Außenaufnahme des Bundesverfassungsgerichts / dpa

BVerfG weist Antrag der Unionsfraktionen zurück - Ein schwarzer Tag für solide Staatsfinanzen

Die Union wirft der Ampel eine verfassungswidrige Umgehung der Schuldenbremse vor und ist deshalb mit einem Eilantrag vor das Bundesverfassungsgericht gezogen. Dieses hat das Ansinnen nun mit einer bemerkenswerten Begründung abgelehnt.

Porträt Mathias Brodkorb

Autoreninfo

Mathias Brodkorb ist Cicero-Autor und war Kultus- und Finanzminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Er gehört der SPD an.

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Das dürfte ein bitterer Tag sein für den Oppositionsführer Friedrich Merz, seine Unionsfraktionen und für solide Staatsfinanzen. Insgesamt 197 Abgeordnete des Deutschen Bundestages hatten sich an das höchste deutsche Gericht mit einem „Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung“ gewandt. Das Bundesverfassungsgericht lehnte diesen Antrag heute ab – mit einer überaus bemerkenswerten Begründung.

Konkret ging es in dem Antrag um den zweiten Nachtragshaushalt des Jahres 2021 vom 18. Februar 2022. Die Ampelkoalition war gerade erst gegründet worden und es musste Kohle her für die „Fortschrittskoalition“ (Olaf Scholz). Aber woher nehmen, wenn nicht stehlen? Denn die öffentlichen Kassen waren durch die Corona-Pandemie ziemlich leer.

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Achim Koester | Do., 8. Dezember 2022 - 13:09

scheint erfolgreich angekommen zu sein, bis hin zu BVG, letztendlich wird hier, wenn auch auf Umwegen, das Grundgesetz durch grüne Ideologie ersetzt.

Günter Schreiber | Do., 8. Dezember 2022 - 13:14

sondern ein schwarzer Tag für den Rechtsstaat.

Kurz gesagt hat sich damit das Verfassungsgericht der in der Politik gern geübten Praxis, dass ein subjektiv zwingender Grund einen Verfassungsbruch erlaubt, angeschlossen und sich selbst damit delegitimiert!

Sie haben es in aller Kürze auf den Punkt gebracht. Das BVerfG hat sich selbst delegitimiert. Und ich fürchte, es werden noch einige andere Entscheidungen folgen, wo das BVerfG das Grundgesetz völlig neu definiert. Einige vergangene Entscheidungen haben uns schon gezeigt, in welche Richtung Harbarth gehen wird. Ich bin nur erschrocken, dass die übrigen Richter das alles mitmachen und ihre eigenen früheren Entscheidungen damit selbst ad absurdum führen. Da hat Harbarth offenbar noch viel Merkel THC in der Schublade, dass er mit seinen beiden Senaten raucht.

Tomas Poth | Do., 8. Dezember 2022 - 13:19

Hier wird nur Zeit für irgendwas gekauft, man weiß nicht genau was und wie es kommen wird, aber wenn es eintritt ist man voraussichtlich längst aus der Verantwortung heraus.
Lähmungsangst, Entscheidungen zu treffen die man verantworten muß.
Für die Energiemisere wird Putin verantwortlich gemacht, obwohl sie ausschließlich durch unsere Energie- und Sanktionspolitik verursacht sind.
Die ganze Finanzmisere in Bund, Land und EU findet sicher auch noch einen passenden Schuldigen, außerhalb des eigenen Wirkbereichs. Bis dahin wird nur Zeit gekauft.

Hans Jürgen Wienroth | Do., 8. Dezember 2022 - 13:49

Die Analogie der Urteile fällt auf. Bereits beim Urteil zur EU-Schuldenaufnahme für das Projekt NGEU hat das BVerfG. zunächst den Eilantrag abgelehnt und dann in der Sache gegen den Antrag entschieden. Auch da ging es ums Klima, das dem Gericht wohl außerordentlich wichtig ist (s. Klimaurteil), wozu es das GG nach eigener Vorstellung auslegt. Dazu passt auch, dass das Gericht die Möglichkeiten von Volksaufständen (seitens Antifa, Last Gen. etc. zugunsten des Klimaschutzes?) sieht, die es zu vermeiden gilt.
Damit wurde auch für die nächste Aktion die Tür geöffnet: Das Sondervermögen Bundeswehr. Das ist vielen in der SPD und bei den Grünen ein Dorn im Auge. Das Geld ließe sich doch viel „sinnvoller“ für Klimaschutz- oder soziale Projekte umwidmen, wenn der Krieg erst einmal vorbei ist. Warum sonst wirft die Ampel mit den Milliarden für die arme Weltbevölkerung nur so um sich und bei der BW ist das Geldausgeben so zäh?

Maja Schneider | Do., 8. Dezember 2022 - 14:57

und die vernimmt sie allzu gerne. An die ständigen Rechtsbrüche haben sich seit Merkel alle verantwortlichen Politiker (und auch das Volk) längst gewöhnt, "Idealbesetzungen" der entsprechenden Verfassungsorgane erledigen das Ihrige, um den Wünschen der Regierung unbedingt entgegenzukommen. Läuft doch alles!

Markus Michaelis | Do., 8. Dezember 2022 - 15:06

Aus meiner Sicht gehören Dinge wie eine Schuldenbremse, Tierwohl, Klima und andere konkrete Inhalte nicht in eine Verfassung. Das überdehnt den Verfassungsgedanken (für mich auch den Demokratiegedanken) und zerstört ihn am Ende. Verfassungen sind dazu da, den institutionellen Rahmen einer Demokratie festzulegen - die Regeln und Insitutionen, in deren Rahmen die Inhalte dann politisch ausgehandelt werden. Je mehr versucht wird Inhaltsbereiche absolut festzuschreiben, also dem verhandelbaren Bereich zu entziehen, untergräbt es diese Idee.

Wir haben ein paar inhaltliche Leitplanklen in den Grundrechten, aber selbst bei denen sieht man, dass sie laufend neu interpretiert werden, weil jeder versucht, dass sein Anliegen der "normalen Politik" entzogen wird und als Grundrecht gesellschaftlich als unantastbar allgemein gültig akzetptiert wird.

Dazu sind Menschen und Gesellschaften aber zu vielfältig, unvorhersehbar, veränderlich: das wird längerfristig nicht gut gehen.

Maria Arenz | Do., 8. Dezember 2022 - 15:57

muß ich an Brechts Zitat zum Bankeinbruch als Petitesse im Vergleich zur Gründung von Banken denken. 3000 Mann wurden gestern zur Verhaftung von 58 Männecken wegen eines angeblich bevorstehen Putschs von Rechts aufgeboten, während die wirklich "Dicken Bertas" - die Damen und Herren vom 1. und 2. Senat des BundesVerfg- einen Grundstein unserer Verfassung und Volkssouverinität nach dem anderen zerbröseln. Mit ihrer Ernennung von derlei "furchtbaren Juristen" und Gesinnungsethikern zu Verfassungsrichtern und dann auch noch eines Haldewangs zum obersten "Verfassungsschützer" haben Merkel und ihre Genossen von der Großen Koalition wahrlich Böcke und Ziegen zu Gärtnern gemacht. Wenn diese Dam-und Herrschaften mit unserem GG fertig sind, werden wir unser Land nicht mehr wiedererkennen. Aber wenigstens ein Richter (Müller) hat gestern noch mit der wünschenswerten Klarheit gesagt, was für ein Schrotturteil i.S. EU-Finanzierung der
2. Senat ist.

Heidemarie Heim | Do., 8. Dezember 2022 - 16:26

Endlich fügt sich zusammen was zusammen gehört. Die EU und Deutschland dürfen fern von BIP, Schuldenbremse und was es sonst noch so an lästigen Kontrollmechanismen und zahnlosen Tigern von Finanzaufsichtsbehörden gibt zuschlagen bis der Arzt, bzw. in dem Fall wohl der Pathologe kommt;). ,,Nach mir die Sintflut" war schon immer der oberste Leitgedanke der politischen Steuerverwaltung, die durch so ,,Geiz ist geil-Hemmer" wie eine Bremse, Obergrenzen oder gar Zweckbindungen nur beschwert wurden. Hat ganz früher ja auch schon bei dem ein oder anderen zweckfremden Griff in den anno dazumal wohl gefüllten Rententopf funktioniert. Ganz im Gegensatz zu nicht zuordenbaren Parteispenden, die natürlich unantastbares Eigentum sind und nie nicht zweckfremder Verwendung zum Opfer fallen dürfen. Manches Mal kann man halt doch froh sein keine zu Recht rum nölenden Nachkommen erzeugt zu haben;) Denn der Wunsch aller Eltern seit jeher, dass es die Kinder einmal besser haben sollen ist Vergangenheit.

Ingo Frank | Do., 8. Dezember 2022 - 17:17

Ich sehe das ganz entspannt. Immer raus mit der Kohle, Wer am lautesten schreit, wird mit der Kohle erstickt und der nächste Schreihals betritt die Bühne. Es wird nicht regiert, sondern „gewumst “ oder gar „doppelt gewumst “. Es wird nur noch rot grüner Einheitsbrei mit „Deckel“ gekocht. Aber eins vergessen die, die unser Geld verplempern völlig, irgend wann ist Schluss mit Lustig, da das ganze Geld weg ist…alles ist futsch, und aus die Maus.
Da sind die paar Verhafteten die den „Staatsstreich“ vorbereiteten ein „Fliegenschiss“ wenn des Volkes Zorn sich Bahn bricht.
Ach, alles nicht so ernst nehmen. Hat nicht auch die ehemals über allen Schwebende nicht maßgeblich an der Inthronisierung der Präsidenten des BVG mitgewirkt? Da braucht sich der Sauerländer.doch nicht zu wundern wenn er ohne Erfolg klagt. Oder wie? Das juristische Gewese lasse ich mal weg!
Ergo alles beim altem und somit alles bestens im Buntland Germany.
Mit freundlichen Grüßen aus der Erfurter Republik

Lieber Herr Frank,

der Sie uns immer so freundlich aus der Erfurter Republik grüßen,
ich möchte mich heute einmal ausdrücklich bei Ihnen für Ihre regelmäßigen Stellungnahmen bedanken. Meistens sprechen sie mir aus dem Herzen.
D i e s e r Kommentar ist Ihnen inhaltlich, aber besonders auch sprachlich, wieder einmal sehr gut gelungen! Es ist ein Genuß ihn zu lesen.
Danke dafür.

Überhaupt habe ich den Eindruck, daß wir Kommentatoren bei CICERO
immer mehr zu sprachlicher Hochform auflaufen. Ärger, Wut, Verzweiflung und Dauer-Frust scheinen auch etwas Positives zu bewirken: Sie schärfen unsere Wahrnehmung und lassen uns Worte bzw. Formulierungen und Metaphern finden, die wirklich "sitzen"!

Wer die deutsche Sprache liebt, kann sich nur freuen über die sprachlichen Leckerbissen, die ihm sowohl in den CICERO-Artikeln als auch in den Kommentaren auf dieser Plattform geboten werden.

Herzliche Grüße an Sie und alle aus dem Rheinischen Westerwald (hinter dem Siebengebirge)!

Bernhard Marquardt | Sa., 10. Dezember 2022 - 12:20

Das Bundesverfassungsgericht hatte dereinst u.a. die Aufgabe, die Bürger und deren Rechte gegen einen übergriffigen Staat zu verteidigen.
Längst entsteht der Eindruck, dass die Richter am BVerfG und deren-innen ihren Auftrag gänzlich anders interpretieren.
Ähnlich wie der Verfassungsschutz, der inzwischen nicht mehr die Verfassung für die Bürger, sondern die Regierung vor den Bürgern schützt.