- Konnte Obama sein Image aufpolieren?
In Koperation mit Pressekompass.net präsentiert Ihnen Cicero Online jeden Tag die spannendsten Meinungen zum Thema des Tages – handverlesen und kompakt. Heute: Konnte Obama sein Image durch die Rede aufpolieren?
DIE FAKTEN
Mittwochnachmittag hielt Obama im Rahmen seines Deutschlandbesuchs in Berlin eine Rede vor dem Brandenburger Tor. (Pressekompass berichtete)
25 Stunden und 5 Minuten war der 44. Präsident der USA mit seiner Familie in Deutschland.
In seiner Rede sprach er über atomare Abrüstung, Guantanamo, über Freiheit und Frieden, Toleranz, Hunger und Armut.
Das Verhältnis zwischen Amerika und Deutschland wird von den Medien momentan als schwierig eingeschätzt. (Pressekompass berichtete)
Konnte der Besuch Obamas Image in Deutschland verbessern?
DER MEINUNGSKOMPASS
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DER SCHLAGABTAUSCH
Konnte Obama sein Image durch die Rede aufpolieren?
Ja, findet Spiegel Online. US-Präsident Obama ließ seinen gesamten Charme spielen – und hat überzeugt. Der „Visionär“ strahlte „Faszination aus – gerade hier in Berlin“. Das Verhältnis zwischen Berlin und Washington habe gelitten? „Quatsch“. Dem Misstrauen, das ihm entgegenschlug, nachdem das „NSA-Schnüffelprogramm“ öffentlich wurde, ist der „Doch-nicht-so-toll-Präsident“ mit einer „erstaunlichen Charme-Offensive“ entgegentreten. Ein bisschen von diesem „Obama-Style“ täte auch nicht zuletzt Merkel und Steinbrück gut.
Widerspruch von der Welt: Fünf Jahre nach seiner legendären Rede vor der Berliner Siegessäule ließ sich das Publikum nicht mehr von „pathetischen, aber außerordentlich vagen Phrasen“ davontragen. Der Präsident hielt eine „flache Rede“ voll „rückwärtsgewandter Nostalgie“. Doch, wir mögen ihn immer noch. Aber Leidenschaft, Hoffnungen, Emotionen, Euphorie kann er nicht mehr wecken. „Wir sind im Kleingedruckten angekommen.“
Präsident „Obama bleibt Mutmacher und Visionär“, konstatiert die Zeit. Und er hielt eine Rede, „die deutsche Herzen höher schlagen“ ließ. Um Mauern in Köpfen und Herzen ging es, um „Fremdenfeindlichkeit und Borniertheit“. Das zieht. Schon richtig: die Enttäuschungen und Rückschläge der vergangenen Jahre schienen den Hoffnungsträger zermürbt, „müde“ und „verzagt“ gemacht zu haben. Gestern sprach wieder der „alte, vielleicht der wahre Obama“ und hielt eine „zukunftsweisend[e]“ Ansprache mit „Berliner Geist.“ Gut so.
Nein: Prophetische Wirkung entfalteten seine Worte nicht – bilanziert Cicero Online. Die Erwartungen an die Obama-Rede waren trotz aller Skepsis hoch. Der „Mann der Superlative“ hat sich gewohnt in Szene setzen lassen – aber Jubel, Hoffnung und Begeisterungsstürme wie sie vor 50 Jahren John F. Kennedy vor dem Schöneberger Rathaus auslöste blieben aus. Ciao, Obama. War nett.
Historischer Ort, hohe Erwartungen: Das verleitet Obama dazu, in Berlin Luftschlösser zu bauen, kritisiert das Handelsblatt. Hoffentlich ist die Rede nicht nur „ein rhetorisches Leuchtfeuer vor grandioser Kulisse“ gewesen. Immerhin scheint Obama bewusst gewesen zu sein, dass die Abhöraffäre und der Einsatz von Drohnen für die Deutschen keine Kleinigkeiten sind. Ausführlich hat der US-Präsident den Zuhörern die Notwendigkeit des Überwachungsprogramm Prism erklärt, durch das nach seinen Worten mindestens 50 Anschläge vereitelt werden konnten – „Das kann man glauben – oder auch nicht“. Trotzdem ist auch nach der Rede nicht klar, ob Obama nun ein Freund Deutschlands ist oder nicht. „Dazu ist der zwar charmante Obama zu cool, zu unnahbar und emotional zu sehr berechenbar.“
Es heißt, die Liebe zwischen den USA und Deutschland sei erkaltet, die Deutschen mittlerweile keine Obama-Fans mehr. „Oh, really?“, fragt die Süddeutsche Zeitung. Bei seinem Besuch in der deutschen Hauptstadt „lächelt der US-Präsident solche Debatten einfach weg“. Er streichelt den Bundespräsidenten, er herzt die Kanzlerin und liefert „eine eindrucksvolle 25-Stunden-Big-Brother-Show“. Für das Überwachungsprogramm Prism bittet Obama um Verständnis. Er habe versucht, die Balance zwischen Privatheit und Sicherheit finden – außerdem habe Prism Leben gerettet.
Der US-Präsident hat bei seiner Rede an diesem historischen Ort, der Ostseite des Brandenburger Tors, auf ein Übermaß an Pathos verzichtet und verneigt sich damit vor der neueren Geschichte seiner Gastgeber, findet der Tagesspiegel. Nebenbei arbeitete Obama auch gegen das Bild an, das sich etliche zunehmend von ihm machen. Er verneigte sich abermals vor dem deutschen Friedenswillen, auch wenn er es nicht direkt aussprach und betonte die globalen Herausforderungen wie Hunger oder Bevölkerungsexplosion. „Am für die Welt offenen Brandenburger Tor sprach ein Friedensnobelpreisträger. Wo käme das besser an als in Deutschland, vor den Berlinern?“
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