Juan Guaidó beantwortet Fragen in eine Schar von Mikrofonen
Juan Guaidó als neues Staatsoberhaupt von Venezuela stützt sich auf die venezolanische Verfassung / picture alliance

Venezuela - Unruhige Zeiten für Despoten

Soll der Westen Juan Guaidó als neues Staatsoberhaupt von Venezuela anerkennen? Russland und China sträuben sich dagegen, ebenso wie Deutschlands Linke. Ein Gutachten des Deutschen Bundestags scheint ihnen recht zu geben. Doch dessen Verfasser irren sich

Porträt Matthias Herdegen

Autoreninfo

Matthias Herdegen, Jahrgang 1957, ist Direktor an den Instituten für Völkerrecht und öffentliches Recht an der Universität Bonn. Er studierte Rechtswissenschaften in Heidelberg und Cambridge und war Gastprofessor unter anderem in Paris, New York und Mexiko-Stadt.

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Der Streit um die Anerkennung von Juan Guaidó, dem Präsidenten der Nationalversammlung, als neues Staatsoberhaupt von Venezuela lässt alte Konfliktlinien im Kräftespiel der Großmächte aufleben: auf der einen Seite die Unterstützung der USA und der meisten anderen „westlichen“ Staaten für den Präsidenten der Nationalversammlung als neues, verfassungsmäßiges Staatsoberhaupt – auf der anderen Seite das beharrliche Festhalten Russlands und Chinas am Diktator Nicolás Maduro. Dabei geht es um mehr als bloß um Fragen der Verfassung Venezuelas oder um den Schulterschluss autoritärer Regime. Im Streit über die Führung des südamerikanischen Ölstaats scheinen imperiale Verhaltensmuster der Großmächte auf, die den Kalten Krieg und das in Hoffnung auf eine liberale Weltordnung ausgerufene „Ende der Geschichte“ überdauert haben.

Die Anerkennung von Parlamentspräsident ­Guai­dó stützt sich nicht nur auf seine Stellung als Repräsentant der einzigen demokratisch legitimierten Institution Venezuelas sowie auf die Unterstützung weiter Bevölkerungsteile. Sondern auch auf die venezolanische Verfassung. Dies wird verkannt, wenn Guaidó als selbst ernannter Präsident bezeichnet wird. In Venezuela gab es nämlich keine freien, demokratischen Präsidentschaftswahlen, die ein verfassungsrechtliches Mandat für Maduro begründet hätten. Und in der Situation eines Vakuums an der Staatsspitze bestimmt die venezolanische Verfassung den Präsidenten der Nationalversammlung zum Interimspräsidenten.

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Ernst-Günther Konrad | Mi., 20. März 2019 - 11:35

wenn es nur um die Verteidigung demokratischer Werte ging und nicht auch um das ÖL und den Einfluss auf eine jeweils neue Regierung. Es ist ein Traum zu glauben, dass die Europäer und die USA und andere, das alles nur wegen der gemeinsamen Werte tun. Wir sehen es ja bereits in der EU, was gemeinsame Werte tatsächlich praktisch wert sein können. Mich überzeugt nur eines, wenn es die Verfassung von Venezule vorsieht, das Guaidó Präsident sein soll, dann verhält sich Maduro wider das Gesetz und das Volk hat auch dort das Recht und letztlich die Pflicht, gegen einen Rechtsbrecher vorzugehen. Für mich aus der Ferne läßt sich das alles aber doch nur sehr schwer beurteilen. Fernsehbilder pro Guaidó allein machen es nicht. Das dortige Volk muss ihre Probleme selbst lösen, deshalb bin ich letztlich skeptisch, ob Einmischung von außen hilfreich ist. Ich mag aber auch nicht unbedingt das Interessenlager Maduros per se verurteilen. Er wurde letztlich auch gewählt, trotz angeblicher Fälschungen.

Hubert Sieweke | Do., 21. März 2019 - 00:59

Antwort auf von Ernst-Günther Konrad

Das Öl allein reicht Ihnen aus, um zu spekulieren. Klar, bisher hat Cuba Unmengen Rohäls für seine fragwürdigen Militärleistungen kostenlos erhalten. Ich denke, die USA kännen sich locker anderswo Rohäl beschaffen, wenn überhaupt. SIe haben bis vor kurzem, zum großen Wohle Maduros an den Liefrungen festgehalten, weil man ein riesiges Tankstellennetz in 28 Staaten von CITGO nicht aufgeben wollte.
Ihr Argument, Maduro sein schließlich demokratisch gewählt gilt und dürfe nur von seinem Volk entfernt werden.... aber wie??? Bei 5.000 Generälen etc.
Das Argument nun auf Hitler bezogen hätte geheißen, wir leben noch immer im Reich, denn unser Volk hätte allein nichts ausrichten können.

Norbert Rosendahl | Mi., 27. März 2019 - 11:53

Antwort auf von Ernst-Günther Konrad

sieht eben nicht Guaido als Präsident vor. Das ist das US Narrativ, das mangels genauer Kenntnis gern übernommen wird.
Die Wahl zur Nationalversammlung ist nicht verfassungskonform verlaufen.
5 Abgeordnete wurden von der Wahlkammer des Verfassungsgerichtes wegen Stimmenkaufs und Korruption suspendiert, bis Neuwahlen in den Bezirken sie ggf. bestätigen.
3 der 5 Abgeordneten wurden jedoch widerrechtlich vereidigt. Das Verfassungsgericht hat daraufhin die NV als nicht arbeitsfähig erklärt.
Lt. Verfassung tritt in dem Fall eine Verfassungsgebende Versammlung an die Stelle der NV. Diese wurde von der Regierung verfassungskonform einberufen.
Guaido ist also Vorsitzender eines nicht aktiven Verfassungsorgans und damit ohne Funktion. Auch genießen die Politiker der suspendierten NV damit keine Immunität mehr. Guaido ist also nicht weiter als ein Politiker ohne Amt.

Juliana Keppelen | Mi., 20. März 2019 - 13:17

die Anerkennung eines selbsternannten Interimspräsident ist also eine "Gewichtsverschiebung zugunsten demokratischer Legitimtät" na dann. Ich sehe die Sache einfach so, es ist eine ganz einfache primitive Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines souveränen Staates.

Dorothee Sehrt-Irrek | Mi., 20. März 2019 - 15:41

Wenn der amtierende Präsident keinen Wahlen zustimmt, dann evtl. Guaidó als INTERIMSPRÄSIDENT, da er Präsident der Nationalversammlung ist?
Ich würde die Entscheidung nicht auf die Strasse verlegen.
Guaidó erinnert mich entfernt an Obama. Der wurde gewählt, zweimal!
Investitionen ausländischer Mächte müssen nicht garantiert werden, sollten aber angemessen beachtet werden.
Ich habe schon so meine Auteilung, dass Interessen Russlands und Chinas in Amerika zweitrangig sind, wie auch die EU/Arab./Afrikas.
Et vice versa.
Was aber evtl. weder die Amis noch die EU scheren.
Es geht schon evtl. um so etwas wie Weltherrschaft, jedenfalls eher als Weltfrieden.
An Letzterem kann man wohl nicht genug verdienen?
Ich würde mir seriöse Haltungen der EU wünschen.
Offen gestanden erwarte ich das nicht von den Amis in ihrer mittelbaren Nachbarschaft.
Aber bei militärischem Eingreifen/Bürgerkrieg keine Flüchtlinge aufnehmen?
Merkel meldet sich evtl. rechtzeitig?
Kleinster Scherz am Rande.

Norbert Rosendahl | Do., 21. März 2019 - 13:45

... so eine theoretische Ausarbeitung aber das höchste demokratische Organ bleibt auch in Venezuela das Verfassungsgericht und wenn dessen Wahlkammer 5 Abgeordnete nach der Wahl zur Nationalversammlung wegen Wahlfälschung suspendiert hat, die Nationalversammlung dann aber dieses Urteil missachtet und suspendierte Abgeordnete widerrechtlich vereidigt, muss man sich nicht wundern, dass das Verfassungsgericht die Nationalversammlung solange als nicht wirksam erklärt, bis Neuwahlen die widerrechtlich vereidigten Abgeordneten in ihren Ämtern bestätigen.
Daher wurde die Verfassungsgebende Versammlung einberufen, die die N.V. ersetzt.
Es gibt also im konkreten Fall gar keine wirksame N.V. und damit auch keinen Präsidenten, der sich selbst hätte berufen können.
Guaido ist nichts Anderes als ein nicht amtierender Politiker ohne jedes Sonderrecht.
So funktioniert nunmal Demokratie, auch wenn es den Europäern und Amerikanern nicht passt.

Juliana Keppelen | Fr., 22. März 2019 - 17:13

Antwort auf von Norbert Rosendahl

"selbsternannte Eliten und Experten" doch nicht mit Fakten. Der venezolanische Heilsbringer von US Gnaden, Herr Guaido, ist jetzt der südamerikanische "Jaze" und "Saakaschwilli". (Ironie off)