Plenarsaal des Deutschen Bundestages / dpa

Eilanträge scheitern - Wo ist der Hüter der Verfassung, wenn man ihn braucht?

Das Bundesverfassungsgericht hat gestern die Anträge mehrerer Abgeordneter von Linken und AfD gegen die Bundestags-Sondersitzungen verworfen. Die Entscheidungen aus Karlsruhe sind respektlos – gegenüber der Verfassung und gegenüber den Bürgern.

Volker Boehme-Neßler

Autoreninfo

Volker Boehme-Neßler ist Professor für Öffentliches Recht, Medien- und Telekommunikations- recht an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Davor war er Rechtsanwalt und Professor für Europarecht, öffentliches Wirtschaftsrecht und Medienrecht an der Hochschule für Wirtschaft und Technik (HTW) in Berlin.

So erreichen Sie Volker Boehme-Neßler:

Das Problem ist hinreichend bekannt. Klingbeil und Merz wollen mit dem alten – vom Bundespräsidenten aufgelösten – Bundestag mehrere Verfassungsänderungen, eine Aufweichung der Schuldenbremse und ein Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität durchsetzen. In letzter Minute haben die Grünen sogar ein ganz konkretes Klimaziel in das Sondervermögen hineinverhandelt. Ein Teil des Sondervermögens darf ausschließlich verwendet werden, um die Klimaneutralität Deutschlands bis 2045 zu erreichen. 

Das wird Merz in den nächsten Jahren noch bitter bereuen. Denn das hat rechtliche Folgen. Weil die Zweckbestimmung so konkret ist, schränkt sie den politischen Spielraum der nächsten Regierungen empfindlich ein. Nicht jede beliebige Infrastrukturmaßnahme, die irgendwie positiv für das Klima ist, wird sich finanzieren lassen. Geld gibt es nur, wenn die Maßnahme konkret die Klimaneutralität bis 2045 fördert. Eigentlich hat Merz das Sondervermögen dafür gedacht, die finanziellen Möglichkeiten seiner künftigen Regierung zu erweitern. Dafür riskiert er alles: Seine persönliche Glaubwürdigkeit, Vertrauensverluste bei den Wählern und eine Verfassungskrise. Durch diese Rechnung haben ihm die Grünen einen dicken Strich gemacht.

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Hans Jürgen Wienroth | Sa., 15. März 2025 - 17:02

Ein Rechtsstaat zeichnet sich für mich dadurch aus, dass in seinen Urteilen eine bestimmte Kontinuität besteht und er nicht heute so und morgen ganz anders entscheidet. Das höchste deutsche Gericht hat in der jüngeren Vergangenheit zwei Urteile gefällt, die sich für diese Entscheidung heranziehen lassen.

Da ist zum einen das „Klimaurteil“, in dem das Gericht der heutigen Generation die Verantwortung für die Zukunft der nächsten Generationen auferlegt hat. Zum anderen hat das Gericht im „Haushaltsurteil“ dem Parlament auferlegt, Ausgaben nicht über das Kalenderjahr hinaus in ferne Zukunft „verschieben“ zu dürfen.

Wenn beides Bestandteil des GG sind, dann kann das Gericht kein UNBEGRENZTES Verschulden, wie es das Sondervermögen Bundeswehr (und innere Sicherheit?) vorsieht, akzeptieren.

Hat das Gericht darüber endgültig entschieden, wurde entsprechend geklagt oder hat das Gericht nur im Eilverfahren entschieden? Falsch halte ich dieses Urteil trotzdem!

Christa Wallau | Sa., 15. März 2025 - 17:38

zu Regierungsbütteln.
Dies ist ja auch kein Wunder; denn die Mitarbeiter gelangen über Parteien in ihre Ämter.

Unabhängiges, neutrales Entscheiden ist einem Richter nicht mehr möglich, der fest eingebunden ist in ein Netzwerk mit einer ganz bestimmten politischen Ausrichtung.

Wenn es eben möglich ist, weist kein "Verfassungshüter" seine eigenen "Spezis" in die Schranken. Das wäre ja noch schöner!
Es gibt doch genügend Prügelknaben, auf die man als Verfassungsschützer einschlagen kann.
Eine ganze Partei mit 20% Zustimmung wurde erfolgreich lahm gelegt und jede Menge Reichsbürger, Hetzer, Verschwörungstheoretiker etc. wurden vor Gericht gezerrt.
Da sage noch einer, daß der VS nicht wirke!

Der Fisch stinkt gewaltig vom Kopf her!
Und so lange dies der Fall ist, können ausgegrenzte Menschen klagen, so viel sie wollen - sie werden niemals Gehör finden und
Recht bekommen.

Keppelen Juliana | Sa., 15. März 2025 - 17:44

ist noch nicht im Amt und kann nicht entscheiden das sind die Fakten. Wie ist denn jetzt eigentlich der Status von Herrn Merz der ist ja dann auch noch nicht im Bundestag und auch kein Kanzler warum und in welcher Funktion kann er dann eine Grundgesetzänderung anleieren und beschließen lassen. Kann da jeder Hinz und Kunz auch wenn er noch nicht im Bundestag sitzt geschweige denn Kanzler ist so eine Sache in Gang setzen?

Wolfgang Borchardt | Sa., 15. März 2025 - 18:30

Jedenfalls die "richtige", die Links-Grün ist und der sich Herr Merz angeschlossen hat, um endlich Kanzler zu werden. Vielleicht muss man Frau Merkel noch dafür dankbar sein, dass sie sein Emporkommen so lange verhindert hat.

Urban Will | Sa., 15. März 2025 - 19:13

Roten Roben den Altparteien mit dieser Farce noch eines signalisierten: Werft uns doch einfach auch noch das Partei-Verbot der AfD vor die Füße, das erledigen wir zwischen Frühstück und Mittagspause. Und zwar auch in eurem Sinne.
Die DDR2.0 ist da, da braucht man keine Phantasie mehr.
Das Volk, der Souverän hat offiziell die Macht, aber „in den Händen“ haben es andere.
Spätestens, wenn die AfD an den Wahlbetrügern, diesen Brandmauer-Christen vorbei zieht, wird es soweit sein: ein paar nette Fresslein beim Lügen-Fritzel im Kanzleramt, dann der Verbotsantrag und innerhalb von ein paar Tagen das Verbot.
Wer noch einen Funken Demokratie-Begeisterung in sich spürt, sollte sich schon mal warm machen. Wir werden wohl bald auf die Straße müssen für unser Land und für die Demokratie. Viel Rückhalt in Politik und Rechtsprechung ist nicht mehr da.
Das linksgrünwoke Geschwür sitzt weit tiefer als wir uns das vorstellen können. Dieses Land ist verrottet und verkommen.

Mathias | Sa., 15. März 2025 - 20:08

Es mag sogar sein, dass streng rechtlich gesehen die Wertung des BVG nicht angreifbar ist. Aber wie in den meisten Dingen ist es Interpretationssache und es gibt Spielraum in beide Richtungen. Auch dem Antrag der Abgeordneten recht zu geben wäre wahrscheinlich nicht angreifbar gewesen. Das ist das Graufeld, in dem sich die Richter bewegen dürfen. Bei diesem Spielraum müssen die Richter das Wohl des Landes im Auge behalten. Und das leidet mit diesem Verlust an Integrität, Glaubwürdigkeit und Vertrauen. Das wäre mal ein Dienst an der Demokratie gewesen

Gisela Hachenberg | Sa., 15. März 2025 - 23:17

Ich bin vollkommen entsetzt, werter Herr Boehme-Neßler. Wem kann ich in diesem Land noch trauen? Den Politikern, egal welcher Partei, nicht mehr. Und nun die Klatsche vom Bundesverfassungsgericht. Welch‘ eine Blamage! Ich glaube, kein normaler, politikinteressierter Mensch kann dieses Urteil im Schnellverfahren verstehen. Es geht nicht um irgendetwas Profanes, sondern um die Zukunft dieses Landes. Langsam verstehe ich die Welt nicht mehr. Halb Deutschland, inklusive Medien und ÖRR, hat nur noch Trump, natürlich im Verbund mit Musk, auf dem Bildschirm. Und in unserem Land werden die Weichen für eine ungute und gefährliche Zukunft gestellt. Keine Demos, kein Aufschrei! Wird schon werden! Sind wir wirklich schon so abgestumpft, bräsig und träge, dass wir alles nur noch ertragen, was die Politiker uns präsentieren? Das Aufwachen kommt dann zu spät! Kein Lamentieren wird helfen, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist! Ich mag Ihre sehr klaren Kommentare sehr, Herr Boehme-Neßler! Danke.

Brigitte Simon | So., 16. März 2025 - 04:26

Verzweifelter Zynismus.
Harbarth ist bei seiner engsten Freundin Merkel. Die ehemalige Bundeskanzlerin besucht zum Rot/Grünen Wahlkampf ihr Schlachtfeld Deutschland und bestimmt erneut die Agenda sowie die Rechtssprechung. Die SED lebt auf.

Brigitte Miller | So., 16. März 2025 - 09:22

das wirklich sein wird, erklärt Markus Krall:
ntspricht fast einem Viertel der Wirtschaftsleistung Deutschlands.
Die Ideen des Merz
"Wer verstehen will, welche katastrophalen Auswirkungen die Merzsche Schuldenorgie auf die privaten Investitionen haben wird, sollte sich das Verhältnis zwischen der geplanten Schuldenhöhe und der Sparquote vor Augen halten. Eine Billion Euro entspricht fast einem Viertel der Wirtschaftsleistung Deutschlands"
und:
"Wie Herr Merz Aufsichtsratschef von BlackRock in Europa werden konnte, wenn er keine Bankbilanz lesen kann, wäre wahrscheinlich eine lustige Debatte wert. Da er offenbar fachlich mit einer so einfachen Sache überfordert ist, tippe ich mal auf Lobbyarbeit als einzige Begründung für sein dortiges Millioneneinkommen".
Tichys

Achim Koester | So., 16. März 2025 - 09:30

und vor allem sehr richtig. Natürlich sind die Verfassungsrichter von den Parteien eingesetzt, und damit geht eine gewisse Verpflichtung einher. Allerdings befürchte ich, dass Ihr Lehramt an der Universität in akuter Gefahr ist, drücke Ihnen jedoch die Daumen, dass wir Ihre hervorragenden Kommentare noch lange genießen dürfen.
Auch nach meinem laienhaften Rechtsempfinden ist der alte Bundestag nach der Auflösung durch den BP nicht mehr beschlussfähig, aber, wie eine befreundete Richterin sagte: Man bekommt vor Gericht keine Gerechtigkeit, sondern lediglich ein Urteil.

Gerhard Fiedler | So., 16. März 2025 - 09:44

Unser höchstes deutsches Gericht, das BVerfG, muss mit Richtern besetzt sein, die eine größtmögliche Unabhängigkeit mitbringen und gewährleisten. Nur so können von diesem Gericht Urteile erwartet werden, die mit Demokratie im Einklang stehen. Das diese Richter, wie es derzeit der Fall ist, von Parteien, Politikern, Gewerkschaften, Kirchen, NGOs und dgl. vorgeschlagen und mit entsprechendem Einfluss durchgedrückt und benannt werden, ist nicht länger hinnehmbar. Vielmehr muss ein gangbarer Weg gefunden werden, den eine Jury mit größtmöglicher Unabhängigkeit zustande bringt. Dies wird gewiss nicht leicht sein, aber das muss geschehen.
Gleiches sollte für unseren ÖRR gelten, sofern er weiterhin mit Zwangsgebühren von allen Bundesbürgern finanziert werden soll. Schließlich trägt dieses Medium in erheblichem Maß zur Willensbildung im Volk bei. Seine jetzige Einseitigkeit, fehlende Neutralität und Besetzung mit vorwiegend grünlinken Journalisten ist ein Skandal.
Höchste Zeit für Reformen!

Ingofrank | So., 16. März 2025 - 10:12

Über sie wachen sollen, ist das Ergebniss völlig klar!
Dieser Staat erinnert mich dermaßen an die Zeit der 80iger Jahre der untergegangenen DDR.
Der Vollkswille und der Wille der Genossen samt ihren Blockflöten Parteien entfernten sich immer gravierender auseinander, einhergehend mit dem wirtschaftlichen Niedergang der DDR der letztendlich im Untergang des Systems gipfelte.
Und dann, ging es ganz schnell.
Um dem entgegen zu wirken ist ein radikaler Neuanfang von Nöten…… Die Abwahl der Grünen Sekte. SPD & CDU werden nach dieser Koalition noch weiter abstürzen. Der Stimmenzuwachs der Af D hat bereits begonnen. ( Focus v heute)

Dat tragische bei all dem, ist die Abstrafung der FDP die in der aktuellen Koalition für Reformen statt Schuldenaufnahe stad und für eine gemeinsame Mehrheit mit der Union warb und als Belohnung eine LT Wahl nach der anderen verlor & nun aus dem BT geflogen ist.
1 Billion Schulden durch die CDU, wer hätte das gedacht.
Mit freundl. Gruß a d Erfurter Republik

Ernst-Günther Konrad | So., 16. März 2025 - 10:20

Erwartbar und frustrierend zugleich. Wie bei Corona auch. Es wird sich nicht mehr mit dem Klageinhalt, mit dem dafür und dagegen auseinandergesetzt, sondern man arbeitet formal die Dinge ab und wenn es irgendetwas gibt, was im Sinne einer Klagenichtzulassung/Erledigung/Abweisung, wie auch immer sich heranziehen läßt, wird das, wie in diesem Fall auch wieder benutzt, um sich ja nicht mit dem Thema auseinandersetzen zu müssen. Und eines sollten wir wissen. Das ist ja nicht Harbarth allein. In jedem Senat sitzen acht Richter. Höre ich da was von abweichenden Meinungen? Irgendetwas darüber, dass ein Richter anders denkt und das auch formuliert? Ja, alles was mit Verfassung zu tun hat, auch ein Haldenwang (noch)schützt alles und jeden, aber nicht mehr unsere Verfassung. Und wenn man dann noch erfährt, dass es Treffen mit den Richtern gibt und gab vor wichtigen Entscheidungen, was soll der Bürger da noch denken? Ich schreibe es immer wieder. Ich habe kein Vertrauen mehr in den Rechtsstaat.

René Maçon | So., 16. März 2025 - 11:22

Das Demokratieprinzip wird auch im Hinblick auf die Funktion der "Schuldenbremse" (Art. 109 GG) verletzt: Die Schuldenbremse verhindert (tendenziell), dass heutige Wähler das Einkommen zukünftiger Wähler verkonsumieren können.

Bei der Verteilung des vom BVerfG (willkürlich gesetzten) CO2-Budget, hat das BVerfG diesen Grundsatz sehr pingelig eingehalten. Beim Verbrauch des Steuerbudgets künftiger Generationen scheint dieser Grundsatz keine Rolle mehr zu spielen.

Der grüne Schimmelpilz legt sich wie ein Schleier auf das Land und erodiert mancherorts auch die Befähigung zum Denken.

Gerhard Fiedler | So., 16. März 2025 - 11:26

"Wir werden wohl bald auf die Straße müssen für unser Land und für die Demokratie."
Da denke ich an GG, Artikel 20 (4), wo es heißt: "Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist". Der Wahlbetrug und dass Vorhaben von Merz und die Ablehnung der Beschwerden dazu von AfD und Linken durch das BVerfG rechtfertigt m. E. diese Notwendigkeit. Oder sehe ich das falsch, Herr Prof. Böhme-Neßler?

Brigitte Simon | So., 16. März 2025 - 11:35

Verzweifelter Zynismus.
Harbarth ist bei seiner engsten Freundin Merkel. Die ehemalige Bundeskanzlerin besucht zum Rot/Grünen Wahlkampf ihr Schlachtfeld Deutschland und bestimmt erneut die Agenda sowie die Rechtssprechung. Die SED lebt auf.

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