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(Riigikantselei/Kaupo Kikkas) Der Juncker von Tallinn: Jürgen Ligi

Euro-Krise - Der nächste Juncker sollte ein Este sein

Der nächste Luxemburger könnte ein Este sein: Warum Jürgen Ligi ein guter Kandidat für die Nachfolge von Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker wäre

Vor kurzem traf sich Angela Merkel mit elf Regierungschefs der Ostsee-Anrainer-Staaten in ihrem Wahlkreis in Stralsund. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso war auch dabei. Im öffentlichen Bewusstsein geblieben ist von diesem Treffen vor allem ein stimmungsvolles Foto der Herrschaften beim Umtrunk in einer urigen Hafenkneipe.

Die Bundeskanzlerin hat aber noch mehr als dieses beschauliche Foto mit nach Hause genommen: die erfreuliche Erkenntnis, dass es unter den jüngeren Mitgliedern der Europäischen Union, speziell der Euro-Gruppe, nicht nur Griechen gibt. Sondern auch richtige Musterschüler. Das Baltikum hat sich nach dem Untergang der Sowjetunion früh und ambitioniert Richtung Europa orientiert. Und unter den drei baltischen Ländern Litauen, Lettland und Estland hat sich das letztgenannte besonders zielstrebig und reformfreudig gezeigt. Der Lohn: Seit dem 1. Januar 2011 verfügt Estland über den Euro als Währung.

Warum dieser kleine Exkurs in baltischer Länderkunde? Weil die Euro-Gruppe einen neuen Chef braucht. Weil Mr. Euro, Jean-Claude Juncker, beschlossen hat, sich das nach acht Jahren im Amt und fast vier Jahren Euro-Existenzkrise nicht mehr anzutun. Und weil sich immer mehr abzeichnet, dass der deutsche Finanzminister, Wolfgang Schäuble, Junckers Nachfolger nicht werden kann, jedenfalls nicht ohne seinen deutschen Ministerposten aufzugeben, und das wird Schäuble nicht tun. Über diese Schlüssel-Personalie werden die Staats- und Regierungschefs bei ihrem nächsten Gipfel kommende Woche reden müssen. Juncker hat gesagt, er wolle Mitte Juli aufhören. Ein Zurück hinter seinen Beschluss gibt es nicht. Die Zeit drängt also.

Woraus bezog oder bezieht Juncker seine besondere Stärke? Aus dem Umstand, dass er ein leidenschaftlicher Europäer ist, sachkundig und zugleich aus einem sehr kleinen Land kommt. Die letzte Eigenschaft bewahrt ihn persönlich vor dem Vorwurf, dass in Europa die Großen die Kleinen am Nasenring durch die Manege ziehen. Juncker genießt das Vertrauen und die Wertschätzung der Großen wie Frankreich und Deutschland, als Luxemburger aber eben auch das Vertrauen der Kleinen. Das ist wichtig beim Chef der Euro-Gruppe. Der Widerstand gegen Schäuble geht darauf zurück, dass dann Deutschland noch mehr als bisher den Ton angibt.

Der nächste Luxemburger sollte deshalb ein Este sein. Es gibt diesen Juncker von Tallinn auch. Er heißt Jürgen Ligi und ist seit Juni 2008 Finanzminister Estlands, 52 Jahre alt, Triathlet. In seinem Heimatland gilt er bereits als Mr Euro. Ein Mann von einiger  politischer Willenskraft: Als die Krise im Jahre 2009 Estland Wirtschaft um 14 Prozent schrumpfen ließ, legte Ligi ein Sparprogramm von acht Prozent des Bruttoinlandprodukts auf – und bescherte Estland so eine Rückkehr auf den Wachstumskurs. Auf die Frage, wie er es in der Krise dennoch geschafft habe die Maastricht-Kriterien für den Euro zu erfüllen, hat Ligi einmal geantwortet: „Man nehme ein sehr einfaches Rezept: Wenn du weniger Einkommen hast, musst du deine Ausgaben senken.“

Einen Mann dieses Geistes wünschte sich die schwäbische Hausfrau Merkel mit einiger Sicherheit derzeit auch in Griechenland. Ein Mann dieses Geistes macht sich aber in jedem Falle auch gut als Nachfolger von Jean-Claude Juncker. Ligi als Euro-Gruppenchef wäre Vorbild und Fingerzeig zugleich: Ein Fingerzeig an Griechen und andere Wackelkandidaten, dass man es von weit hinten bis an die Spitze des Euro schaffen kann.

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