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Merkels Ministerwechsel - Ist Johanna Wanka gut gerüstet?

Die Mathematik-Professorin Wanka folgt der Erziehungswissenschaftlerin Schavan als Bundesbildungsministerin. Was bedeutet das für Angela Merkel und die Wissenschaft?

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Robert Birnbaum ist Redakteur im Ressort Politik beim Tagesspiegel

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Bundesbildungsministerin Annette Schavan hatte das Amt sieben Jahre inne und hoffte auf eine weitere Legislaturperiode. Daraus wurde nichts. Nun muss Johanna Wanka das Erbe antreten.

Was hat Schavan als Ministerin geleistet?
Von vielen als wohltuend empfunden wurde Schavans ausgleichender Politikstil. Er passte genau in die Zeit, zu der Schavan Ende 2005 ihr Amt antrat: In der Bildungs- und Wissenschaftspolitik hatte Schavans Vorgängerin Edelgard Bulmahn (SPD) das Verhältnis von Bund und Ländern mit ihren ehrgeizigen Reformen und ihrem kompromisslosen Habitus stark belastet und wohl auch die Hochschulen überanstrengt.

Schavan gelang es, die vergrätzten Länder wieder an den Tisch zu holen. 2007 einigten sich Bund und Länder auf einen Hochschulpakt, der angesichts des zu erwartenden Studierendenandrangs jahrelang massenhaft neue Studienplätze schaffen sollte. Dieser Hochschulpakt, der Deutschland einen Rekord von Studienanfängern bescherte, ist die bedeutendste Leistung Schavans.

Zu einer goldenen Periode verhalf Schavan den außeruniversitären Forschungseinrichtungen und der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Schavan stockte das von ihrer Vorgängerin initiierte Finanzprogramm von Bund und Ländern, den „Pakt für Forschung und Innovation“, zusätzlich auf. Das Ziel des Dresdner „Bildungsgipfels“ von 2008, den Anteil der Ausgaben für Bildung und Forschung am Bruttoinlandsprodukt bis 2015 auf zehn Prozent zu erhöhen, wird wahrscheinlich erreicht werden.

Berlins Charité und dem Max-Delbrück-Centrum der Helmholtz-Gemeinschaft verhalf Schavan mit 300 Millionen Euro zum „BIG“, zum „Berliner Institut für Gesundheitsforschung“, das sie als „Pilotprojekt“ für ähnliche Bund-Länder-Fusionen in der Wissenschaft sah. Zu den Initiativen Schavans, die bislang weniger wirksam blieben, gehört die Gründung der Nationalen Akademie Leopoldina oder das von der Wirtschaft kaum unterstützte „Deutschlandstipendium“ für begabte Studierende. Nicht regeln wollte Schavan das „Zulassungschaos“ an den Hochschulen. Eine Vereinheitlichung der Bewerbungsverfahren hätte Schavan als Übergriff auf Länder- und vor allem auf Hochschulangelegenheiten begriffen.

Was kommt in der Wissenschaftspolitik auf Wanka zu?
Die drei großen Milliardenprogramme von Bund und Ländern laufen aus: Der Pakt für Forschung und Innovation im Jahr 2015, die Exzellenzinitiative 2017 und der Hochschulpakt 2020. Es muss geklärt werden, was an ihre Stelle treten soll – und das angesichts der Schuldenbremse, die die Länder zum Sparen zwingt. Vermutlich im April wird der Wissenschaftsrat seine mit Spannung erwarteten Empfehlungen für die Entwicklung der Wissenschaftslandschaft vorlegen. Dabei muss die Schieflage in der deutschen Wissenschaft korrigiert werden. Die außeruniversitären Einrichtungen bekommen bis 2015 satte Aufwüchse über den „Pakt für Forschung und Innovation“. Die Hochschulen hingegen müssen einen immer größeren Teil ihrer Grundfinanzierung durch im Wettbewerb eingeworbene Drittmittel stemmen. Immer mehr Personal ist prekär beschäftigt. Dabei mussten die Hochschulen in kurzer Zeit eine Rekordzahl von Studierenden aufnehmen. Der Hochschulpakt hilft, doch er ist unterfinanziert und befristet.

Vielleicht kommt es in der nächsten Legislaturperiode zu einer Grundgesetzänderung, die dem Bund wieder mehr Möglichkeiten in der Hochschulfinanzierung bieten würde. Die von Schavan gewollte kleine Lösung – der Bund kann Spitzeninstitute an Unis fördern – ist gescheitert.

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Welche Voraussetzungen bringt Wanka mit?
Gute, sagt ein Insider. Er lobt, dass Wanka nicht anders als Schavan trotz der wachsenden finanziellen Schwierigkeiten eine „Wachstumsperspektive“ für die Wissenschaft fordert. Zu viele Länderminister hätten schon aufgegeben und hofften nur, den Status Quo erhalten zu können. Dass Wanka einen bulmahnschen Aktivismus entfaltet, glaubt er allerdings nicht. Sie gelte eher als „nicht so entscheidungsfreudig“. Wanka ist – wie Schavan – leidenschaftliche Verfechterin von Studiengebühren. Als gestrig muss sie deswegen nicht gelten. Es ist nicht auszuschließen, dass der Zeitgeist sich wieder dreht. Und als Bundesministerin ist Wanka für Studiengebühren sowieso nicht zuständig.

Was bedeutet der Wechsel für Merkel und die schwarz-gelbe Koalition?
Ärgerlich bis traurig, wieder ein Ministersturz – schön ist Annette Schavans erzwungener Abgang nicht. Das Wahljahr fängt für Merkel sowieso trübe an. Dabei ist der Ministerwechsel zwar spektakulär, aber in seinen Folgen nicht ganz so wichtig. Die Niederlage in Niedersachsen wiegt ungleich schwerer, schon mit Blick auf den Bundesrat; das anhaltende Gezerre im schwarz-gelben Bündnis und die anhaltende Schwäche der FDP dürften der Kanzlerin und CDU-Vorsitzenden politisch ebenfalls mehr Kopfzerbrechen bereiten als der persönlich bewegende Verlust der Weggefährtin.

Wenn frühere Rücktritte ein Indiz liefern, dann hält solcher Schaden meist nicht lange an. Dass sie Norbert Röttgen gefeuert hat, hat Merkels Beliebtheit keinen Abbruch getan. Selbst der Groll über das Ende des Publikumslieblings Karl- Theodor zu Guttenberg hat sich deutlich gelegt. Schavan und Merkel haben ihrerseits alles getan, um aus dem Polit-Unfall noch das Beste zu machen: Die eine durch ihren schnörkellosen Rückzug, die andere durch einen bewegten Abschied. Bei den Bürgern, die Merkel ohnehin vertrauenswürdig finden, dürfte das den positiven Eindruck bestätigen. Die anderen, die Merkel nicht mögen, werden Gründe finden, das auch weiter nicht zu tun.

Jedenfalls haben es die beiden Freundinnen der politischen Konkurrenz noch schwerer gemacht, den Fall auszuschlachten. Einfach wäre das sowieso nicht gewesen, schließlich ist Schavan nicht an politischen Fehlern gescheitert. Sozialdemokraten und Grüne bekunden weit überwiegend Respekt, sogar Bedauern.

Aus Katholiken-Kreisen wird unterdessen Kritik daran laut, dass Merkel mit Wanka erneut einer Protestantin den Vorzug gegeben habe und mit Umweltminister Altmaier nur noch ein einziger Katholik unter den CDU-Ministern sei. Früher sei auf Ausgewogenheit geachtet worden.

Was sind Freundschaften in der Politik wert?
Sehr viel. Wie im normalen Arbeitsleben auch, sind die meisten Duz-Beziehungen in der Politik Zweckgemeinschaften, die verläppern oder zerbrechen, wenn sie ihren Zweck nicht mehr erfüllen. Um so wertvoller sind die wenigen echten Freundschaften. Dass das sogar über Parteigrenzen hinweg funktioniert, haben Unionsfraktionschef Volker Kauder und sein SPD-Kollege, der jüngst verstorbene Peter Struck, in der großen Koalition gezeigt. Struck hat trotzdem Merkel attackiert, und Kauder hat über die Sozis gelästert. Aber beide wussten, dass auf den anderen selbst im Sturm Verlass ist. Nicht im Sinne von Nibelungentreue, wohl aber im Sinne einer Verbundenheit, die vom anderen nicht mehr erwartet, als er nach den manchmal ziemlich harten Gesetzen des Politischen geben kann.

Was muss die Wissenschaft aus dem Fall Schavan lernen?
Schavans Fall hat zu schweren Verwerfungen geführt, auch in der Wissenschaft. Umstritten ist, ob eine Dissertation nach 33 Jahren überhaupt noch überprüft werden soll oder ob nicht eine Verjährungsfrist von zehn Jahren zu schaffen wäre, wie etwa Wolfgang Löwer, Professor für Öffentliches Recht in Bonn, sie fordert. Die Gerichte haben allerdings bislang darauf hingewiesen, dass die Universitäten auch noch nach vielen Jahren ein Interesse an der Verfolgung von wissenschaftlichem Fehlverhalten haben können. Die Wissenschaft wird auch diskutieren, ob sie ihre Plagiatsverfahren vereinheitlichen sollte.

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