Kathrin Schmidt / Antje Berghäuser

Kathrin Schmidt im Porträt - Schratin mit Schreibblockade

Im deutschsprachigen Literaturbetrieb gilt Kathrin Schmidt als Geächtete. In den Wendejahren vom Feuilleton gefeiert, gilt sie heute vielen Kritikern als zu rebellisch.

Autoreninfo

René Schlott, geboren in Mühlhausen/Thüringen, ist Historiker und Publizist in Berlin.

So erreichen Sie René Schlott:

Kathrin Schmidt wird wieder eingeladen. Die 1958 in Gotha geborene Schriftstellerin war Anfang Juli beim Poesiefestival Berlin zu hören. Ende August ist sie zu Gast in einer Gesprächsreihe des Pen Berlin in Eisenach. Und zum 100. Todestag von Franz Kafka sprach sie kürzlich an der Berliner Akademie der Künste im Rahmen einer prominent besetzten Konferenz. 

Und doch hat sich zwischen der Trägerin des renommierten Deutschen Buchpreises und dem deutschen Literaturbetrieb ein Riss aufgetan. Lange wurde Schmidt gemieden. Als sie 2021 Dresdner Stadtschreiberin wurde, ging ein Aufschrei durch die Feuilletons über die „abgedriftete“ Autorin. Im gesamten Jahr 2023 hatte Schmidt nur eine einzige öffentliche Lesung. Der Sammelband, in dem ihr letzter Artikel („Die Politik der Angst und die Poesie der Furchtlosigkeit“) erschien, wurde nach wenigen Monaten vom Markt genommen.

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Wilfried Düring | Mo., 19. August 2024 - 13:53

"Was darf man eigentlich noch sagen?
Ich kann mich nicht mal mehr beklagen,
weil ich dann meist mit Luthers Sprache
mir mehr als Tausend Feinde mache!
Benutze ich ein falsches Wort
haut man mich in den Orkus fort
...
Weiss nicht, was ich noch sagen kann,
ich bin ein weißer alter Mann.
So nennt man mich, wenn ich nicht höre -
ich hab es schwer, bin nicht mal queere.
Ein Hetero mit hohen Kosten
- zu allem Übel aus dem Osten - ;
viel tiefer kann man gar nicht sinken,
mir bleibt nur eins - mich zu betrinken. ..."

So formuliert es der grandiose dunkel-deutsche Liedermacher Hans-Eckard Wenzel in seinem Lied 'Alter weißer Mann' (auf Wenzels youtube-Kanal vollständig abrufbar). Wenzel - ein dezidiert 'linker' Liedermacher und Pazifist wurde 35 Jahre nach dem Ende der SED-Zensur-Regimes vom Leipziger Club 'WERK2' mit Auftrittsverbot belegt.
(vgl. die interessante Diskussion im Leipziger Lokal-Blatt 'Kreuzer').
In diesem Sinne Frau Schmidt:
Prost! und Wilkommen im Club.

Volker Naumann | Di., 20. August 2024 - 07:40

Antwort auf von Wilfried Düring

Ausdrücklich vielen Dank für diese Info, leider habe ich diese
Szene nicht verfolgt, da ich berufsbedingt eher bei den technischen
Irrungen und Wirrungen der Ampel mit Grausen an unsere Zukunft
denke. Allen Zeilen des Gedichtes bis auf die letzte stimme ich zu,
betrinken werde ich mich nicht. Auch "Schönsaufen" hilft nicht mehr,
eventuell bleibt die Hoffnung auf "Abwählen".

MfG

Dorothee Sehrt-Irrek | Mo., 19. August 2024 - 14:37

sogar poetisch abgeholt werden.
"sommerschaums ernte" klingt vielversprechend.
Diese evtl. leider "Pandemieapokalypse", darunter lief, gefühlt, in den Merkeljahren nicht viel, wird vielleicht einem entspannteren "Nachsommer" weichen.
Jedenfalls bitte keine "Abrechnung".
Ich kenne die Autorin überhaupt nicht.
Es war sowenig Zeit für Poesie...
aber deren Sehnsuchtsorte bleiben.
Sie ist laut Wiki Mitglied der "Basis".
Menschen mit DDR-Hintergrund gebe ich politisch viel Kredit.
Davon konnte auch Frau Merkel bei mir profitieren.
Sie hätte vielleicht sprechen wollen, aber gelernt hat sie es evtl. nicht.
Dagegen Kathrin Schmidt, für ihre Sprachwerke hohe Auszeichnungen.
Sie schreibe "magisch"-feminin?
Seit der magischen Qualität der Texte von Christa Wolf bin ich eigentlich gesättigt, aber vielen fällt die nicht einmal auf.
Es gibt aber wieder Räume des Magischen, "Perfekt verpasst", "Chantal im Märchenland"... im Alltag.
Mal schauen
Das baut wieder Brücken in die Literatur.