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Jahrhundertflut - Pegel der Angst – die Elbe steigt und steigt

Ostdeutschland leidet besonders unter der neuen Jahrhundertflut. Sie könnte Ausmaße wie 2002 erreichen. Welche Gefahren drohen jetzt noch?

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Steyer, Claus-Dieter

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Während in einigen Hochwassergebieten Deutschlands die Pegel wieder sinken, ist die Lage in Ostdeutschland nach wie vor dramatisch. Und sie könnte sich sogar noch zuspitzen, denn die Elbe schwillt unter dem Zustrom immer größerer Wassermassen aus Tschechien weiter an.

Welche Dimension hat die Flut?

Vielerorts liegen die Pegel von Mulde, Weißer Elster, Elbe und vieler kleinerer Flüsse in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt höher als vor elf Jahren. Das liegt vor allem an den viel größeren Regenmengen, die zwischen Freitag und Montag heruntergekommen sind. Im August 2002 hatte eine sogenannte Vb-Wetterlage im Einzugsgebiet der Elbe viel Wasser beschert.

Diesmal bewegten sich zwei Tiefdruckgebiete über Ostdeutschland und Bayern kaum vom Fleck und lösten einen bislang unbekannten Starkregen aus. Allein in Sachsen fielen von Samstag bis gestern 70 Prozent der für den ganzen Juni sonst üblichen Niederschlagsmenge.

Konnte sich gerade Mitteldeutschland nicht besser auf eine neue Flut vorbereiten?

Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg haben im vergangenen Jahrzehnt mehrere Milliarden Euro in den Hochwasserschutz gesteckt. Es wurden Deiche erhöht oder ins Landesinnere verlegt, Überflutungsflächen ausgewiesen, neue Schutzwände angelegt. Der Katastrophenschutz erhielt eine neue Struktur, die sich nun bewährt. Allein Sachsen bezifferte die Ausgaben dafür auf 130 Millionen Euro. Doch die Dimension der Flut überraschte die Anrainer vor allem an kleinen Flüssen. Oftmals wurde der Hochwasserschutz nicht rechtzeitig fertig. Experten bemängeln seit langem, dass man den Flüssen in den vergangenen Jahren nicht mehr natürlichen Raum gegeben hat.

Wo funktionierte die Abwehr der Fluten?

Es gibt tatsächlich nicht nur Orte mit dramatischen Überflutungen. Eilenburg bei Leipzig blieb so dank neuer Hochwasserbarrieren komplett trocken, während Nachbarorte regelrecht versanken. Auch Freital bei Dresden wehrte das Wasser ab. In Dresden selbst konnte das historische Zentrum bisher vor einer Überflutung wie vor elf Jahren bewahrt werden. Für 130 Millionen Euro kaufte und montierte die Stadt Stahlbarrieren und riesige Wassertanks, die jetzt beispielsweise die Semperoper schützen. Außerdem gab die Stadt der Elbe mehr Raum, indem eine alte Eissporthalle abgerissen und die Fläche zur Überflutung freigegeben wurde.

Die Elbe in Sachsen-Anhalt beschert dem Land das bisher größte Hochwasser. In Halle wurden die traditionsreichen Händel-Festspiele abgesagt. Die Deiche werden auf eine große Belastungsprobe gestellt. Das trifft auch auf die Brandenburger Elbabschnitte in Mühlberg im Kreis Elbe-Elster und in der Prignitz zu. Völlig offen ist, welchen Pegelstand die Elbe in Dresden erreichen wird. Im August 2002 lag er bei 9,40 Metern, so dass hier der weltbekannte Zwinger, die Semperoper und andere Kulturstätten komplett unter Wasser standen. Die Hochwasserschutzwände halten dieser Wasserhöhe stand. Gestern wurden aber schon 7,50 Meter gemessen und der Krisenstab hält sich mit Prognosen zurück. Voraussichtlich am Donnerstag wird mit dem Höhepunkt gerechnet. Zehn oder sogar elf Meter werden nicht ausgeschlossen.

Warum sind Prognosen so unsicher?

In Tschechien sind einige Pegel ausgefallen. Vor allem die in die Elbe mündende Moldau könnte noch viel Wasser mitbringen. Gestern meldete das tschechische Hochwasserzentrum einen Durchfluss von 3000 Kubikmetern pro Sekunde, normalerweise sind es 300 Kubikmeter.

Wie hoch sind die zu erwartenden Schäden?

Noch halten sich die Behörden mit Angaben zurück. In Sachsen zahlten allein die Versicherungen vor elf Jahren 8,5 Milliarden Euro Entschädigungszahlungen aus. Fachleute rechnen diesmal mit einem nur unwesentlich geringeren Betrag. Allein in der 30 000 Einwohner zählenden Stadt Grimma rechnet der Oberbürgermeister mit Schäden von 400 Millionen Euro.

Ersetzen denn die Versicherungen die bei Privatpersonen aufgetretenen Schäden?

Schon in den ersten Tagen des neuen Hochwassers gab es Anträge auf Versicherungsverträge für bedrohte Gebäude. Dafür war es allerdings zu spät. Nach Angaben des Gesamtverbands der Versicherungswirtschaft gilt der Versicherungsschutz nur, wenn in Kombination mit der Wohngebäude- und der Hausratversicherung zusätzlich eine Elementarschadenversicherung abgeschlossen wurde. Die kostet rund 200 Euro für Häuser und 20 Euro für den Hausrat im Jahr. Nur etwa 40 Prozent aller Haushalte besitzen eine solche Elementarversicherung.

Können auch direkt am Fluss lebende Anrainer eine Versicherung abschließen?

Die Versicherungen haben die Wohnverhältnisse in vier Risikozonen eingeteilt. Wer in der Zone 4, also beispielsweise direkt an der Elbe oder am Rhein lebt, hat nur geringe Chancen auf eine Elementarschadenversicherung. Das betrifft etwa ein Prozent aller Immobilienbesitzer. Diese müssen dann auf einen staatlichen Hilfsfonds hoffen.

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