US-Außenminister Marco Rubio (2.v.l.) und sein russischer Amtslollege Sergei Lawrow (r.) bei den Gesprächen in Riad am 18. Februar 2025 / picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Evelyn Hockstein

Gespräche zwischen den USA und Russland wegen Ukrainekrieg - Gedämpft bis vorsichtig optimistisch

In Saudi-Arabien sind Vertreter Russlands und der Vereinigten Staaten zu Vorgesprächen über einen Waffenstillstand in der Ukraine zusammengekommen. Wie reagiert die russische Öffentlichkeit auf die von Donald Trump angestoßene Entwicklung?

Autoreninfo

Ekaterina Zolotova ist Analystin für Russland und Zentralasien beim amerikanischen Thinktank Geopolitical Futures.

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Die Berichte über die Ukraine-Friedensgespräche in Saudi-Arabien, die zwischen den Vereinigten Staaten und Russland – aber nicht der Ukraine – stattfanden, deuten darauf hin, dass eine Aussöhnung im Gange ist. Am 19. Februar sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow, Russland und die USA hätten „begonnen, sich vom Rande des Zusammenbruchs wegzubewegen“, und ihre bilateralen Beziehungen hätten nun eine „positive Atmosphäre“. Er lobte US-Präsident Donald Trump dafür, dass er der erste westliche Staatschef sei, der Moskaus Position zur Ukraine und zur Nato verstehe. Später verurteilte Washington die Verwendung des Wortes „Aggressor“ in einem G7-Kommuniqué zur Beschreibung der russischen Invasion in der Ukraine.

Doch der Weg zu einer echten Versöhnung zwischen den USA und Russland, geschweige denn zu einem dauerhaften Frieden in der Ukraine, ist noch weit. Der Sprecher des Kremls, Dmitri Peskow, schien dem zuzustimmen und sagte, dass trotz dieses ersten Schritts zur Wiederherstellung der Beziehungen das Treffen allein noch kein positives Ergebnis garantieren könne.

Krieg als Ergebnis eines langfristigen Patts

Dies ist zum Teil darauf zurückzuführen, wie Russland den Kontext sieht, in dem die Gespräche stattfinden. Traditionell bezog sich Russlands Vorstellung vom Westen mehr auf Europa – auch auf die Teile, die von den meisten Amerikanern oft übersehen werden – als auf die Vereinigten Staaten. Ihr Verhältnis war oft kontraproduktiv. Doch nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und dem Entstehen der Europäischen Union begann Europa, die von den Sowjets frei gewordenen Plätze als Wachstumschancen zu sehen, und wurde damit zu einer unmittelbaren militärischen Bedrohung – so zumindest die Sichtweise in Moskau. Die russische Strategie richtete sich also auf den Westen seiner Grenzen. Die Verstrickung der Vereinigten Staaten in diese Strategie ist auf ihr Bündnis mit Europa zurückzuführen. Der Krieg in der Ukraine ist das Ergebnis dieses langfristigen Patts: Russland konnte nicht Seite an Seite mit der wachsenden antirussischen Regierung in der Ukraine leben, und es konnte nicht dulden, dass die EU und die USA Kiew in dem Krieg unterstützten.

Dies erklärt, warum die russische Öffentlichkeit den Sieg Trumps bei der Präsidentschaftswahl im Allgemeinen so sehr begrüßte: Er versprach, den Krieg gleich am ersten Tag zu beenden. Das hat er natürlich nicht getan, aber viele Russen sehen ihn als jemanden, mit dem ihre Führer zumindest verhandeln könnten. Das ist wichtig, denn sie glauben, dass die USA gleichzeitig die stärkere Macht sind und den Krieg angezettelt haben.

Trump sagt, dies sei ein europäischer Krieg. Und in vielerlei Hinsicht ist er das auch. Die geografische Nähe zu Russland unterscheidet die europäische Realität von der amerikanischen, wo die europäischen Länder ihre Besorgnis über eine mögliche militärische Expansion Russlands nach Westen zum Ausdruck gebracht haben. Außerdem ist der größte Teil der Flüchtlinge aus der Ukraine in die Europäische Union und nicht in die Vereinigten Staaten gegangen, was ebenfalls auf eine stärkere Beteiligung der EU an dem Konflikt hindeutet.

Öffentlichkeit rechnet mit Zugeständnissen

Die Reaktion der russischen Öffentlichkeit auf die Gespräche reicht von gedämpft bis vorsichtig optimistisch. Die Öffentlichkeit ist sich bewusst, dass Verhandlungen Zugeständnisse erfordern, die sie bis zu einem gewissen Grad verkraften kann, und dass ein Krieg, der seit drei Jahren wütet, nicht auf magische Weise an einem Tag beendet zu werden vermag. Dennoch war die Reaktion der Märkte optimistisch. Nach dem ersten Telefongespräch zwischen Putin und Trump erreichte der Kapitalzuwachs 500 Milliarden Rubel (5,7 Milliarden Dollar). Der Enthusiasmus ist der Möglichkeit geschuldet, dass die Sanktionen aufgehoben werden. Es gibt bereits Gerüchte, dass Visa und MasterCard in das Land zurückkehren werden. Der russische Aktienmarkt fiel jedoch, nachdem der saudische Gipfel keine greifbaren Vereinbarungen brachte.

Am Vorabend von Trumps Amtseinführung durchgeführte Umfragen zeigten, dass die Russen ihre Erwartungen an seine zweite Amtszeit gedämpft haben. Den Umfragen zufolge glaubten knapp über 50 Prozent der Russen nicht, dass er sein Versprechen, den Konflikt innerhalb von sechs Monaten zu lösen, einhalten würde. Ihre Zweifel mögen auf Trumps ständig wechselnde Rhetorik und seine übermäßig ehrgeizigen Versprechen zurückzuführen sein. Der Wunsch nach einem Ende des Krieges ist jedoch ungebrochen. Umfragen im Januar zeigten, dass 61 Prozent der Befragten der Meinung waren, dass die Friedensverhandlungen sofort beginnen sollten, während 31 Prozent der Meinung waren, dass der Krieg fortgesetzt werden sollte – letztere Zahl ist die niedrigste, die bisher beobachtet wurde.

Von zentraler Bedeutung für die Lösung des Ukraine-Konflikts ist jedoch, dass man versteht, wo Moskau im Verhältnis zum Westen steht. Russland hat es nicht geschafft, sich selbst zu versorgen; es ist nach wie vor von importierten Technologien und Waren abhängig. Darüber hinaus braucht Russland Investitionen und Devisenzuflüsse – das zeigen Moskaus Pläne, die Ausgaben aus dem Nationalen Wohlfahrtsfonds in diesem Jahr drastisch zu kürzen. Es ist nicht einmal geplant, Geld aus dem Fonds zur Deckung des Haushaltsdefizits auszugeben, während im vergangenen Jahr 1,3 Billionen Rubel für diesen Zweck verwendet wurden.

Russland sieht EU nicht mehr als großen Kunden

Die Wiederherstellung der Beziehungen zum Westen, einschließlich der Europäischen Union, erscheint unrealistisch. Abgesehen von den Sanktionen gibt es noch ein grundsätzlicheres Hindernis zu überwinden: Beide Seiten sehen den jeweils anderen eher als Bedrohung denn als Partner. Russland betrachtet die EU nicht mehr als den großen Kunden, der sie einmal war. Die fortschreitende Zersplitterung der EU und das nachlassende Wirtschaftswachstum in Deutschland, dem Wirtschaftsmotor des Kontinents, haben Moskau davon überzeugt, dass die Nachfrage nach seinen Ressourcen in absehbarer Zeit nicht wiederkehren wird.

Die Annäherung an die USA war also ein Schritt, der aus der Not geboren und durch die passende Gelegenheit begünstigt wurde. Nachdem sich Russland vom Westen abgewandt hatte, musste es seine Außenpolitik gegenüber dem Osten neu überdenken. Der naheliegendste Partner war China, mit dem Russland komplementäre Interessen verfolgte, die eine dauerhafte Zusammenarbeit in der Zukunft sicherstellten. Es wäre jedoch ein Fehler, anzunehmen, dass sich Russland nur mit wachsenden Beziehungen zu China zufriedengeben würde. Es strebt nach wie vor danach, eine Weltmacht zu werden, und hat daher den Handel mit seinen Nachbarn und vor allem seine militärische Bereitschaft verstärkt. Russland verstärkt seine Militärübungen und seine militärische Präsenz im Pazifikraum und fördert den Nördlichen Seeweg, der in der Beringsee endet. Im Zuge der Stärkung des östlichen Vektors hat der Kreml begonnen, dem Fernen Osten besondere Aufmerksamkeit zu schenken und sich zunehmend auf die Möglichkeit zu konzentrieren, dieses Gebiet zu entwickeln.

Plattform für künftige Kontakte

Diese Möglichkeit wäre ohne den Riss, der sich zwischen den USA und der EU gebildet hat, nicht möglich. Brüssel mag ein direktes Interesse an der Ukraine haben, aber unter Trump haben die USA keines. Moskau hat verstanden, dass Washington seine Position ändert, der wirtschaftlichen Entwicklung Vorrang einräumt und die Sicherheitskosten und -verantwortung an Verbündete auf der anderen Seite des Atlantiks abgibt. Einfach ausgedrückt: Washington sieht die europäische Sicherheit nicht mehr als grundlegendes Anliegen Amerikas an – vor allem, wenn es weiß, dass Moskau seine Macht dort nicht erfolgreich ausüben kann.

Russland ist sich darüber im Klaren, dass ernsthafte Entscheidungen in Bezug auf die Ukraine Zeit brauchen, und versucht daher, die Nachkriegsbeziehungen jetzt zu entwickeln. Deshalb erörterten beide Seiten auf dem saudischen Gipfel die künftige wirtschaftliche Zusammenarbeit, einschließlich der globalen Energiepreise, und vereinbarten, den Weg für künftige Zusammenarbeit und Investitionen zu ebnen. Der Gipfel war sowohl ein Forum zur Beendigung des Ukraine-Krieges als auch eine Plattform für künftige Kontakte. Wenn sich diese Interaktion fortsetzt, wird sie Moskaus Hinwendung zum Osten festigen, von wo jede potenzielle Bedrohung durch die USA ausgehen dürfte.

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Walter Bühler | Fr., 21. Februar 2025 - 16:19

... und auch in Russland kann ich die Bemühungen der Regierung Trump nur begrüßen, den Krieg endlich zu beenden.

Es ist ein Bruderkrieg zwischen zwei eng verwandten slawisch-orthodoxen Völkern, ähnlich dem (ebenfalls von der EU und Deutschland angeheizten) Krieg, der die Selbst-Zerstörung Jugoslawiens. herbeigeführt hat.

Man hätte in den durch den Verfall der UdSSR entstandenen Nachfolgestaatden viel früher neutral kontrollierte Volksbefragungen durchführen sollen und den Willen der Mehrheit der Menschen akzeptieren sollen, die tatsächlich dort leben.

Die von Stalin gezogenen Grenzen waren künstlich.

Es ist falsch, den Nationalismus nur in Russland zu sehen und anzuklagen.

Auch die antirussischen slawischen Nationalisten in der Ukraine und anderswo tragen Schuld am Elend der Region, und natürlich auch die, die diesen unseligen Konflikt von außen anheizen, egal unter welchem Propagandagebimmel.

Transnistrien und Moldau müssen nun offenbar dasselbe Schicksal durchmachen wie der Kosovo.

Was glauben sie, will Trump den Krieg beenden, weil er den USA langsam zu teuer wird oder weil für die gelieferten Waffen nun langsam mal Bodenschätze fällig sind oder weil Donald Trump ganz einfach den Friedensnobelpreis einheimsen möchte ???
Was glauben sie ???
Genau.
Wie im Überraschungsei nämlich gleich drei Wünsche auf einmal.
Zu Gast bei Freunden, die im Falle eines russischen "Njet" den Weltmarkt mit billigem Öl aus Saudi Arabien überschwemmen, wird der Russe sich mit dem Ami ziemlich schnell einig.
Was denken sie, liebe Ciceronen ???
Da bedarf es doch keinen Europäern dazu, mit Gipfeltreffen unter der Fuchtel eines scheidenden Macrons oder des kommenden Übergangskanzlers Friedrich Merz.
Hier passiert große Politik während Europa und vor allem Deutschland eine unaufgeräumte Rumpelbude bleibt.
Es bleibt spannend.

Stefan | Fr., 21. Februar 2025 - 21:14

Ist es verwunderlich, daß Moskau von rechtsradikalen Umtrieben spricht, die in der Ukraine womöglich zum guten Ton gehören, in Deutschland man jedoch nicht einmal eine Alice Weidel respektiert ???
Merz mit Meloni kooperieren sollte, laut Tusk, die deutsche AfD jedoch außen vor steht ???
Sachen gibt's, die gibt's gar nicht.
Oder doch ???

Urban Will | Sa., 22. Februar 2025 - 09:11

überladene Bild der kindsköpfigen Europäer, v.a. Deutschlands, von diesem Krieg sich nicht mehr halten lässt. Es gibt eine Mitschuld des Westens und auch die Ukraine traf die falschen Entscheidungen. Biden teilte die europ. Sicht, weil der den Krieg wollte, um Russland zu schwächen. So denkt Trump gottseidank nicht. Er macht nun Nägel mit Köpfen und nennt nicht nur Ross, sondern auch Reiter.
Die Reaktionen unserer Polit-Clowns war klar, sie heulen und man ließt jetzt, dass die EU neue milliardenschwere militärische Hilfspaktete schnürt.
Das Sandkastenspiel soll weitergehen, offensichtlich sind noch immer sind zu wenige gestorben.
Blutrünstige Ignoranten.

Ich denke aber, es wird nichts mehr nützen. Alea iacta est.

Denn ich denke nicht, dass Trump zu massenhaften Waffenlieferungen zurückkehren wird. Und Putin ist schlau genug, dass er seine Forderungen so stellt, dass Trump zufrieden ist. Selenskyj ist raus.
Die Ukraine hat verloren. Das ist bitter, aber Realität.