- Wir waren immer zu viele
Mit der Bemerkung „Okay, Boomer“ werten junge Leute neuerdings die Generation der Babyboomer ab. Am Wochenende hat Alexander Grau geschrieben, dieser Trend sei Ausdruck eines längst überfälligen Generationenkonfliktes. Bernd Stegemann widerspricht ihm
Nachdem der „alte, weiße Mann“ als abwertende Bezeichnung für Männer über 45 etabliert ist, wurde nun ein neues Geschoss aus dem Arsenal der Identitätspolitik gesichtet. „Ok, Boomer“ lautet der Ausruf, mit dem alle Menschen, die zwischen 1955 und 1969 geboren worden sind, als Problem identifiziert werden.
Mit „Okay, Boomer“ weisen jüngere Menschen die Alten auf ihren Platz, der nun nicht mehr am gemeinsamen Tisch ist, sondern möglichst weit weg davon. So wie der Großvater im Märchen der Gebrüder Grimm, der sein Essen nicht mehr vom Porzellanteller essen darf, da seine zittrigen Hände ihn fallen lassen könnten, soll der Boomer nun aus dem hölzernen Napf essen, der in einem diffusen Jenseits der gesellschaftlichen Relevanz liegt. „Okay, Boomer“ ist der rhetorische Klaps, den man einem alten Gaul gibt, um ihm anzuzeigen, dass es Zeit für den Abdecker ist.
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Schöner Artikel, danke. Eine Bitte: Studierende sind Studenten in dem Augenblick wo sie studieren, sobald sie das studieren unterbrechen, um z.B. in die Mensa zu gehen, sind sie Studenten.
Sehr gut auf den Punkt gebracht. Interessant wäre es, mal zu analysieren, welche Interessen eigentlich hinter den jeweiligen diffamierenden Zuschreibungen wie „alter weißer Mann“ oder aktuell „Boomer“ stehen. Ich vermute es ist das Prinzip „teile und herrsche“ oder es geht schlicht ums Geld. Diese ganze „Identitätspolitik“ ist schlicht und ergreifend Menschenverachtend.
Der Autor Alexander Grau wird ja zur „Generation X“ oder zur „Golf-Generation“ gezählt. Diese Generation wurde auch schon mit dem Begriff „McJob“ umschrieben. Soziologisch betrachtet gab es auch schon die „Risikogesellschaft“ und die „Erlebnisgesellschaft“ (Event-Kultur). Nicht alle Beschreibungen sind jedoch gleich produktiv. Immer geht es dabei um Lebenswelten, die höchst unterschiedlich sein können. Die Erlebniswelten stimmen nur noch partiell überein, sind höchst unterschiedlich. Meine persönliche Erfahrungswirklichkeit stimmt auch nicht immer überein mit bestimmten beobachteten Medienangeboten. Das liegt an den unüberprüfbaren fiktiven und konstruierten Faktoren, die in bestimmten medial beobachteten Beiträgen stecken (die nicht meiner Wirklichkeit entsprechen). Es gibt kein kontextfreies Beobachten. Der Kontakt mit der Wirklichkeit scheint bei einigen Autoren verloren gegangen zu sein- mit der unbegriffenen Wirklichkeit.
Bis zur Erschöpfung der Phantasie wird gegenwärtig um Aufmerksamkeit gebuhlt. Da wird inszeniert ohne Ende. Der Selbst-Darstellung wird Raum gegeben. Die Moderne war jedoch in dieser Hinsicht elitär zurückhaltend, wollte nicht inszenieren, sondern manifestieren. Der große Konsens wird jedoch jetzt durch die Grünen manifestiert. Noch in Oppositions-Protesten, Reden und Schriften. Eine andere Art von Wirklichkeit. Es ist auch eine systematische Betrachtung der Vergangenheit- weil man dahin nicht zurück kann und will. Und die gegenwärtige etablierte Politik kann gar nicht wissen, mit welcher Gesellschaft sie es zu tun hat. Was man tun kann, ist die Wirklichkeit besser zu beschreiben und zu erforschen.
P.S.: Herr Stegemann, habe gestern einen interessanten Beitrag auf „arte“ über das neue „The Shed“ in New York City gesehen. Vielleicht interessant für Sie.
Ich glaube gar nicht, dass das "Ok Boomer" spezifisch feindselig gegen "Boomer" ist. Es ist, wie Stegemann schreibt, eher ein Ausdruck einer allgemein ausufernden Identitätspolitik. Auf der einen Seite reklamiert eine mit den "Identitären" weit überlappende Gruppe, dass man das "Wir und Die" überwunden habe. Auf der anderen Seite ist die Abgrenzung gegen immer mehr Gruppen und Meinungen immer schärfer und es ist ein konstantes Ringen in der identitären Hierarchie möglichst weit oben zu stehen und die eigenen Frustrationen möglichst gesellschaftlich als ganz besonders ungerecht abgesegnet zu bekommen.
Die wichtigste Teildisziplin dabei ist es, den Bogen zwischen akzeptierten Extremen und dem eigenen gewünschten Anwendungsfeld zu spannen. Etwa "wir wissen, was Weinstein gemacht hat, also kein Pardon mit alten weißen Boomern" ... oder so in tausend Varianten. Aber wie gesagt: die "Boomer" sind hier auch austauschbar - am Ende ist es ein allgemeines identitäres Ringen.
kollektive Identität einsperren. Ich würde das einerseits auf eine Legitimationskrise und Übersättigung der nachfolgenden Generationen zurückführen. Und dann ist es auch Ausdruck der „gewünschten“ Spaltung von Gesellschaften in möglichst kleine Einheiten.
Meinungen knallen in nie dagewesener Sturheit, ohne Brückenschlag, aufeinander. Die Akteure innerhalb der kollektiver Identitätsgruppen sehen sich nur noch den Menschen ihrer Blase solidarisch verpflichtet.
Und mit Weitsicht sind sie auch nicht gesegnet. Die Quintessenz des (uralten) Märchens „Ich baue ein Tröglein, daraus sollen Vater und Mutter einst essen, wenn ich groß bin“, wird sie eines Tages einholen.
Erinnert mich auch irgendwie an die Zeitmaschine (H. G. Wells). Wo der Zeitreisende in der Zukunft eine paradiesisch anmutende Landschaft und fröhliche, junge Leute antrifft. Die jedoch Angst vor der Nacht haben.
Schöner Beitrag. ?
Identitätspolitik ist nichts weiter als der Drang linker Intellektueller nach autoritärer Diktatur. Jeder wird in eine Kategorie gesteckt und die einzelnen Gruppen sind schnell zu disziplinieren. Warum sind denn unsere Eliten so fasziniert vom Islam? Er ist das Herrschaftsvorbild! Die Bewohner wohnen entsprechend ihrer Herkunft und Religion in streng abgegrenzten Vierteln. Die ersten Blockwarte in Neukölln sollen sich schon um das "Haram" ihrer Kiezbewohner kümmern. "Halal" wird entsprechend gnadenlos verfolgt und jeder Sünder denunziert. Erste "Erfolge" bei den Ureinwohnern sind auch schon zu verzeichnen. Herr Böhmermann scheint bei diesen Truppen in die Lehre gegangen zu sein. Wenn ich dabei an unsere Kinder und Enkel denke wird mir Angst und bange.
Erst spät ist mir so richtig bewußt, dass ich gerade mal knapp 16 Jahre nach Ende des 2. Weltkriegs auf die Welt gekommen bin; in eine Gesellschaft, die durch Schuld und die traumatischen Erfahrungen von letztendlich zwei Weltkriegen nachhaltig erschüttert worden war. Allein in der Familie meiner Mutter waren in drei aufeinanderfolgenden Generationen die Mütter alleinerziehend zurück geblieben. Mein Vater kam noch mit 16 an die Front und fürs Leben erschüttert wieder. Und das alles liegt erst kaum ein Menschenleben zurück. Die jungen Leute heute mit ihrer juvenilen Verachtung für das Alte ahnen noch nicht, woran sie Anteil haben, ohne es entscheiden haben zu können.