Illustration: Miriam Migliazzi und Mart Klein

Serie: Blick nach Deutschland - Italien: Was ist nur mit den Deutschen los?

Von den Vereinigten Staaten über Frankreich bis nach China: Was denkt man im Ausland über das krisengeschüttelte Deutschland? In einer siebenteiligen Serie blickt das Ausland auf die Bundesrepublik. Teil 1: Italien.

Autoreninfo

Michael Feth ist seit zehn Jahren in Rom freier Korrespondent für Italien und den Heiligen Stuhl.

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Man konnte es ahnen. Es dauerte nach dem 1. September keine 24 Stunden, da waren sie wieder auf den Titelseiten der Zeitungen, die Klischees von den Deutschen in Wehrmachtsstiefeln. „Warum Neonazi-­Deutschland wieder zur Gefahr wird“, kommentierte etwa ein liberales Journal. Geschenkt. Fairerweise sei hinzugefügt, dass sich die deutschen Medien nach dem Wahlsieg von Giorgia Meloni vor zwei Jahren monatelang mit Warnungen vor einer angeblichen Rückkehr des Faschismus überschlugen – Reflexhandlungen des gängigen Lautsprecher-Alarmismus. Trotzdem, es hat sich etwas grundlegend verändert an der Weise, wie die Italiener nach Deutschland blicken. Man merkt es, wenn man mit Kollegen und Freunden spricht oder mit dem Taxifahrer durch Rom unterwegs ist. „Was ist nur mit den Deutschen los?“, hört man immer wieder.

Pizza und Merkel

Seit zehn Jahren lebe und arbeite ich in der Ewigen Stadt. Die Sicht der Bürger meines Gastlandes auf meine alte Heimat hat sich in diesen Jahren gleich mehrmals drastisch gewandelt. Vor einem Jahrzehnt war die Meinung über Deutschland erschreckend negativ geprägt. Euro- und Schuldenkrise lasteten schwer auf dem Land, die Regierung von Silvio Berlusconi war unter dem Druck der Finanzmärkte gerade gestürzt und durch ein Notstandskabinett unter dem ehemaligen EU-Kommissar Mario Monti ersetzt worden. Rom stand am Abgrund eines Staatsbankrotts und unter Aufsicht Brüssels. „Italien auf den Knien“ und „deutsches Diktat“, so lauteten die Schlachtrufe der antieuropäischen Populisten, die den Grund für die Misere in Berlin und bei Kanzlerin Angela Merkel suchten. Deutschland wurde zum Sündenbock für Italiens jahrelange Misswirtschaft. Es war schier unmöglich, mit italienischen Freunden eine Pizza essen zu gehen, ohne als Deutscher unter Rechtfertigungsdruck für die Austeritätspolitik zu stehen.

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