Kevin McCarthy / dpa

Kevin McCarthy abgewählt - „Ich habe Geschichte geschrieben, oder?“

Kevin McCarthy war seit seinem Start als Vorsitzender des US-Repräsentantenhauses ein Getriebener. Nun jagen ihnen acht radikale Parteikollegen aus dem Amt - mit Hilfe der Demokraten. Das Drama hat gravierende Folgen, nicht nur für die USA.

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Radikale Republikaner haben den Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, in einem historischen Schritt aus dem Amt getrieben und das Parlament so ins Chaos gestürzt. Eine Mehrheit der Kongresskammer stimmte am Dienstag dafür, McCarthy von seinem mächtigen Posten abzusetzen.

Hintergrund ist eine interne Revolte bei den Republikanern. Es ist das erste Mal in der US-Geschichte, dass ein Vorsitzender des Repräsentantenhauses auf diesem Weg seinen Job verliert. Das Drama bringt das US-Parlament bis auf Weiteres zum Stillstand, dürfte den Republikanern politisch sehr schaden und hat Auswirkungen weit über die USA hinaus.

Die Revolte

Der republikanische Hardliner Matt Gaetz und sieben weitere Republikaner vom rechten Rand der Partei stimmten dafür, McCarthy zu entmachten. Die Demokraten im Repräsentantenhaus wiederum verzichteten darauf, McCarthy zu Hilfe zu kommen und votierten ebenso gegen ihn. Die Republikaner haben eigentlich das Sagen in der Kammer, aber nur mit knappem Vorsprung. Die überwältigende Mehrheit der republikanischen Fraktion stellte sich hinter McCarthy, doch durch die acht Rebellen kam eine knappe Mehrheit gegen McCarthy zustande.

Gaetz und seine Mitstreiter warfen McCarthy vor, er habe gegen fraktionsinterne Absprachen verstoßen und mache lieber mit US-Präsident Joe Biden und dessen Demokraten gemeinsame Sache, anstatt die Interessen seiner Fraktion zu vertreten. Gaetz störte sich unter anderem daran, dass McCarthy am vergangenen Wochenende mit den Stimmen von Demokraten einen drohenden Stillstand der Regierung im letzten Moment abgewendet hatte. Gaetz sagte, McCarthy sei Teil des „Sumpfes“ von Washington – ihm sei nicht zu trauen.

Der Anführer

Gaetz gehört seit geraumer Zeit zu den erbittertsten Gegnern McCarthys. Der 41-Jährige vertritt rechte Positionen und verbreitet regelmäßig Verschwörungstheorien. Er steht stramm an der Seite von Ex-Präsident Donald Trump und sagte mit Blick auf die Revolte, er betreibe lediglich „Hausputz“ für die Zeit, wenn Trump an die Spitze der Regierung zurückkehre. Mit seiner Rebellion bekam Gaetz am Dienstag die ganz große Bühne. Diverse Male meldete er sich bei der Debatte im Parlament zu Wort und scharte vor und nach der Abstimmung Dutzende Reporter um sich. Er ist das Gesicht der Rebellion.

Der Verlierer

McCarthy gab nach seiner dramatischen Abwahl eine längliche Pressekonferenz. In einem teils emotionalen, teils angriffslustigen Auftritt teilte der 58-Jährige gegen seine Gegner aus, insbesondere gegen Gaetz. Diesem sei es nie um Inhalte gegangen, sondern allein um Persönliches – und darum, Medienaufmerksamkeit zu bekommen. Nichts von dem, was Gaetz sage, sei wahr. McCarthy beklagte sich auch bitterlich, dass ein Vorsitzender die überwältigende Mehrheit seiner Fraktion hinter sich habe und trotzdem von acht Abgeordneten gemeinsam mit der anderen Partei aus dem Amt entfernt werde. Das Parlament als Institution habe versagt. Mit einem bemühten Lächeln auf dem Gesicht verkündete der Geschasste, er sei mit sich im Reinen und würde im Rückblick rein gar nichts anders machen. Selbstironisch schob er nach: „Ich habe Geschichte geschrieben, oder?“

Die Nachfolge

Wer nachrücken könnte, ist völlig unklar. McCarthy jedenfalls will nicht nochmal antreten – das machte er nach dem Votum klar. Auch Gaetz versicherte, er habe keine Ambitionen, selbst zu kandidieren – er wäre auch nicht mehrheitsfähig. In einer extrem zersplitterten Fraktion ist generell unklar, wer genug Parteikollegen hinter sich vereinen kann. Mehrere Namen gehen um: darunter die bisherige republikanische Nummer zwei in der Kammer, Steve Scalise. Klar ist vorerst nur, dass eine Woche lang gar nichts passiert: So viel Zeit wollen sich die Republikaner nehmen, um sich zu sortieren und Personalien auszuloten. Frühestens Mitte kommender Woche könnte es eine Wahl geben. Wie viele Wahlgänge nötig sein werden, ist offen.

Die Folgen

Bis ein neuer Vorsitzender gewählt ist, geht nichts mehr im Repräsentantenhaus: Alle gesetzgeberische Arbeit liegt vorerst auf Eis. Und das in Zeiten, in denen der Kongress unter anderem die Verabschiedung eines Bundeshaushalts vor sich hat. Ein beschlossener Übergangshaushalt läuft Mitte November aus. Ist bis dahin kein neues Budget verabschiedet, steuern die USA einmal mehr auf einen Stillstand der Regierungsgeschäfte zu, einen „Shutdown“.

 

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Das Parlament muss auch über neue Hilfen für die Ukraine entscheiden. Im Übergangshaushalt sind keine weiteren Hilfen für das von Russland angegriffene Land vorgesehen. Das heißt nicht, dass die USA Kiew von jetzt auf gleich nicht mehr unterstützen. Allerdings geht das bisher genehmigte Geld zur Neige, neue Mittel müssen her. Die internen Kämpfe der Republikaner haben daher auch internationale Auswirkungen.

Noch dazu ist ein verfassungsrechtlich wichtiger Posten unbesetzt. Der Vorsitzende des Repräsentantenhauses kommt in der staatlichen Rangfolge an dritter Stelle nach dem Präsidenten und dessen Vize. Der Republikaner Patrick McHenry übernimmt zwar als Interims-Vorsitzender formale Aufgaben, füllt die Rolle aber nicht politisch aus.

Die Zerreißprobe der Republikaner

Die Aktion ist der vorläufige Höhepunkt eines langen Kampfes der Republikaner um nicht weniger als das Wesen der Partei. Vor dem Votum duellierten sich Gaetz und andere Hardliner auf offener Bühne im Parlament mit moderaten Republikanern. Der Republikaner Tom McClintock beklagte, das Parlament werde gelähmt und Woche für Woche mit fruchtlosen Wahlgängen beschäftigt sein, während die eigentliche Arbeit liegen bleibe. Er sagte voraus: „Die Demokraten werden in der republikanischen Dysfunktionalität schwelgen, und die Öffentlichkeit wird zu Recht abgestoßen sein.“ Der Republikaner Kelly Armstrong schimpfte, seine Fraktion werde von einer kleinen Gruppe als Geisel genommen. Dies könnte den Republikanern am Ende die Mehrheit kosten.

Das Abwarten der Demokraten

Die Demokraten argumentierten, es sei nicht ihre Aufgabe, McCarthy vor dem „Bürgerkrieg“ in den eigenen Reihen zu retten. Es sei an der Mehrheitsfraktion, den Vorsitzenden zu bestimmen. Vorerst könnten die Demokraten von der Implosion der republikanischen Fraktion profitieren. Doch je länger der Stillstand im Kongress dauert, umso größer dürfte der Druck auf sie werden, im Sinne des Landes Vernunft zu zeigen und einen Kompromisskandidaten zu unterstützen.

Der lange Kampf

McCarthy war im Januar erst im 15. Wahlgang ins Vorsitzenden-Amt gehievt worden. Schon das war eine Demütigung historischer Dimension. McCarthy galt dadurch von Anfang an als angezählt. Er musste den radikalen Rechten seiner Fraktion damals weit entgegenkommen, um mit ihrer Hilfe gewählt zu werden. Seitdem trieben sie ihn erbarmungslos vor sich her. Unter anderem hatten die Hardliner in der Fraktion damals durchgesetzt, dass ein einzelner Abgeordneter einen Antrag auf Absetzung des Vorsitzenden stellen kann – was Gaetz nun ausnutzte.

Quelle: dpa

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Ingofrank | Mi., 4. Oktober 2023 - 11:42

deutsche Züge an und ich kann nur hoffen, dass die Ammis klüger sind als die deutschen Moralapostel bei denen die Neutralisierung und das gegenseitige kastrieren immerhin schon 16 + 2 Jahre anhält und das Ende der deutschen (?) Fahnenstange ist noch nicht erreicht.
Und die konservative Ausrichtung ….. hätte vielleicht auch etwas Gutes. Mit Amerika first, wäre der größte Waffenlieferant der Ukraine so gut wie ausgeschaltet & die Chancen zur Beendigung der Kampfhandlungen würden steigen.
Mit freundlichen Gruß aus der Erfurter Republik

Gerhard Lenz | Mi., 4. Oktober 2023 - 11:43

Das passiert eben, wenn sich Konservative mit rechten Populisten, Extremisten und Verschwörungstheoretikern einlassen!
Weil sie fürchten, sie könnten bei Wahlen nicht bestehen, wenn sie einem gewissen Donald Trump nicht bedingungslos folgen? Während der es diesen mittlerweile konturlosen Konservativen vom Schlage eines Kevin McCarthy damit dankt, dass er lieber überall seine eigenen Leute unterbringt?

Für Leute wie Fritze Merz sollte das eine Lehrstunde sein: Hände weg von der AfD! Denn wer sich mit Extremisten einlässt, riskiert es, früher oder später von ihnen abhängig zu sein.

So wie in den USA jetzt Herr McCarthy.
Die Republikaner haben sich Trump (fast) völlig ausgeliefert. Wer noch minimale Kompromissbereitschaft zeigt, wie z.B. beim Haushaltsstreit, wird von der Trump-Fraktion gnadenlos abgestraft. Kaum ein Republikaner wagt es noch, gegen Trump & Co. Stellung zu beziehen. Sonst geht es ihm möglicherweise wie Liz Cheney, die abgewählt wurde.

Erinnert fatal an Meuthen & Co!

Manfred Bühring | Mi., 4. Oktober 2023 - 12:07

Immerhin verfällt das Repräsentantenhaus nicht in diese lähmende Agonie des Bundestages, in dem die Regierungs-Ampel unser Land ohne nennenswerte Gegenwehr gegen die Wand fahren kann.

Andreas Braun | Mi., 4. Oktober 2023 - 12:10

...als hätte ich diesen Artikel fast wortgleich bei SpOn gelesen, was jetzt nicht wirklich ein Qualitätsmerkmal wäre. Es ist nicht Aufgabe der Reps, Bidens merkwürdige Finanzpolitik zu retten. Auch in den Staaten kosten Schulden inzwischen wieder viel Geld und wenn man denn welche machen muss, sollte man schauen, dass sie im eigenen Land nützlich sind. Der Westen hat Unsummen geborgten Geldes in der Ukraine versenkt, ohne dass die Selenskij-Administration irgendetwas sinnvolles zu Stande gebracht hätte. Irgendwann darf es dann auch mal gut sein.

Gerhard Lenz | Mi., 4. Oktober 2023 - 15:35

Antwort auf von Andreas Braun

Meinungen, die Ihnen nicht passen, sind also der Mainstreampresse entliehen. Die natürlich nichts taugt. Und da Ihnen der Beitrag nicht so ganz passt, muss es sich wohl um Mainstream-Meinung handeln.

Der Rest Ihres Kommentars spricht für sich. Die Republikaner haben lediglich den laufenden Ausgaben der Administration zugestimmt. Vielleicht informieren Sie sich zur Abwechslung mal ein wenig, bevor Sie einfach irgendwas behaupten.

Und, auf Ihre seltsame Huldigung für das Putin-Regime bezogen: Es ist richtig und gut, dass der Westen der Ukraine unterstützt.

Ihneen wäre offensichtlich ein Erfolg des Kriegsverbrechers Putin lieber.

Richtig, geht ja gegen den dekadenten Westen.

Armin Latell | Mi., 4. Oktober 2023 - 15:38

Abwechslung mal die Situation im eigenen Lager analysieren. Welche Konsequenzen diese polit. Machtkämpfe in den vsa auf Dummland hat, weiß ich nicht, und das wäre das einzige, was mich dabei interessiert. Aber schlechter kann es eigentlich nicht mehr werden. "Gaetz verbreitet regelmäßig Verschwörungstheorien"-So ein Satz hat inzwischen seine Bedeutung für mich total verloren, egal um was es geht. Viele haben sich im Nachhinein als wahr erwiesen. Mich interessieren die Wahlen hier wesentlich mehr, wo Lügenbarone, Münchhausens und Milliardärsvasallen um Macht und Einfluss intrigieren.

Christoph Kuhlmann | Mi., 4. Oktober 2023 - 20:51

Wer die Ukraine an Putin verschachert, macht dasselbe mit anderen Staaten, zumal die NATO für Trump ja obsolet ist.

Albert Schultheis | Mi., 4. Oktober 2023 - 21:06

Ein McCarthy der sich verselbständigt hat, wird einfach abgewählt! So what?
In Deutschland verselbständigen sich tagtäglich Politiker:Innen und :Außen: sie sagen sich von ihren Wählern los, erklären Kriege, erfinden neue Geschlechter, stellen die Evolution auf den Kopf, Verfolgen verrentete Verschwörer mit 3000 SEK-Polizisten, während die einzige herausragende Oppositionelle samt ihrer Familie mit dem Tode bedroht wird - und nichts passiert! Kein SEK-Beamter rückt aus, kein Nachrichtendienst informiert die Öffentlichkeit. Sie erfinden Corona- und CO2-Narrative, egal, keine wird ge-chasset! Selbst die Nänzie wird recycelt! Aber die Genossen Bolschewiki regen sich tierisch auf und die Ciceronen schwurbeln über den schwefligen Republikaner: "Der 41-Jährige vertritt rechte Positionen und verbreitet regelmäßig Verschwörungstheorien." - Solche Bulkschitt-Sätze muss einer raushauen, solange er anderweitig noch auf journalistische Wiederverwendung hofft!

Das Gewitter folgt nach. Es ist tatsächlich so, trotz aller blödsinnigen Prozesse - Trump ante Portas. Er wird gewählt, weil der amerikanische Wähler es so haben will. Trump wird der 47. Präsident der USA. Solange hält Putin den Krieg in der Ukraine noch hin, damit Trump dann, wie er angekündigt hat, in 24 Stunden Frieden machen kann. Wetten dass? Trump muss und wird mit einigem aufräumen. Das tut not. Er muss nur aufpassen, dass er nicht im offenen Wagen durch Dallas fährt. Ich bin auf unsere "Blödpresse" gespannt und auf "unsere" ARD und ZDF. Wenn sie ehrlich sind, müssen sie einen absoluten Personalwechsel durchführen. Good luck, Mr. President! Nochmal zum Ukrainekrieg: Warum haben unsere Politiker so wenig Verstand und begreifen nicht, dass Russland diesen Krieg nicht verlieren kann. Niemals. Aber dass am Ende in der Ukraine ganze Generationen ausgerottet und dass dieses Land, zum großen Teil selbstverschuldet, eine Trümmerwüste sein wird. Ein Spiel der USA + der NATO. Völkermord

Klaus Funke | Do., 5. Oktober 2023 - 13:09

Vom Typ "Pflegeleicht". Den Demokraten ein genehmer Speaker. Doch Trump, der Geschmähte, der durch Bidens Juristenwirbel im Volk nur noch beliebter Gewordene, Trump wird es machen und bis dahin braucht es einen Speaker, der seinen (Trumps) Kurs zum Sieg trägt. Wir alle werden durch unsere Medien für dumm verkauft, denn die Stimmung ist in den USA durchaus nicht Pro-Biden, sie ist Pro-Trump. So einen wie diesen Windbeutel wollen die US-Amerikaner, einen, der für Skandale sorgt, der die "große Fresse" hat und der auf der Weltbühne für richtigen, aber ungefährlichen Wind sorgt. Ich verwette mein Putinfähnchen, der Trump, der mit der Windstoßfrisur, wird es machen. Und ihr, in den Medien, denkt euch schon was aus, wie ihr den Mann mies reden wollt. Schön wäre es, wenn Trump dazu beitrüge, den ganzen rotgrünen Schimmelpilz weltweit zu entsorgen. Da würde ich einen ausgeben.