Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) soll im Sommer ihrem Förderer Peter Müller als neue Ministerpräsidentin nachfolgen. Als seine Ministerin stieg sie zur beliebtesten Politikerin im Saarland auf
Akten zeichnet sie mit „AKK“. Auch der örtliche Ableger der Bild-Zeitung in Saarbrücken verwendet lieber das politische Härte suggerierende Kürzel, zumal ihr Doppelname für Boulevardschlagzeilen nicht taugt. Annegret KrampKarrenbauer ist seit zwölf Jahren eine feste politische Größe im Saarland. Eine Frau, die hier fast jeder kennt.
An der Seite ihres Förderers und Weggefährten Peter Müller ist die Arbeits- und Familienministerin zur beliebtesten Politikerin des kleinsten deutschen Flächenlands aufgestiegen. Als Nachfolgerin des nach Karlsruhe strebenden saarländischen Ministerpräsidenten wird man die 48 Jahre alte Christdemokratin vom Sommer an auch bundesweit wahrnehmen – im „Reich“, wie Rest-Deutschland an der Saar auch 44 Jahre nach dem Beitritt zur Bundesrepublik immer noch genannt wird.
Von dem sieben Jahre älteren Müller, aber auch von dessen Vorvorgänger Oskar Lafontaine hat die Politikwissenschaftlerin gelernt, zum richtigen Zeitpunkt den Mund aufzumachen und mit gezielten, manchmal auch provokanten Einwürfen in überregionalen Medien präsent zu sein. Allerdings will sie ihre Wortmeldungen etwa zur Reform der Hartz-IV-Gesetze „klug dosieren“. Nur um bundespolitische Aufmerksamkeit zu erregen, werde sie nicht den Platz in den Medien suchen. Wenn sie jedoch der Auffassung sei, „das Thema ist wichtig“, werde man von ihr hören. In der Bundespartei ist sie als stellvertretende Bundesvorsitzende der Frauen-Union schon seit Jahren gut vernetzt, sie gehört jedoch nicht zum sehr übersichtlichen „Girls camp“ von Angela Merkel und vermeidet, wie der Andenpaktbruder Peter Müller, eine allzu große Nähe zur Kanzlerin.
Zuletzt wurde dies sichtbar in der Debatte über die Einführung einer Frauenquote in den Vorstandsetagen deutscher Unternehmen. Da warb AKK, wie ihre Parteifreundin Ursula von der Leyen, für eine gesetzlich verpflichtende Mindestbeteiligung von Frauen. Merkel hingegen schlug sich auf die Seite ihrer Familienministerin Kristina Schröder, die gegen eine „Zwangsquote“ ist und der Wirtschaft noch etwas Zeit einräumen will. Für die stets pragmatisch denkende Politikerin von der Saar kein Beinbruch. Besser eine „FlexiQuote“, die Chancen hat, auch von der FDP akzeptiert zu werden, als die bisherige, komplett freiwillige Lösung, die den verschwindend geringen Frauenanteil nicht gesteigert hat: „Hauptsache es gibt eine Quote.“
Die Tochter eines Sonderschulrektors aus Völklingen hat den Aufstieg an die Spitze ohne Quote, aber mit männlicher Hilfe geschafft. „Ich habe das Glück, einen Mann zu haben, der sehr familienorientiert ist.“ Mit ihm, einem Bergbauingenieur, traf sie Ende der achtziger Jahre nach der Geburt des ersten von drei Kindern – zwei Söhne und eine Tochter – eine Absprache, die auch heute noch in den meisten Familien Seltenheitswert hat: „Wer im Moment mehr verdient, geht ganztägig arbeiten.“ Nach dem CDUWahlsieg 1999 fand der im katholischen Saarland ungewöhnliche Rollenwechsel im Hause KrampKarrenbauer statt. Nach einem kurzen Zwischenspiel als Parlamentarische Geschäftsführerin, in der sie souverän die CDU-Fraktion managte, stieg Müllers einstige persönliche Referentin 2000 zur ersten Innenministerin Deutschlands auf. Sieben Jahre führte sie das als klassische Männerdomäne geltende Ressort mit einem kommunikativen Führungsstil, gepaart mit Durchsetzungsstärke. 2007 wechselte sie auf Wunsch Müllers an die Spitze des neu zugeschnittenen Bildungsministeriums. Dieser Posten bescherte ihr als Vorsitzende der Kultusministerkonferenz eine willkommene Fortbildung in der Moderation schwieriger Führungsrunden. In der von ihr und Müller mit dem ausgebufften Grünen-Chef Hubert Ulrich eingefädelten „Jamaika“-Koalition übernahm die CDU-Frau das neue Querschnittsministerium für Arbeit, Familie, Prävention, Soziales und Sport. „Ich bin die Azubiene der Landesregierung“, scherzt die leidenschaftliche Karnevalistin im singenden Tonfall ihrer saarländischen Heimat über ihre drei Ausbildungsstationen zur künftigen Ministerpräsidentin.
Zusammen mit Müller, der die junge Frau 1984 als seine Stellvertreterin in die Spitze der Jungen Union holte, hat sie die SaarCDU in dem strukturell sozialdemokratischen Bundesland auf einem sozial ausgerichteten Kurs gehalten. Es ist ein moderater Linkskurs mit konservativ-christlichen Einsprengseln, ohne den der Wahlsieg über die von Lafontaine geprägte SPD nicht möglich gewesen wäre. „Der politische Weg hat uns geprägt, wir haben unsere gemeinsamen Erfahrungen in der JU und in der Opposition gemacht.“ Die im Laufe der Jahre immer dominanter gewordene Stellung Müllers in der Saar-CDU hat seine Lieblingsministerin nie infrage gestellt: „Bei allem Freiraum, den ich bei Peter Müller im Kabinett hatte, war immer klar: Er ist der Chef.“ Das heißt aber nicht, dass sich Annegret KrampKarrenbauer als Geschöpf Müllers sieht, dem sie allein die Berufung zur designierten Regierungschefin verdankt. Selbstbewusst klingt es, wenn sie mit ironischem Understatement auf die Frage nach ihrer Qualifikation für das Amt antwortet: „Es hat ja einiges für mich gesprochen.“
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