- Die Deutschen haben ein positives Russlandbild
Zahlen aus dem Bauch von Forsa: Prof. Manfred Güllner veröffentlicht in seiner Kolumne überraschende Erkenntnisse seines Meinungsforschungsinstituts über das Russlandbild der Deutschen.
Die geplante Verleihung des Quadriga-Preises an den russischen Ministerpräsidenten Wladimir Putin wurde in Teilen der Öffentlichkeit heftig kritisiert. Doch für 74 Prozent der Deutschen ist Putin derzeit der bedeutendste Politiker des neuen Russlands (es folgen mit 50 Prozent Gorbatschow, mit 39 Prozent der derzeitige Präsident Medwedew). Und eine Mehrheit der Bundesbürger schätzt die Entwicklung der Verhältnisse in Russland in der Ära Putin positiv ein:
- 62 Prozent meinen, Russland habe noch nie eine so lange Phase der Stabilität erlebt, wie mit Wladimir Putin;
- ebenfalls 62 Prozent schätzen den heutigen Lebensstandard in Russland deutlich höher ein als den vor zehn Jahren;
- 71 Prozent glauben, dass die Bedeutung Russlands für die Weltwirtschaft heute größer ist als zehn Jahre zuvor;
- dass die Beziehungen Russlands zu seinen Nachbarstaaten im letzten Jahrzehnt besser geworden sind, glauben 52 Prozent, und
- immerhin 42 Prozent haben den Eindruck, dass heute mehr Pressefreiheit in Russland herrsche als zur Zeit vor Putin (nur 30 Prozent glauben, das Gegenteil sei der Fall).
Die augenblicklichen Beziehungen zwischen Russland und Deutschland werden im Übrigen von 66 Prozent aller Bundesbürger als gut oder gar sehr gut, nur von einer Minderheit von 30 Prozent als nicht so gut bewertet. Dass ein gutes Verhältnis zu Russland für die Deutschen wichtig ist, meinen so gut wie alle Bürger (95 Prozent). Das gilt übrigens auch für deutsch-russische Wirtschaftskooperationen, die ebenfalls von der übergroßen Mehrheit (94 Prozent) der Deutschen für wichtig gehalten werden.
Konkrete Vorhaben deutsch-russischer Wirtschaftskooperationen – wie die im Bau befindliche Ostsee-Pipeline zum Transport von Erdgas aus Russland – werden positiv gesehen (76 Prozent glauben, dass die Ostsee-Pipeline die Versorgung mit Erdgas in Deutschland sicherer macht). Dass Russland ein zuverlässiger Lieferant von Erdgas ist, glaubt trotz aller immer wieder auftauchender Schwierigkeiten bei der Durchleitung des Gases durch Länder wie die Ukraine oder Weißrussland mehr als die Hälfte (54 Prozent) aller Deutschen.
Dass das Verhältnis Deutschlands zu Russland durch die Geschichte (Nationalsozialismus und Überfall auf die Sowjetunion) auch heute noch belastet wird, glauben bemerkenswerter Weise die 18- bis 29-Jährigen zu 61 Prozent, während von den über 60-Jährigen eine Mehrheit (51 Prozent) dies nicht glaubt.
Generell hat sich auch das Russlandbild der Deutschen in den letzten Jahren deutlich gewandelt. Noch 2000 war es geprägt von Assoziationen mit Armut, Elend, Not und Hunger (das meinten vor zehn Jahren 36 Prozent aller Bundesbürger), Krieg und Unruhen (26 Prozent gaben das im Jahr 2000 an), schlechte wirtschaftliche Lage (17 Prozent) oder Chaos und Anarchie (ebenfalls von 17 Prozent vor 10 Jahren genannt). Heute wird keines dieser Attribute mehr von den Bundesbürgern mit Russland in Verbindung gebracht.
2011 fällt den Deutschen zu Russland ein: großes, weites, schönes Land (21 Prozent), Moskau, roter Platz, Kreml (24 Prozent), kalte Winter (14 Prozent), reiche Bodenschätze (14 Prozent), Petersburg (7 Prozent), soziale Gegensätze zwischen arm und reich (13 Prozent) oder das Ende des Kommunismus und des Sowjet-Imperiums (9 Prozent).
Bei den Eigenschaften, die den russischen Menschen zugeordnet werden, hat sich allerdings in den letzten 200 Jahren wenig geändert: Wie Dokumente aus der damaligen Zeit zeigen, war „Wodka“ das wichtigste Attribut, das mit Russen verknüpft wurde. Heute meinen 93 Prozent der Deutschen, „trinkfest“ sei die hervorstechendste Eigenschaft eines Russen. (Allerdings halten auch 88 Prozent der Bundesbürger die Russen für gastfreundlich, 80 Prozent für tapfer, 67 Prozent für gefühlsbetont, 64 Prozent für friedliebend und gebildet sowie 63 Prozent für großzügig).
Alles in allem ist das heutige Bild der Deutschen von Russland also überwiegend durch positive Züge gekennzeichnet – und das, obwohl die Berichterstattung der deutschen Medien über Russland von vielen (41 Prozent) als verzerrt und nicht objektiv gesehen wird (nur 40 Prozent empfinden die Berichterstattung als zutreffend) und obwohl das von den Medien vermittelte Russlandbild nur von 39 Prozent als wohlwollend und freundlich, von 47 Prozent aber als kritisch und wenig freundlich beurteilt wird.
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