Bücher der Literaturnobelpreisträgerin 2024 Han Kang aus Südkorea / picture alliance

Literaturnobelpreis für Hang Kang - Prämierung entsprechend dem Weltproporz – und der Weltstimmung

Die Schriftstellerin Han Kang erhält den Literaturnobelpreis „für ihre intensive poetische Prosa, die sich historischen Traumata stellt und die Zerbrechlichkeit des menschlichen Lebens offenlegt“. Die 53-Jährige ist die erste Preisträgerin aus Südkorea.

Autoreninfo

Björn Hayer ist habilitierter Germanist und arbeitet neben seiner Tätigkeit als Privatdozent für Literaturwissenschaft als Kritiker, Essayist und Autor.

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Auch wenn das Komitee des Literaturnobelpreises immer gern für Überraschungen gut ist, war die diesjährige Entscheidung in einer Hinsicht fast schon erwartbar: Nach Jon Fosse, Annie Ernaux, Abdulrazak Gurnah und Louise Glück, die allesamt aus dem Westen bzw. Süden stammen, musste es absehbar einmal wieder eine Prämierung für einen Autor aus dem Osten geben. Und so geht die diesjährige Auszeichnung an die Südkoreanerin Han Kang. Sieht man von dem Regionalproporz einmal ab, so erweist sich die Wahl auch inhaltlich als passend, reagiert sie doch auf eine Weltstimmung, die von Finsternis, Trauer und tiefer Verunsicherung geprägt ist.

Eine Jahrzehnte währende Traumatisierung

So befasst sich die von der Schwedischen Akademie vor allem ob ihrer poetischen Züge gelobte Prosa der 1970 geborenen Schriftstellerin immer wieder mit den Abgründen und Verwerfungen des menschlichen Daseins. Sie beschreibt Figuren, die sich verlieren oder bisweilen selbst verloren gehen. Nachdem in ihrem Roman „Deine kalten Hände“ (2020) ein Künstler vom einen auf den anderen Tag nicht mehr da ist, bleiben den Hinterbliebenen nur noch Spuren seiner Werke und lose Notate seines Tagebuches. Von einer ähnlichen Leerstelle zeugt ebenso „Weiß“ (2020). Geschildert wird darin die Erinnerung einer Frau an ihre Schwester, die unmittelbar nach der Geburt verstarb und damit eine Jahrzehnte währende Traumatisierung der Familie auslöste. 

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