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Moscheebrände in Deutschland - Ein Angriff auf die Demokratie

Kolumne: Zwischen den Zeilen. Wenn in Deutschland Moscheen brennen, dann brennt die Demokratie. Das geht uns alle an

Autoreninfo

Timo Stein lebt und schreibt in Berlin. Er war von 2011 bis 2016 Redakteur bei Cicero.

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Vielleicht lese ich die falschen Zeitungen. Vielleicht schaue ich die falschen Sendungen. Vielleicht. Doch ich habe den Eindruck, dass wir gerade bei einem Thema nicht so richtig hinschauen – hinschauen wollen. In ganz Deutschland gab es in den letzten Wochen mehrere Anschläge auf Moscheen: In Bielefeld legten Unbekannte in zwei Moscheen Feuer, in Berlin brannte ein Anbau aus, in Oldenburg flogen Brandsätze, in Mölln ist eine Moschee innerhalb weniger Wochen zuerst beschmiert und dann bepinkelt worden. Die Polizei ermittelt in alle Richtungen.

Die Vorfälle sind dokumentiert. Und bleiben doch Randnotiz. Wir finden sie als Nachricht, als Einspalter vielleicht, als kurze Meldung. Die Aufbereitung, der gesamtgesellschaftliche Kontext, die Einordnung fehlt. Wo bleiben die Leitartikel, die der bloßen Nachricht einen Hintergrund geben? Auch die Solidaritätsbekundungen bleiben auf Nebengleisniveau.

Normalerweise sind mir Gotteshäuser relativ Wurst, interessieren mich allenfalls architektonisch. Wenn sie aber vermehrt Ziel von Anschlägen werden, dann brennt nicht nur ein Gebäude, dann brennt die Demokratie.

Und dann finde ich doch eine Einordnung. Einen Versuch zumindest. Auf Zeit Online. Immerhin. Der Autor kritisiert, dass der Aufschrei ausbleibt und bemängelt, dass die Öffentlichkeit keiner anderen Gruppe so schulterzuckend gegenüberstünde, wie es bei Muslimen der Fall sei. Über Inhalt und Richtung des Textes lässt sich streiten, doch die bemerkenswerte feuilletonistische Nichtresonanz und vor allem die Kommentare unter dem Artikel scheinen die These des Autors zu bestätigen.

Dort ist man sich einig. Der Tenor: Ist doch klar, kein Wunder, dass die Muslime hier unter Beschuss geraten, wenn ihre Glaubensbrüder im Irak und Syrien Menschen abschlachten. Erstaunlich. Da brennen Moscheen, und das kommentierende Bildungsbürgertum arbeitet sich in erster Linie an der Bösartigkeit des Islam ab.

Der Muslim ist selbst Schuld. Es ist eben jene Lesart, die im Netz den Applaus sicherstellt, die so gefährlich und ungeheuerlich zugleich ist. Eine Lesart, die aus mehrheitlich friedlichen Muslimen radikale Islamisten macht.

Vergessen wir nicht, dass sich der IS zuallererst gegen Muslime selbst richtet. Und warum wird eigentlich gebetsmühlenartig wiederholt, die hiesigen Islam-Verbände hätten sich von IS und Islamismus distanzieren müssen, wo sich in Wahrheit doch mittlerweile jeder popelige XY-Verein längst rauf- und runterdistanziert?

Stattdessen nimmt auch hierzulande die Witterung Fahrt auf. Fanatische Islamisten morden im Nahen und Mittleren Osten und bei uns sinkt die Hemmschwelle, dem Ressentiment endlich Ausdruck zu verleihen. Es passt in dieses Klima, dass die Nachricht, die Polizei ermittle in einem Brandfall gegen einen Jordanier, größer gehängt wurde als die Brände selbst. Schau her, die zünden sich selber an, na also, war doch klar.

Der bereits erwähnte Zeit-Online-Artikel bringt im Übrigen auch den Cicero und dessen Titel der August-Ausgabe „Ist der Islam böse?“ ins Spiel. Und deutet zumindest an, dass derartige Fragstellungen das Klima vergiften. Das ist natürlich Quatsch. Weil diese Frage natürlich genauso gestellt werden darf wie etwa jene nach dem Antisemitismus bei Luther und in der evangelischen Kirche (April-Ausgabe), und weil auf die Frage eine differenzierte Auseinandersetzung folgt. Richtig ist aber, dass der Applaus leider auch von der falschen Seite kommt – von jenen, die Religionskritik missbrauchen, um ihr braunes Süppchen darin zu kochen.

Dass wir uns nicht missverstehen: Ich will mich nicht distanzieren, nicht rechtfertigen, ich will mich erklären. Ich selbst habe immer Kritik am Islam und im Besonderen am politischen Islam, dem Islamismus, geübt. So wie ich an jeder Religion Kritik übe, die der Freiheit und dem Individuum zu nahe kommt. Denn monotheistische Religionen stehen immer in Konkurrenz zu einer weltlichen Ordnung, zur Demokratie. Immer mussten Freiheit und Recht gegen sie erkämpft werden. Der Islam ist die Religion, die den politischen Herrschaftsanspruch zurzeit am nachdrücklichsten verbalisiert. Ihr fehlt der säkulare Druck am meisten. Das zu thematisieren bleibt Aufgabe eines jeden aufgeklärten Demokraten. Eine solche Kritik richtet sich gegen das Konzept Religion als Ideologie, nicht gegen die hier lebenden Muslime.

Die beste Antwort auf die Moscheebrände hat im Übrigen der Präsident der Islamischen Föderation in Berlin, Fazlı Altın, vor der ausgebrannten Mevlana Moschee in Berlin-Kreuzberg gegeben: „Doch wir müssen darauf achten, nicht in eine Opferrolle zu fallen und von den Medien nur so wahrgenommen zu werden. ... Wir dürfen nicht nur kritisieren, sondern müssen Vorbilder sein und nachahmenswerte Wege aufweisen. Die beste Antwort von uns Muslimen auf Ungerechtigkeiten ist es, dass wir erfolgreich sind, gute Arbeit leisten und aktiv am gesellschaftlichen Leben teilnehmen.“

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