Zurück auf der Ersatzbank
Während der momentane Fokus auf dem Koalitionspartner SPD und den Wirren um Frank-Walter Steinmeier ruht, endete gänzlich unbemerkt eine fast dreijährige Sprachlosigkeit auf der politischen Bühne. Angela Merkel und Friedrich Merz haben sich ausgesprochen. Sie telefonierten miteinander, vor dem Jahreswechsel. Lang und vernünftig sei die Unterhaltung gewesen, heißt es in CDU-Kreisen. Und so wurde eine für die Union missliche politische Feindseligkeit zumindest wieder auf die Ebene der Gesprächsfähigkeit gehoben.
Man erinnere sich an das Jahr 2002. Edmund Stoiber hatte die Bundestagswahl knapp gegen Gerhard Schröder verloren. Die Union musste sich neu sortieren. Merz vertraute damals Absprachen mit Merkel und Stoiber, wonach über Personalien einvernehmlich entschieden werden sollte. Klar war, dass er den Vorsitz der Bundestagsfraktion auf jeden Fall behalten wollte. Doch Merkel griff zu, beanspruchte neben dem Parteivorsitz auch den Posten im Parlament für sich. In Stoiber hatte Merz keinen Verbündeten und so polterte er verletzt von einer „Intrige“, die „von langer Hand vorbereitet“ gewesen sei.
Trotzdem arbeitete Merz nach kurzem Zögern weiter mit, übernahm die Rolle des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden, zuständig für Finanzen und Wirtschaft, und ließ sich als Erfinder des Bierdeckel-Steuermodells feiern. Zwischendurch attackierte er via Interview immer wieder seine Kontrahentin und warf ihr Ende 2004 sogar seinen Stellvertreterposten vor die Füße.
Merkel nahm’s zur Kenntnis, ruhig, in der ihr eigenen unaufgeregten Art. Ihre Getreuen aber streuten in Berlin, ein Mann, der in schwieriger Lage vor der Verantwortung flüchte, lasse sich nicht ernsthaft in die Regierungsverantwortung einbinden. So wunderte es niemanden, dass der Name Friedrich Merz nicht auf der Kabinettsliste zu finden war.
Jetzt aber steht er offenbar wieder in der Reihe der Reservisten – für den Fall, dass es in der Ministerriege zu Ausfällen kommt. Die Fronten wurden aufgebrochen in jenem Gespräch Ende Dezember, für das die Kanzlerin zum Telefonhörer griff, nachdem Merz ihr zuvor per Brief zur Wahl ins Regierungsamt gratuliert hatte. Er hatte wohl gemerkt, dass es keinen Beifall findet, vom Spielfeldrand aus zu mäkeln und zu pfeifen. Und sie musste wohl anerkennen, dass auf seine Fachkompetenz schwer zu verzichten ist.
So wird der Sauerländer mit dem Dickschädel die penetrant hartnäckige Uckermärkerin nun wohl bei der Ausgestaltung der Unternehmenssteuerreform unterstützen. Man darf gespannt sein, wie lange der Frieden trägt.
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