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USA - Die Spur der Täter von Boston

Das Attentat beim Marathon hat die Menschen erschüttert. Die US-Polizei ermittelt. Was ist bisher bekannt?

Autoreninfo

ist Autor des „Tagesspiegel“ und berichtete acht Jahre lang aus den USA. Er schrieb die Bücher: „Der neue Obama. Was von der zweiten Amtzeit zu erwarten ist“, Orell Füssli Verlag Zürich 2012. Und „Was ist mit den Amis los? Warum sie an Barack Obama hassen, was wir lieben“. Herder Verlag Freiburg 2012.

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Nach den Bombenanschlägen auf den Boston-Marathon ist das FBI mit den Ermittlungen beauftragt worden. Es gibt bisher keine klaren Hinweise, ob ein Einzeltäter oder eine Gruppe als Urheber infrage kommt und in welchem Umfeld sie zu suchen sind. Präsident Barack Obama warnte in einer Ansprache vor voreiligen Schlussfolgerungen. Er sprach am frühen Dienstagabend zwar von einem „Terrorakt“, betonte aber, man wisse bisher nicht, wer dahinterstecke. Vielen Bürgern macht der blutige Vorfall bewusst, dass die USA in den annähernd zwölf Jahren seit der Attacke auf das World Trade Center in New York am 11. September 2001 regelmäßig Ziel neuer Angriffsversuche waren.
 
Amerika hatte bisher Glück, dass entweder die Zünder nicht funktionierten oder die Pläne rechtzeitig aufgedeckt wurden.
 
Welchen Spuren geht das FBI nach?
 
Die Ermittler sammeln zunächst Hinweise am Tatort, aus denen sich Rückschlüsse ziehen lassen. Nach Polizeiangaben explodierten nahe der Ziellinie zwei Bomben, die im Abstand von weniger als neunzig Metern in Abfallbehältern deponiert waren, gegen 14 Uhr 50 Ortszeit am Montag. Da hatten die schnellsten Läufer das Rennen bereits seit Stunden beendet. Doch einige langsamere Teilnehmer näherten sich dem Ziel.
 
Überwachungskameras haben einen Mann mit zwei Rucksäcken kurz vor den Explosionen aufgenommen. Seine Identität ist bisher nicht bekannt. Nach Angaben des Polizeichefs von Boston, Edward Davis, war die Strecke mehrfach am Tag nach Bomben abgesucht worden, zuletzt eine Stunde vor der Detonation. Der „Boston Globe“ berichtete, die Polizei habe ein Appartement im Vorort Revere untersucht. Es sei unklar, ob ein Zusammenhang bestehe. Niemand wurde dort verhaftet. Die Ermittler hätten auch einen Mann saudischer Abstammung befragt.
 
US-Medien berichten über zwei unterschiedliche Ermittlungsansätze. Einerseits könnten muslimische Extremisten den Anschlag verübt haben, andererseits radikale Amerikaner vom rechten ideologischen Rand. Unter Berufung auf namentlich nicht genannte Terrorexperten melden mehrere US-Medien, die Umstände deuteten nicht auf einen koordinierten Anschlag des Terrornetzwerks Al Qaida hin. Die Technik der Bomben sei nach den vorliegenden Erkenntnissen von relativ einfachem Niveau.
 
Welche Anschlagversuche muslimischer Extremisten gab es seit 2001?
 
Nach 9/11 hat es regelmäßig neue Anschlagversuche gegeben. Ende 2001 versuchte der „Schuhbomber“ Richard Reid einen in seinem Absatz versteckten Sprengsatz an Bord eines US-Flugzeugs zu zünden. Passagiere überwältigten ihn. An Weihnachten 2009 wollte „Unterhosenbomber“ Umar Faruk Abdulmutallab Plastiksprengstoff, den er am Unterleib versteckt hatte, auf dem Flug von Amsterdam nach Detroit zur Explosion bringen. Der Zünder versagte. Ähnliches Glück hatte New York am 1. Mai 2010. Ein US-Bürger pakistanischer Abstammung mit Doppelpass, Faisal Shahzad, hatten einen mit Sprengstoff beladenen Lieferwagen am Times Square abgestellt. Es war ein Samstagabend, viele Menschen waren unterwegs zu den Musical- Theatern und Restaurants in der Umgebung. Auch hier versagte der Zünder.
 
Zahlreiche weitere Anschlagpläne muslimischer Extremisten wurden in frühem Stadium aufgedeckt, weil die amerikanischen Dienste oder das FBI Informanten in diese Gruppen eingeschleust oder Hinweise aus dem Umfeld erhalten hatten. Ziele der Attacken sollten unter anderem die Brooklyn Bridge, die Börse in der Wall Street, das U-Bahn- System von New York und der John-F.- Kennedy-Airport sein. Bürgerrechtsorganisationen äußern den Verdacht, bei manchen dieser Vorhaben seien die verdeckten Ermittler nicht nur passive Beobachter gewesen, sondern hätten die Pläne aktiv mit vorangetrieben, um eine bessere Grundlage für Verhaftungen zu haben.
 
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Alternativ spekulieren US-Medien über einen innenpolitischen Hintergrund. In der jüngeren US-Geschichte hat es mitunter Anschläge ideologisch rechts stehender Amerikaner gegeben. Sie betrachten sich selbst als „Patrioten“, die die Grundrechte gewaltsam verteidigen müssten, weil die Bundesregierung sich zu einer Diktatur entwickele, die den Bürgern diese Grundrechte nehme. Aktuell geht es um die geplante Verschärfung der Waffenrechte nach dem Schulmassaker in Newtown. Der Boston-Marathon hatte mit 26 Schweigesekunden für die 26 Opfer von Newtown begonnen. Die Milizbewegung und andere rechte Gruppen haben mit Widerstand gegen eine Beschränkung der Waffenfreiheit gedroht.
 
Ein historisches Vorbild dafür ist das „Oklahoma Bombing“ 1995. Bei dem Bombenanschlag auf ein Bundesgebäude in Oklahoma City gab es 168 Tote. Als Haupttäter wurde Timothy McVeigh verurteilt. Er sagte, er habe Widerstand gegen eine Bundesregierung leisten müssen, die 1993 das Gelände der Davidianer-Sekte in Waco hatte stürmen lassen. Ein anderes Beispiel für diesen Typus des heimischen Gewalttäters war der sogenannte Una-Bomber Ted Kaczynski. Zwischen 1978 und 1995 hatte er mehrere Bombenanschläge auf Zivilisten und Staatsgebäude verübt, weil die Regierung seiner Meinung nach zu sehr in das Lebensumfeld der Bürger eingreife.
 
Wie reagiert Amerika auf den Anschlag?
 
In vielen Großstädten wurden die Sicherheitsvorkehrungen leicht erhöht, aber nicht so massiv, dass dies die Bewegungsfreiheit einschränkt. Die meisten Bürger gehen ihrem Alltag nach. Die „Washington Post“ schreibt, es gebe keine absolute Sicherheit vor Anschlägen. Die „New York Times“ schließt sich Präsident Obamas Aufruf an, in Ruhe den Ausgang der Ermittlungen abzuwarten.
 
In Boston ist die Gegend um den Tatort abgesperrt, damit die Ermittler ungestört an der Spurensicherung arbeiten können. In anderen Teilen der Stadt patrouillieren Streifen mit Hunden, die Sprengstoff aufspüren können. Die Polizeipräsenz soll auch der Beruhigung der Bevölkerung dienen. Die Hauptstadt Washington bereitet sich auf das Treffen der G-20-Finanzminister ab Donnerstag und die folgende Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank vor. Die Sicherheitsvorkehrungen gleichen denen in früheren Jahren.

 

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