- Fareed Zakaria: Der Aufstieg der Anderen
Wissen wollen wir es alle: Wie die Welt wohl einst aussieht, wenn ihre Geschicke nicht mehr von den USA, sondern von der «BIRC-Gruppe» bestimmt werden – jenem rätselhaften, aus Brasilien, Indien, Russland und China zusammengesetzten Wesen, über das politische Auguren unendlich viel reden, aber kaum etwas wissen. Erst recht spannend ist die Frage, wie wohl die USA mit dem «Aufstieg der Anderen» umgehen: Werden sie sich gelassen ins Unvermeidliche fügen?
Wissen wollen wir es alle: Wie die Welt wohl einst aussieht, wenn ihre Geschicke nicht mehr von den USA, sondern von der «BIRC-Gruppe» bestimmt werden – jenem rätselhaften, aus Brasilien, Indien, Russland und China zusammengesetzten Wesen, über das politische Auguren unendlich viel reden, aber kaum etwas wissen. Erst recht spannend ist die Frage, wie wohl die USA mit dem «Aufstieg der Anderen» umgehen: Werden sie sich gelassen ins Unvermeidliche fügen? Werden sie den Verlust von Macht und Ansehen mit allen Mitteln, militärische eingeschlossen, hinauszögern oder der Illusion aufsitzen, den Gang der Dinge aufhalten zu können? Und überhaupt: Leben wir tatsächlich bereits im Epochenwandel, oder werden sich die Verwerfungen des vergangenen Jahrzehnts als vorübergehende Störung eines im Kern noch immer intakten Systems erweisen? Das ist der Stoff, aus dem politische Beobachter spannende Bücher machen können – oder sich überheben. Letzterem konnte Fareed Zakaria leider nicht entrinnen. Zakaria, der 45-jährige Chefredakteur von «Newsweek», greift zwar beherzt zu, aber am Ende bleibt außer der großen Geste nicht viel in Erinnerung. Gewiss werden Leser, die den Wirtschaftsteil ihrer Zeitung nicht verfolgen, viel Interessantes mitnehmen: China steht bei weitem nicht so gut da, wie manche glauben machen wollen; Indien kann vergleichsweise mehr Belastungen stemmen, hat es aber noch immer mit sozialen und politischen Erblasten zu tun, die auf mittlere Sicht seinen Aufstieg bremsen werden. Und vor einem vorschnellen Abschreiben der USA sei erst recht gewarnt, denn das Land verfügt über eine robuste ökonomische und technologische Basis und scheint für die Konkurrenzkämpfe der Zukunft gut gerüstet; Stichworte: Nanotechnik oder Biotechnologie. Allmählich aber fragt man sich, was während der Lektüre mehr nervt: der von allerlei Statistiken umkräuselte Merksatz «Alles wird gut», der naive, dem 19. Jahrhundert verhaftete Fortschrittsbegriff oder die über den gesamten Text verstreuten Resümees dieses Niveaus: «So wie die Inder Amerika verstehen, so verstehen auch die Amerikaner Indien.» Wie auch immer «die» Inder oder andere Amerika sehen mögen – Zakaria zeichnet mit Hingabe flächig und mit grobem Pinselstrich. Gegen grelle Farbtupfer ist im Prinzip so wenig einzuwenden wie gegen Anekdoten. Allein auf die Dosierung kommt es an. Und wenn diese nicht stimmt, gerät die Analyse zum Geplauder. Oder in diesem Fall zum Stammtisch de luxe. Vor allem aber schrammt Zakaria am Wesentlichen vorbei. Und das ist umso bedauerlicher, da er die zentrale Frage doch präzise formuliert: Ist es den USA zuzutrauen, dass sie den «britischen Weg» gehen, das heißt: die anstehenden Machteinbußen für sich und den Rest der Welt erträglich gestalten? Oder scheitert die notwendige Flexibilität an ihrem verkrusteten politischen System, das nicht nur Neuerungen verlässlich blockiert, sondern mitunter auch zur leichten Beute von Weltanschauungskriegern wird? Leitartikel geben darüber dieselben Auskünfte wie Zakaria. Nur schneller.
Fareed Zakaria
Der Aufstieg der Anderen. Das postamerikanische Zeitalter
Aus dem Amerikanischen von Thorsten Schmidt.
Siedler, München 2009. 304 S., 22,95 €
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