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Transparenz - Gläserne Politiker

Französische Politiker sollen ihre Vermögensverhältnisse offenlegen. Wie kommt das in Deutschland an – und wie steht es hierzulande um die Transparenz?

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Christian Tretbar ist stellvertretender Redaktionsleiter des Tagesspiegels Online. Er arbeitet außerdem in der Berliner Parlamentsredaktion der Zeitung.

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Vielleicht weiß Deutschland ja bald, wie viel Geld Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) auf dem Konto hat. Nicht auf dem seines Ministeriums, sondern auf seinem eigenen. Oder ob auf dem Nachttisch von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) teurer Schmuck liegt. Und wie viele Autos hat eigentlich Verkehrsminister Peter Ramsauer in seiner Garage stehen? Wären wir in Frankreich, würden wir all das und noch viel mehr erfahren. Nur ist es wichtig, das alles zu wissen? Ist das eine Form der Transparenz, die Aufschluss darüber gibt, ob ein Politiker, egal ob Regierungschef, Minister oder Abgeordneter, persönliche Interessen bei einer bestimmten politischen Entscheidung hat?

In Deutschland fallen die Reaktionen darauf, dass in Frankreich die Minister ihre Vermögensverhältnisse nun detailliert offenlegen müssen, unterschiedlich aus.

Viele verweisen darauf, dass das politische Personal in Frankreich anders rekrutiert werde. Es würden andere, genauer gesagt: wohlhabendere Bevölkerungsschichten angesprochen. In Deutschland muss, wer in die Politik will, zwar eine anstrengende und langwierige Tour durch Parteigremien absolvieren, aber keine teure Eliteuniversität besuchen. Auch gebe es bereits klare Verhaltensregeln für Regierungsmitglieder. So dürfen diese beispielsweise keine Nebentätigkeiten ausüben.

Dennoch gibt es auch hierzulande Befürworter des französischen Modells. Nils Diederich, Politikwissenschaftler an der Freien Universität Berlin und selbst ehemaliger Bundestagsabgeordneter der Berliner SPD, ist einer von ihnen. Er hält die Offenlegung der Vermögensverhältnisse französischer Regierungsmitglieder für vorbildlich. „Viele machen um dieses Thema noch einen großen Bogen, aber ich halte den Schritt für richtig und finde, dass jeder, der ein öffentliches Amt bekleidet – sei es ein Minister oder ein Mitglied in einer Kreisversammlung – seine Vermögensverhältnisse offenlegen sollte“, sagt er. Diese absolute Transparenz sei eine vertrauensbildende Maßnahme der Politik gegenüber der Bevölkerung.

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Bei den aktiven Politikern fallen die Reaktionen zurückhaltender aus. „Transparenz ist wichtig, um mögliche Verflechtungen offenzulegen. Aber die verpflichtende Offenlegung der Vermögensverhältnisse könnte verfassungsrechtlich schwierig sein, sagt etwa der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Bundestag, Volker Beck. „Die Höhe des Sparkontos sagt nichts über Verpflichtungen aus, anders sieht das bei erheblichen Unternehmensbeteiligungen aus.“ In Frankreich habe das Thema Steuerflucht zu dieser Entscheidung geführt, nur sei gerade diesem Problem mit Transparenz allein nicht beizukommen: „Denn wer sein Geld am Finanzamt vorbeischleust, kümmert sich auch nicht um Transparenzvorschriften.“ Beck plädiert vielmehr für eine Karenzzeit ehemaliger Regierungsmitglieder. „Innerhalb von drei bis fünf Jahren sollte es Pflicht sein, dass sich ausgeschiedene Regierungsmitglieder vom Kabinett oder einem anderen Gremium ihre neue Berufstätigkeit genehmigen lassen müssen.“ Da müsse festgestellt werden, ob die neue berufliche Position ein Dankeschön für die frühere Arbeit sei oder ob das Amtswissen eine wichtige Rolle bei dem neuen Job spiele. „In diesen Fällen ist eine Tätigkeit zu untersagen.“

SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber bezeichnet sich selbst als „gläsernen Abgeordneten“. Auf seiner Homepage kann man unter anderem die Basisdaten seiner Jahressteuererklärung nachlesen. Trotzdem hält er den französischen Vorstoß nicht für das Wichtigste auf dem Weg zu mehr Transparenz. „Ich hätte als Minister nichts dagegen, meine Vermögensverhältnisse offenzulegen, aber um Abhängigkeitsverhältnisse aufzuzeigen, sind andere Punkte entscheidender“, sagt er. Kelber verweist auf die Schaffung eines Lobbyregisters, eine auf Euro und Cent genaue Offenlegung von Nebentätigkeitsverdiensten und ein Gesetz gegen Abgeordnetenbestechung (siehe Kasten).

Aber es gibt auch unter den aktiven Politikern Befürworter. Ernst-Dieter Rossmann beispielsweise. Er ist Sprecher der Parlamentarischen Linken der SPD-Bundestagsfraktion. In dem französischen Modell sieht er durchaus ein Vorbild für Deutschland. „Frankreich setzt mit seinem Vorstoß Maßstäbe, die auch die deutsche Debatte beeinflussen sollten. Details der Regelung sind nicht übertragbar, aber es spricht nichts dagegen, wenn es bei Ministern auch in puncto Vermögens- und Besitzverhältnisse mehr Transparenz gibt“, sagte er. Das gelte auch für Abgeordnete. „Wir sind für eine weitreichende Offenlegung, und meiner Ansicht nach sollte das auch die Vermögens- und Besitzverhältnisse betreffen. Der Maßstab sollte bei Transparenzregelungen besonders hoch sein, und Frankreich zeigt, dass man sich weiteren Schritten nicht verweigern sollte.“

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