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Frust mit Frost - Was kostet der lange Winter?

Rückkehr des Winters: Baustellen ruhen, Schneeräumdienste machen Überstunden und die Heizung ist den ganzen Tag an. Das kann teuer werden

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Hoffmann, Kevin P.

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Neuschnee, Verkehrschaos und Schmuddelwetter – gefühlt will der Winter gar kein Ende nehmen. Das ist lästig und wird langsam auch teuer. Wir haben in Unternehmen und Verbänden nachgefragt, wie sie mit den Wetterunbilden zurecht kommen.

Gesamtwirtschaft

„Grundsätzlich kann man schon sagen, dass schlechtes Wetter schlecht für die Wirtschaft ist“, sagt Ferdinand Fichtner, Konjunkturchef beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. So könne ein harter Winter ein Zehntelprozent beim Wachstum kosten. Das fiele bei einem Wachstum von 0,4 Prozent, das die Bundesregierung für 2013 vorhersagt, durchaus ins Gewicht, sollte aber auch nicht überbewertet werden.

„So werden etwa Baumaßnahmen bei einem Wintereinbruch womöglich aufgeschoben, aber nicht grundsätzlich abgesagt“, sagt Fichtner.

Das bestätigt Stefan Brettschneider vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie. Bei einem lang anhaltenden Winter müssten auch die rund 750 000 Bauarbeiter hierzulande nicht fürchten, arbeitslos zu bleiben. Es gelte das Saison-Kurzarbeitergeld, das grundsätzlich für die Zeit von 1. Dezember bis 31. März gezahlt werde, sollte die Witterung eine Arbeit auf der Baustelle nicht zulassen.

Auch der Einzelhandel rechnet nicht mit großen negativen Auswirkungen durch den aktuellen, noch auf Norddeutschland begrenzten, Kälteeinbruch. Der Winterschlussverkauf fand bereits zwei Wochen lang ab Ende Januar statt, wo es übrigens sogar etwas zu warm für den Geschmack der Händler war, wie es beim Handelsverband HDE heißt.

Heizkosten

Nach den letzten vorliegenden amtlichen Daten von 2011 muss ein Haushalt im statistischen Durchschnitt 223 Euro je Monat für Energie ausgeben, davon 101 Euro für Kraftstoffe, 72 Euro für Heizung und Warmwasser, 19 Euro fürs Kochen und 32 Euro für Licht und sonstiges.

Es gibt Hinweise, dass Haushalte derzeit noch deutlich stärker belastet sind. So teilte die auf Heizungsabrechnungen spezialisierte Firma Techem mit, dass Haushalte im vergangenen Jahr rund 7,5 Prozent mehr Energie für ihre Raumheizung verbraucht haben als im milden Vorjahr 2011. Zugleich seien habe sich Heizöl um 8,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr verteuert, Gas um 5,6 Prozent. Dieser Mix aus Kälte und steigenden Rohstoffpreisen habe zu einem Kostenanstieg von 13,5 Prozent bei Gasheizungen und von 16,6 Prozent bei Ölheizungen geführt.

Die Energieversorger haben noch keine Bilanz des aktuellen Winters gezogen – zumal er ja noch anhält. Aber es gibt ein paar Faustformeln: Bei einem Temperaturabsturz von Null auf Minus 20 Grad verdoppelt die Kosten fürs Beheizen einer 100 Quadratmeter großen Wohnung (auf stabil 20 Grad Celsius) von etwa zehn auf 20 Euro – am Tag, lautet eine. Beim Energiekonzern Vattenfall, der rund ein Drittel der Berliner Haushalte mit Fernwärme versorgt, hat man in vergangenen Jahren auch beobachtet, dass Kunden bei trübem Wetter die Heizung höher aufdrehen als bei Sonne – bei identischer Außentemperatur. „Das optimale Wetter aus Sicht eines Energieversorgers ist zwei bis drei Grad und Regen“, heißt es bei Vattenfall.

Die Versicherungsbranche warnte am Montag Hausbesitzer vor zu viel Sparsamkeit bei der Energie. Wenn Wasser in Heizungs- oder Trinkwasserleitungen gefriert, können die Rohre platzen. Daher sollten alle Räume im Haus ausreichend beheizt werden, empfahl der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Andernfalls könne der Versicherer im Schadensfall die Leistungen kürzen.

Verkehrsbetriebe

Darüber, ob dieser Winter die Berliner Verkehrs-Betriebe teurer zu stehen kommt, möchte Klaus Wazlak nicht spekulieren. „Der letzte Winter war relativ kalt, dafür gab es nicht so viel Schnee“, sagt der Unternehmenssprecher. Zudem verfüge man über Multifunktionsfahrzeuge und entsprechendes Personal. So werden die Weichen bei Tram und U-Bahn auch im Sommer kontrolliert, nur wird jetzt auch auf die integrierten Heizungen geachtet, die ein Einfrieren verhindern sollen. Und die Fahrzeuge, die jetzt den Schnee von den Tramgleisen räumen, werden sonst auch zum Schmierdienst eingesetzt. „Wir stellen keine zusätzlichen Kräfte für den Winter ein.“ Höheren Spritverbrauch durch längere Fahrzeiten gibt es laut Wazlak höchstens am ersten Tag jedes Winters, wenn der Verkehr in Berlin üblicherweise zusammenbricht.

Stadtreinigung

„Am 25. Februar hatten wir bereits mit der Frühjahrsgrundreinigung begonnen, jetzt müssen wir wieder von vorne anfangen“, sagt Winfried Becker, Leiter der Straßenreinigung bei den Berliner Stadtreinigungsbetrieben. Zunächst sind seine bis zu 2100 Einsatzkräfte mit ihren 480 Räum- und Streufahrzeugen aber wieder damit beschäftigt, den Schnee zu beseitigen. „Das ist einer der drei stärksten Winter seit Beginn des Jahrtausends“, sagt Becker. Der Verbrauch an Feuchtsalz und Split dürfte etwa doppelt so hoch liegen wie im vergangenen Winter. Während der Winterdienst zu den üblichen Schichtdienstzeiten von den Straßenreinigungsgebühren gedeckt wird, werden alle darüber hinaus gehenden Einsätze vom Senat bezahlt. Im eher durchschnittlichen Winter 2011/12 lag diese Summe laut Becker mit rund 20 Millionen Euro eher im unteren Bereich. In diesem Winter dürfte es ein deutlich höherer Betrag werden, den man erst nach Abschluss der Frostperiode genau beziffern kann. In einem extrem strengen Winter können es schon einmal 40 Millionen Euro werden.

Flughäfen

„Wir haben die ganze Nacht über geräumt“, sagt der Berliner Flughafen-Sprecher Lars Wagner. Insgesamt 200 Mitarbeiter sind an beiden Flughäfen im Zwei-Schicht-Betrieb mit jeweils 30 Spezialfahrzeugen im Einsatz. Start- und Landebahnen, Rollwege und Vorfeldflächen müssen regelmäßig vom Schnee befreit werden, was in diesem Winter häufiger der Fall ist. Sind die Winterdienstfahrzeuge unterwegs, muss die jeweilige Piste vorübergehend gesperrt werden. In Schönefeld, wo es nur eine aktive Bahn gibt, ruht dann der ganze Flugverkehr. Während die Kosten für die Schneeräumung in den allgemeinen Flughafengebühren enthalten sind, müssen die Luftverkehrsgesellschaften für die notwendige Enteisung ihrer Maschinen individuell bezahlen. Bei einem größeren Flugzeug sind das ein paar tausend Euro. Witterungsbedingte Verspätungen oder Flugumleitungen gehen ebenfalls auf das Konto der Airlines.

Straßenzustand

„Diese Wetterlage mögen Tiefbauämter überhaupt nicht“, seufzt Pankows Stadtentwicklungs-Stadtrat Jens-Holger Kirchner (Bündnis90/Grüne). Das am Tag entstehende Tauwasser dringt durch die Risse in den Asphalt ein und sprengt diesen, wenn es in der Nacht wieder gefriert. Die Folge ist, dass sich der Straßenzustand hier wie in den anderen Bezirken weiter „dramatisch“ verschlechtert. Allein seit Jahresbeginn sind dem Bezirk beim Flicken der gröbsten Schlaglöcher gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres Mehrkosten in Höhe von rund 100 000 Euro entstanden. „Wenn es noch zwei Wochen so weiter geht, kommen weitere 25 000 Euro dazu“, so Neuköllns Baustadtrat Thomas Blesing (SPD). Immerhin haben Senat und Abgeordnetenhaus in diesem Jahr die 25 Millionen Euro des sogenannten Schlaglochsonderprogramms frühzeitig freigegeben, damit die Bezirke besser planen können. Doch auch das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Neukölln bekommt 2,4 Millionen Euro. Um die Straßen halbwegs auf Vordermann zu bringen, benötigt Blesing den zehn- bis zwölffachen Betrag.

Private Schneeräumdienste

Die meisten privaten Schneeräumdienste haben Pauschalverträge geschlossen, die sich an einem durchschnittlichen Berliner Winter orientieren, so Katja Heers, Vorsitzende des Berliner Verbandes gewerblicher Schneeräumbetriebe. Deshalb dürften auf die Haus- und Grundstückseigentümer trotz der langen Schneefallperioden in vielen Fällen keine Mehrkosten zukommen. Und Mieter müssen deshalb auch nicht mit nennenswerten Steigerungen des Schneebeseitigungsanteils in den Betriebskosten rechnen, sagt der Sprecher der Verbandes Berlin Brandenburgischer Wohnungsunternehmen, David Eberhard. Umgekehrt reduziert jeder Schneetag aber den Ertrag der Räumdienste, deren Aufwand zu 70 Prozent aus Vorhaltekosten besteht.

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