- Einst Prinzessin, heute Hexe von Syrien
Asma al-Assad galt als große Hoffnungsträgerin, als gebildete Frau, emanzipierte Muslima, freiheitsliebende Ehegattin. Heute ist die Frau des Diktators Baschar al-Assad in der Gunst der Medien gefallen – und das, obwohl niemand weiß, was wirklich in ihr vorgeht
Die Frau an sich war viel Thema in der vergangenen Zeit. Nachrichtlich stürzte sich alles auf den Weltfrauentag, die Bild-Zeitung schickte einen Tag lang ihre weiblichen Mitarbeiter nach Hause, bei der taz wurde die Frauen-Fahne gehisst, die Linken-Fraktion im Bundestag kam in weiblicher Vollzähligkeit und im lila Schal, während sich Fraktionsvorsitzender Gregor Gysi publikumswirksam in einem von Weibern dominierten Kindergarten zeigte und einem kleinen Jungen den Nacken kraulte.
Verquickt mit Lobeshymnen an die Frau gab ein Frauenquoten-Verächter nach dem anderen sein plötzliches Umdenken bekannt. Zeit-Chef Giovanni di Lorenzo oder die Newsweek-Chefredakteurin Tina Brown begaben sich auf eine gut bereitete Bühne der Quoten-Anhänger, die vor allem der Initiative einer Schar JournalistInnen und ihrem öffentlichen Aufruf zu mehr Frauenquoten im Nachrichtenwesen zu verdanken war.
Frauen an die Front, also. Weil sie weise sind, kreativ, einfühlsam, gute Teamworker, unverzichtbare Mitarbeiter. Die Frau an sich wurde in den Himmel gelobt. Gleichzeitig wachsen die Ansprüche ins Unermessliche. Während die Männer hinterhertrotten, sollten erfolgreiche Frauen mindestens gutes Aussehen, Kinder, Karriere und nebenher am besten die Weltenrettung anbieten können.
Einer von ihnen wurde zeitweise all das zugeschrieben – nun aber scheint sie die erworbenen Meriten wieder zunichte zu machen. Und wer ist Schuld? Ihr Mann natürlich. Die Rede ist von Asma al-Assad. Sie ist 36 Jahre alt und seit zwölf Jahren mit Baschar al-Assad verheiratet. Asma spielt zurzeit die Rolle der Verräterin ihres Geschlechts par excellence. Sie habe alle getäuscht, vor allem aber die Journaille dieser Welt – und das ist kein leichtes Vergehen, wie sich derzeit beobachten lässt.
Allzu schön ließ sich das Bild zeichnen von der „Königin Diana des Orients“ (Paris Match), von der glanzvollen Hoffnung der syrischen Nation. Als der Aufstand der Syrer gegen ihren Machthaber im vergangenen Jahr begann, hatte sich die Vogue gerade mit einer extraordinären Lobhudelei auf die schöne Syrerin vergaloppiert. Man schwärmte von ihrem Glanz, ihrer Eleganz, ihrem unkomplizierten Wesen, ihrer Schönheit, ihrem Selbstbewusstsein. Sie galt als emanzipiert und freiheitsliebend.
Die Tochter einer syrischen Diplomatin und eines Herzchirurgen wuchs in London auf. Es folgten das Studium an einer Elite-Mädchenschule, Diplome in Informatik und Französischer Literatur, Bestnoten. Als aufgeschlossen und „kein bisschen traditionell“ beschrieben ihre Profs an der Uni in London die Muslima. Hier lernte sie vermutlich auch Baschar al-Assad kennen. Später arbeitete sie als Finanzanalystin für die Deutsche Bank. Asma al-Assad führte ein Leben, das uns Europäern nahe ist.
Nachdem sie sich in London kennen gelernt hatten, kehrte Baschar al-Assad 1994 nach Syrien zurück, 2000 heirateten die beiden. Glaubt man Asma al-Assad, hatten sie sich bei einem Treffen 1999 verliebt. Andere Quellen sprechen von einer von den Familien arrangierten Ehe. Heute hat das syrische Herrscherpaar drei Kinder: Hafiz, 10, Zein, 8, und Karim, 7.
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Als Asma in Syrien ankam, zog es sie erst einmal in das Land, das sie nur aus den Ferien kannte. Mit dem Rucksack bereiste sie ihre neue Heimat, sprach mit den Menschen, lernte die Gepflogenheiten kennen. Sie ermunterte die Syrer, als aktive Bürger einen Wandel im Land herbeizuführen, unterstützte eben solche Projekte. Sie galt als Botschafterin des Volkes gegenüber ihrem Mann.
In der Berichterstattung wurde sie abgekoppelt von ihm, dessen Hand schützend über Hamas und Hisbollah lag, der den Nachbarn Irak damit ärgerte, dass über seine Grenze terroristischer Nachwuchs eintrudelte, der – seinem Vater nacheifernd – das bestehende diktatorische Regime und den Machtapparat für seine Zwecke nutzte.
Dabei wusste man zu jener ebenso wenig über das Seelenleben der schönen Asma al-Assad wie heute. Was damals bereits unglaublich wirkte, scheint heute unvorstellbarer denn je: Dass eine Ehe funktionieren kann, in der einer den Schlächter mimt, während die andere ihr Volk zur Freiheit ermuntert. Etwas war und ist entschieden faul an der Geschichte der schönen Prinzessin aus dem Morgenland. Nur wollte es vorher offenbar niemand sehen.
Gebildet, klug, verständnisvoll habe sich Asma al-Assad nur solange gegeben, bis es nicht mehr ging, schreibt die FAZ nun erklärend hinterher. Jetzt aber zeige sich ihr wahres Gesicht, ihr empathisches Handeln habe ausgedient, sie verschanze sich hinter den hohen Mauern des syrischen Regimes.
Die schönen Rehaugen gelten in der Öffentlichkeit plötzlich nicht mehr als warmherzig und gut sondern als verschlagen und abgrundtief böse. Was aber hinter ihrem Verhalten steht, ob sie unter Druck gesetzt wird, ob ihre Kinder als Pfand gegen sie genutzt werden – niemand weiß es. Aber die Geschichte bleibt eine gute Geschichte.
Asma al-Assad fällt tief in der Gunst der globalen Beobachter. Aus Ermangelung an weiteren Einblicken in ihre Gedanken, wird ihre Persönlichkeit nun kurzerhand umgedichtet – sie wird von der Retterin zur Schlachthelferin. Und wieder ist das Bild klar: Die Frau ist eine Hexe. Mit eiskaltem Blick sieht sie zu, wie ihr Mann Homs, die Heimatstadt ihrer Familie, zerstört. So beschreiben es nun die getäuschten Medien, obwohl doch niemand Genaueres weiß. Der Wunsch nach einer Erklärung für eine schöne und intelligente Frau, die ihrem Mann in die tiefsten Ungerechtigkeiten folgt, ist unbändig. So wird eine schiefe Erklärung dem Eingeständnis von Unwissenheit vorgezogen.
Am Abend des Weltfrauentages ist dann auch in Deutschlands Wohnzimmern wieder alles beim Alten: Bei Pro Sieben machen ein paar Mädchen mit ihrer Vorturnerin Heidi Klum das, was sie am besten können: gut aussehen. Und zwar ohne die Welt zu retten. Mehr muss es vielleicht auch gar nicht sein. Wir sollten uns hüten, zu hohe Erwartungen zu haben – das führt meist zu Ärger und Enttäuschungen. Frau Assad kann sicher ein Lied davon singen.
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