Olaf Scholz im Finanzausschuss
Olaf Scholz (M, SPD), Bundesfinanzminister, sitzt im Finanzausschuss des Bundestags / dpa

Finanzausschuss befragt SPD-Kanzlerkandidaten - Scholz verteidigt Anti-Geldwäsche-Einheit FIU

Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hat im Finanzausschuss des Bundestags Vorwürfe gegen die Anti-Geldwäsche-Einheit FIU zurückgewiesen. Scholz sagte, die Behörde habe in den vergangenen drei Jahren mehr hinbekommen als in 30 Jahren. Die Opposition hingegen sieht strukturelle Defizite bei der FIU.

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Sechs Tage vor der Bundestagswahl hat sich Finanzminister Olaf Scholz (SPD) im Finanzausschuss des Bundestags Fragen zur Affäre um die Anti-Geldwäsche-Einheit FIU gestellt – und die Vorwürfe gegen die FIU zurückgewiesen. Anders als erwartet erschien der SPD-Kanzlerkandidat am Montag doch persönlich in Berlin – und sagte dafür Wahlkampftermine in Baden-Württemberg ab.

Nach der Sitzung sagte der SPD-Politiker, die Behörde habe in den vergangenen drei Jahren mehr hinbekommen als in 30 Jahren. Scholz betonte erneut, die FIU sei personell aufgestockt worden und habe eine moderne IT-Struktur bekommen. Das Meldungsaufkommen werde weiter steigen. Die Kriterien, welche Geldwäschemeldungen an Behörden weitergeben werden, würden weiter verbessert.

Welche Hinweise müssen weitergeleitet werden?

Oppositionspolitiker sehen hingegen strukturelle Defizite bei der FIU. Der AfD-Abgeordnete Kay Gottschalk sagte, der Minister sei für Fehler bei der Behörde verantwortlich. Der FDP-Finanzpolitiker Florian Toncar sagte, die wichtigste Frage sei: „Haben Vorgaben aus Berlin zu riesigen Lücken bei der Geldwäsche-Bekämpfung geführt?“ Es gehe darum, welche der Verdachtsmeldungen der Banken auf Geldwäsche weitergeleitet werden müssen und welche nicht. Es müsse geklärt werden, ob die FIU-Mitarbeiter nur Anweisungen aus Berlin umgesetzt oder selbst entschieden hätten, sagte Toncar. 

FDP, Grüne und Linke hatten die Sondersitzung des Bundestagsausschusses kurz vor der Wahl beantragt, nachdem die Osnabrücker Staatsanwaltschaft eine Durchsuchung beim Finanz- und beim Justizministerium durchgeführt hatte. Hintergrund der Aktion sind Ermittlungen gegen Mitarbeiter der FIU, einer Anti-Geldwäsche- Spezialeinheit des Zolls in Köln, die Scholz' Finanzministerium zugeordnet ist. FIU-Mitarbeiter sollen Hinweise auf Terrorfinanzierung nicht rechtzeitig an Justiz und Polizei weitergeleitet haben. In diesem Zusammenhang wollten die Ermittler Unterlagen aus beiden Ministerien einsehen.

„Es ist keine Petitesse“

FDP, Grüne, Linke, AfD und Union hatten Scholz aufgefordert, persönlich vor dem Ausschuss zu erscheinen und sich nicht – wie einige Ausschussmitglieder selbst – digital zuzuschalten. „Es ist keine Petitesse, dass die Geldwäschebekämpfung in Deutschland nicht funktioniert“, betonte Toncar. „Wer Respekt plakatiert, der sollte auch den Respekt gegenüber dem Parlament und gegenüber der Öffentlichkeit leben.“ Abgeordnete der Union betonten, sie hätten selbstverständlich alle ihre Termine abgesagt. Dabei hatten sie offenkundig nicht erwartet, dass Scholz tatsächlich anwesend sein würde, und für diesen Fall erwogen, ihn gegen seinen Willen in den Bundestag zu zitieren.

Die Durchsuchung in Scholz' Ministerium nur wenige Tage vor der Bundestagswahl hatte Fragen aufgeworfen. So waren die gesuchten Unterlagen der Staatsanwaltschaft nach Darstellung des Justizministeriums bereits lange vorher angeboten worden. Die Staatsanwaltschaft stellt das betreffende Telefonat dagegen so dar, dass das Ministerium die Herausgabe der Unterlagen zunächst ablehnte und auf „den großen Dienstweg“ verwies. So habe man entschieden, Durchsuchungen in beiden Häusern zu beantragen. Übereinstimmend heißt es, dass die Ermittler die fraglichen Unterlagen ohne Probleme einsehen konnten.

Durchsuchung rechtswidrig?

Spekulationen über einen Wahlkampf-Hintergrund gab es unter anderem, weil der Chef der Osnabrücker Staatsanwaltschaft, Bernard Südbeck, ebenso CDU-Mitglied ist wie Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza. Der Sprecher der Ermittlungsbehörde wies diese Spekulationen zurück: Die Ermittlungen würden nicht von Südbeck geleitet, sagte er. Der Verfassungsrechtler Joachim Wieland hält die Durchsuchung dennoch für rechtswidrig. Es gebe „durchgreifende Zweifel an der erforderlichen Verhältnismäßigkeit“, schrieb er in einem Blogeintrag. „Für das scharfe Schwert einer Durchsuchung ist kein Anlass ersichtlich. Sie war nicht erforderlich und deshalb rechtswidrig.“

Die SPD-Abgeordnete Cansel Kiziltepe sagte der Deutschen Presse-Agentur (dpa): „Mittlerweile müssen wir davon ausgehen, dass die CDU eine Staatsanwaltschaft für ihren Wahlkampf missbraucht.“ Knapp eine Woche vor der Wahl werde es schwierig sein, im Ausschuss sachlich zu diskutieren. „Alle Parteien sind im Wahlkampffieber. Teilweise geht es auch darum, von den eigenen Schwächen abzulenken.“

dpa

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Martin Falter | Mo., 20. September 2021 - 14:33

was vor der Wahl alles geht und versprochen wird.
Danach ( egal wer es wird ) erlahmt der Eifer. Dann wird erstmal ein auf zwei Jahre Kassensturz gemacht und ja man muss sich ja auch erstmal eingewöhnen. Ups jetzt ist schon fast wieder die Hälfte der Legislaturperiode vorbei, aber dann geht's gleich los.......

Jochen Rollwagen | Mo., 20. September 2021 - 14:36

Wire-watt ? Wire-Card ? Was datt ? So'n Ding wo man am Geld-Automaten.... ? Wire- ? Nie gehört. Echt ? Ich ? Wer, ich ? Nee. Sorry, aber da kann ich mich jetzt ääächt nicht erinnern.

Cum-Ex ? Auf Ex ? Oder Wie ? Cum ? Ist das Latein ? Wer, ich ? Nee. Ich doch nicht. Muss ich mal gucken. Moment........ Nee. Also, wir sind dran. Wir verbessern das. Aber ich ? Nee. Nie gehört. Echt ? War da was ? Nee. Ist mir entfallen, wenn überhaupt.

FIU ? Was sollen die machen ? Geldwäsche ? Sowas gibt's ? Echt ? Boah. Das's ja 'n Ding. Aber ich ? Nee. Also, wenn ich.... das wüßt ich aber. Da hätte doch wer was gesagt ! Also ich ? Nee.

Kanzler ? Ich ? Wer soll mich gewählt haben ? Wann ? September ? Muß ich mal gucken....... Nee, da war ich weg. Und ich soll ? Nee. Kanzler ? Das wüßt ich aber. Und jetzt soll ich hier auf das Grundgesetz ? Öffentlich ? Einen was ? Eid ablegen ? Ich ? Nee. Also....... Nee.

Kann ich mich nicht erinnern.

Rob Schuberth | Mo., 20. September 2021 - 19:32

Antwort auf von Jochen Rollwagen

Schade, dass Sie beide, meine Herren, nichts zur Sache, oder Thematik beitragen wollten, sondern nur etwas .... ablassen wollten.
Vermutl. sind Sie mit der Materie nicht vertraut.

Sie senken m. E. das ansich hier gute Niveau...schade.

Dorothee Sehrt-Irrek | Mo., 20. September 2021 - 14:55

das hat politische Klasse, Dein PESÖNLICHES ERSCHEINEN, DEIN RESPEKT vor den parlamentarischen Möglichkeiten/Pflichten des Bundestages.
Ich sehne mich nach dieser Bundestagswahl, weil nach meinem Empfinden der Niedergang politischer Kultur damit ein Ende haben könnte.
Frau Merkel ist dann nur mehr kommissarisch im Amt.
Die gewählten Politiker werden dann große Möglichkeiten, aber auch viel Verantwortung haben und noch mehr Probleme.
Darum sich zu kümmern und proaktiv Probleme auch zu verhindern, dafür werden sie gewählt und bezahlt.
Was für eine Freude wählen zu können.
Hoffentlich gibt es ausreichend Desinfektionsmittel vor Ort und auch Masken, für den Fall, dass sie jemand vergisst.
Was ist eigentlich mit Maskenverweigerern?
Darf man denen im Ernst die Ausübung ihrer Bürgerrechte verweigern oder sollte man sie evtl. getrennt wählen lassen, wenn Maskenpflicht bestünde?
Wird bestimmt alles bedacht.
DER SOUVERÄN BETRITT DIE BÜHNE!
Ich verneige mich

Heidemarie Heim | Mo., 20. September 2021 - 16:04

Am entspannten Lächeln des maßgeblichen Delinquenten;) Scholz möchte man nicht meinen, dass es in der Sache darum geht, ob und inwiefern alle, inklusive der Ankläger beim Thema Geldwäsche und hochkrimineller Machenschaften zum Schaden des Staates und bei der Finanzierung von Terrorismus zum Schaden der Inneren wie äußeren Sicherheit versagt haben. Denn egal wer letztendlich dafür verantwortlich ist, mit der nun versuchten "Aufklärung" ist es wie wir alle wissen oder wissen wollen, doch lange nicht getan! Wer soll denn bitte schön die ganzen gemeldeten Verfahren einleiten, begleiten und mit einem entsprechenden Urteil zum Abschluss bringen? Und danach konsequent umsetzen, was auch unpopuläre Dinge wie Abschiebungen oder die vollständige Zerschlagung mafiöser Strukturen beinhaltet? Wer befähigt per Gesetzgebung (Beweislastumkehr, Asylmissbrauch, Datenschutz usw.) unsere Behörden dazu, diese Aufgaben zu stemmen? Darum geht es, und um nichts anderes!!! MfG

Das entspannte Lächeln des Herrn Scholz irritiert auch in Brüssel viele Politiker.
Sie fragen sich, lacht Herr Scholz uns aus in Situationen, die nicht zum Lachen
sind, oder verbirgt er etwas, was für uns nicht zum Lachen ist.

Rob Schuberth | Mo., 20. September 2021 - 19:29

...sondern auch Laschet, der wohl zu gern vergessen will, wer wirkliche Verantwortung für mangelhafte Erfolge bei dieser Unter-Behörde der Finanzbehörden trägt (seine CDU in Persona Schäuble).

Die FDP (F. Toncar) dagegen stellte die richtige Frage.

Soll man wirklich einer CDU-Staatanwaltschaft (u. einem CDU-Richter) glauben, die plötzlich aussagen, das Ministerium habe ihnen die Unterl. unter Einhaltung des Dienstwegs geben wollen (was ist daran falsch?)
Ich glaube an eine gezielte Rufschädigung durch Parteifreunde.
Stimme dem Urteil des Verf.Rechtlers also zu.

Übrigens Scholz hat nur die Rechtsaufsicht und eben nicht die Fachaufsicht.

Der faule Ausdruck vieler Medien jetzt von "er hatte die Aufsicht" zu sprechen ist framing.
Denn nur wenige Wähler kennen den Unterschied u. seine Auswirkung.
Eigtl. müsste überall zu sehen u. hören sein.
"Wie Laschet mit Lügen ins Kanzleramt will".

Bekommen die MSM nat. nicht hin.

Gerhard Lenz | Di., 21. September 2021 - 08:41

Während irgendwelche Ausschußmitglieder, offensichtlich mehr im Wahlkampf-, als im Aufklärungsmodus, vor laufenden Kameras "bedauerten", dass der Herr Finanzminister nicht persönlich erscheinen würde, nahm dieser genau dort seinen Platz ein.

Es ist auch ganz schön erstaunlich, wie "Mr. Konturlos" Achim Laschet plötzlich mit Verve kritisierte, was ausgerechnet sein Parteifreund Wolfgang Schäuble verursacht hatte - die Eingliederung der "FIU" ins Finanzministerium.

Scholz wird die ganze Affaire, die termingericht unmittelbar vor den Wahlen stattfand, nicht so viel schaden, wie von den Gegnern erhofft.

Diejenigen am rechten Rand, die am lautesten krähen, sollten sich mal lieber um ihre eigenen Skandele kümmern - ach so, die Herrschaften Weidel, Meuthen, Reil hatten ja nicht gewusst, dass man für sie wirbt. Und Plakataktionen im Wert von 3 Mio Euro hatten sie auch nicht mitbekommen...
Aber Scholz soll gefälligst jeden Bleistiftstrich seiner Beamten überwachen...

Walter Bühler | Di., 21. September 2021 - 14:42

Antwort auf von Gerhard Lenz

2017, G20 in Hamburg: SCHOLZ VORHER: „Seien Sie unbesorgt: Wir können die Sicherheit garantieren ... Wir richten ja auch jährlich den Hafengeburtstag aus.“ SCHOLZ NACHHER: "In diesem Ausmaß habe sich die linksautonome Militanz eben nicht vorhersehen lassen ... "

So einfach ist das: VORHER die eigene überragende Omnipotenz hinausposaunen ("ich kann alles..."), NACHHER (wenn es schief geht) die Schuld von sich abschieben.

Das, was danach folgte (Cum-ex bei Warburg, Wirecard, FIU ...) wurde genau nach diesem Muster abgearbeitet.

Für mich jedenfalls ist es unmöglich, einen Menschen, der so verantwortungsfremd ist, in ein wichtiges Amt zu wählen, auch wenn ich mehr als 40 Jahre SPD gewählt habe. Wenn er jetzt den Knecht Ruprecht spielt, der allen braven Wählern ein Geldgeschenk (aus der Staatskasse) verpasst, dann wirkt das bei mir nicht.

Leider kann ich aber nicht erkennen, dass eine*r der beiden anderen Triellierer(*innen) signifikant besser wäre.

Ernst-Günther Konrad | Di., 21. September 2021 - 10:28

Wollen wir doch mal festhalten, dass die FIU Ergebnis des 11. September 2001 war und diese Abteilung ursprünglich beim BKA unter der Aufsicht des damaligen BMI de Maiziere stand, der mit einem BFinM Schäuble diese Abteilung 2017 aufgelösen und neu beim BFinM installieren ließ. Scholz und Seehofer haben als Amtsnachfolger dieses Umstrukturierung so übernommen.
Ob es schon unter Schäuble Anweisungen gab oder Vorgaben, wer, was, wann und wie meldet muss genauso ermittelt werden, wie die Umstände, ob inzwischen Herr Scholz als Nachfolger von Herr Schäuble "etwas" übernommen und weitergeführt hat oder gar selbst "regelnd" eingegriffen hat oder die Mitteilungspflicht zur Verdachtsweitergabe an StA irregulär gesteuert hat. Es stellt sich auch die Frage, ob und wie er ggfls. von was etwas wusste oder selber gehandelt hat. So lange gilt auch für Scholz, den ich nicht mag, die Unschuldsvermutung, auch wenn er bezüglich der Vorwürfe als Hamburger OB für mich strafrechtlich verfolgt gehört.

Heidemarie Heim | Di., 21. September 2021 - 12:08

Antwort auf von Ernst-Günther Konrad

Die wievielte "Hornberger Schießveranstaltung" ist das eigentlich lieber Herr Konrad;)?
Großes Tamtam und danach verläuft`s sich im Nichts. Was soll man machen? Sie können den mit Gedächtnislücken Behafteten schließlich nicht zwangsweise eine Flasche Buerlecithin plus einflößen;). Und da Sie und ich wissen oder zumindest vermuten, dass wie sonst auch wahrscheinlich alle irgendwie ihre Pfoten mit drin haben und sich in ihren Methoden nicht groß unterscheiden....siehe Titel;) LG

Gunther Freiherr von Künsberg | Do., 23. September 2021 - 17:59

Das scharfe Schwert der Durchsuchung war deshalb notwendig und verhältnismäßig, weil nur so sichergestellt werden konnte, dass keine Selektion bei der Auswahl der der Staatsanwaltschaft (StA) zur Verfügung zu stellenden Unterlagen erfolgt. (Herdenloyalität).
Wie OS es mit der Vergesslichkeit hält hat er bei Cum Ex hinreichend bewiesen. Wer Besprechungen über Millionen vergisst, dem kann es auch schon mal passieren zu vergessen bestimmte Unterlagen zur Verfügung zu stellen.
Die StA ist bei Vorliegen eines Tatverdachts verpflichtet mit allen gesetzlich zulässigen Mitteln zu ermitteln. Möglicherweise hätte sich ein Staatsanwalt auch einer Dienstpflichtverletzung schuldig gemacht, wenn er die Ermittlungen durch Vorankündigung und freundlicher Bitte um Unterlagen gefährdet hätte. Das der Jurist OS meint, auf Anfrage hätte er schon die Unterlagen ausgerückt zeigt, dass sich seine Vergesslichkeit auch darauf erstreckt, wie die Pflichten einer Ermittlungsbehörde rechtlich gestaltet sind.