- Verteilungskampf am Taxistand
Kolumne: Zwischen den Zeilen. Flüchtlinge lassen sich im Taxi durch Deutschland kutschieren, empört sich Thomas de Maizière. Der Taxipräsident widerspricht. Egal. Die Botschaft wird im richtigen Milieu ankommen
Es ist schlicht unverfroren. Unverschämt. Ja, der Gipfel an Undankbarkeit. Denn es gibt Vertriebene, die nicht das machen, was der Innenminister Thomas de Maizière ihnen sagt. Statt sich freudestrahlend in die Legebatterien namens Erstaufnahmelager zu legen, geht so manch einer einfach woanders hin. Und die ganz Unverfrorenen nutzen als Fluchtmittel – festhalten – das Taxi.
Das sagt zumindest Thomas de Maizière dem ZDF Heute Journal: „Sie gehen aus Einrichtungen raus, sie bestellen sich ein Taxi, haben erstaunlicherweise das Geld, um Hunderte von Kilometern durch Deutschland zu fahren.“
Muss der Normalbürger jetzt also befürchten, nicht einmal mehr ein Taxi zu bekommen? Beginnen die Verteilungskämpfe also bereits am Taxistand? Was nehmen die uns eigentlich noch alles weg? Ich frage jemanden, der es wissen müsste: den Präsidenten des Deutschen Taxi- und Mietwagenverbands, Michael Müller. Wie viele Flüchtlinge denn so mit den Taxi durch Deutschland reisen, will ich wissen. „Das nennenswert Flüchtlinge durch Deutschland gefahren werden, ist uns nicht bekannt“, sagt Müller. Ich verweise auf die Worte des Innenministers. Das könne man nicht bestätigen, erklärt Müller. Gut. Dann muss der Innenminister also andere Quellen haben.
Und die Frage, ob die Branche vielleicht sogar einen heimlichen Boom erlebt, weil der Flüchtling sein Erspartes in Taxifahrten investiert, kann ich mir also schenken.
Taxi de Maizière
Vermutlich ging es dem Innenminister sowieso um etwas ganz Anderes. Vermutlich will er in diesen für Konservative unerträglichen Willkommenstagen den Blick fürs Wesentliche schärfen. Für die Gefahren. Mit Hilfe eines solchen Taxibeispiels lassen sich doch die herrlichsten Geschichten transportieren. De Maizière verschafft den umsorgten Menschen da draußen noch einmal einen ganz anderen Blick auf den gemeinen Flüchtling. Und die Erzählung vom superreichen Taxisyrer ist wirklich mal etwas anderes.
Nein, Thomas D. denkt gar nicht daran, die schlechten Nachrichten den Rechten zu überlassen. Unerschrocken legt er den Klartextfinger in weitere Wunden: „Sie streiken, weil ihnen die Unterkunft nicht gefällt, sie machen Ärger, weil ihnen das Essen nicht gefällt, sie prügeln in Asylbewerbereinrichtungen.“
Zu den Fakten: In den Zelten sitzen auf engstem Raum Tausende, dicht an dicht gedrängt, menschenunwürdig. Täglich fluten Hunderte weitere die bereits überfüllten Zelte. Sie werden abgetastet, nach Messern und Waffen durchsucht. Nicht von der Polizei, sondern von privatem Sicherheitspersonal. Der Staat hat hier längst die Kontrolle abgegeben. Die Polizei meldet Taschendiebstähle, Sachbeschädigungen, Unterschlagungen, Körperverletzungen, Sexualstraftaten, Messerstechereien, bis hin zu einem versuchten Tötungsdelikt. Auch in diesem Jahr wird die Polizeistatistik über 2.000 Einsätze und 400 Körperverletzungen verzeichnen. Und das innerhalb von nur 16 Tagen. Auf dem Oktoberfest.
Entschuldigung, das waren die Fakten zum falschen Zelt.
Zurück also zum Innenminister: Der hat nun wirklich alles im Griff. Er weiß genau, wie man das Publikum für die Flüchtlingsthematik begeistert. Wahrlich herzallerliebst, wie stilsicher er die richtigen Prioritäten setzt. Hauptsache, man zeigt aber mal so richtig klare Kante und Hauptsache, es bleibt was hängen: Marodierend. Muslimisch. Flüchtig. Und Taxifahrend.
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