagswahl im Saarland die Zahl der ungültigen Stimmen mit 10.000 deutlich höher war als die Zahl der FDP-Wähler (die FDP wurde an der Saar nur noch von knapp 6.000 oder 1,2 Prozent der Wähler gewählt), glauben viele, dass die Liberalen nunmehr endgültig verloren seien. So titelt z.B. der Stern: „Eine Partei droht zu verschwinden“.
Doch diejenigen, die bereits das Todesglöcklein für die FDP läuten, vergessen, dass die FDP nach der Nominierung von Christian Lindner zum Spitzenkandidaten der Partei bei der bevorstehenden Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen wieder Hoffnung schöpfen darf. Christian Lindner wird generell als gute und richtige Entscheidung der FDP gewertet.
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Vor allem ist er im liberalen Wählerpotenzial in Nordrhein-Westfalen hoch akzeptiert. So meinen von denen, die die FDP in Nordrhein-Westfalen bei der Bundestagswahl im September 2009 gewählt haben, 70 Prozent, und von denen, die die FDP derzeit bei der Landtagswahl im Mai wählen wollen, gar 83 Prozent, Lindner als Spitzenkandidat sei eine gute Entscheidung. Und 76 Prozent der FDP-Anhänger sind dadurch wieder im Hinblick auf den Ausgang der Landtagswahl hoffnungsvoller geworden und meinen, mit Lindner seien die Chancen der FDP gestiegen, an Rhein und Ruhr die 5-Prozent-Hürde zu überspringen.
Wie sehr die FDP-Anhänger in Nordrhein-Westfalen Lindner schätzen, zeigt sich auch daran, dass ihn 88 Prozent als klug, 83 Prozent als fleißig und 87 Prozent als einen Politiker mit Zukunft einschätzen.
Lindners Nominierung zum Spitzenkandidaten seiner Partei hat aber nicht nur bei den eigenen Anhängern zu mehr Zuversicht geführt, dass die Partei überlebt, sondern auch generell einen messbaren „Lindner-Effekt“ gebracht. Die FDP lag in Nordrhein-Westfalen vor Lindners Nominierung bei 2 Prozent und kletterte nach seiner Nominierung auf 4 Prozent. Selbst bundesweit profitiert die FDP bereits von Lindner. Während nach dem Wechsel im Parteivorsitz von Westerwelle zu Rösler kein „Rösler-Effekt“ zu registrieren war und die FDP im Stimmungstief verharrte, kam die FDP nach Lindners Nominierung zum NRW-Spitzenkandidaten seiner Partei auch bundesweit zum ersten Mal seit vielen Monaten wieder auf 4 Prozent.
Wenn Christian Lindner die potentiellen FDP-Wähler an Rhein und Ruhr, die zur Zeit zögern, die liberale Partei wieder zu wählen, weil ihre Stimme verloren sein könnte, doch noch gewinnen kann, ist der Sprung der FDP über die 5-Prozent-Marke nicht unrealistisch.
Lindner und der nordrhein-westfälischen FDP könnte dabei auch die Schwäche des CDU-Spitzenmannes in Nordrhein-Westfalen, Norbert Röttgen, von Nutzen sein. Röttgen ist bei den Bürgern des Landes nicht sonderlich beliebt. So würden sich für ihn – wenn sie den Ministerpräsidenten selbst wählen könnten – nur 26 Prozent entscheiden. Für die amtierende Ministerpräsidentin Hannelore Kraft würden sich deutlich mehr – 56 Prozent – entscheiden. Durch die schwache Bindekraft Röttgens liegt auch die CDU, die in Deutschland insgesamt derzeit recht gut dasteht, in Nordrhein-Westfalen anders als bei der letzten Landtagswahl im Mai 2010, als sie noch ganz knapp vor den Sozialdemokraten lag, deutlich hinter der SPD.
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Röttgens Ansehen ist vor allem bei den mittelständischen Unternehmen in Nordrhein-Westfalen äußerst gering. Ihm trauen sie nicht zu, ihre Interessen in der Politik zu vertreten. Und sie kreiden ihm die aus ihrer Sicht in dieser Form unnötige und geradezu hysterische Energiewende nach Fukushima an, die bei vielen Unternehmen (aber auch den meisten Bürgern) zu immer größeren Befürchtungen führt, ob es in Zukunft genug und bezahlbare Energie gibt.
Röttgens Schwäche könnte deshalb Lindner und der FDP an Rhein und Ruhr nutzen, wenn sie dem Mittelstand wieder „eine Stimme gibt“.
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