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BND-Chef Schindler - Ein Lauscher will ans Licht

Auch er steht im Zentrum der Kritik in der BND-Affäre. Gerhard Schindler ist Präsident des Bundesnachrichtendienstes. Spähen und Abhören findet er eine feine Sache. Wer ist dieser Mann? Ein Porträt

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Hartmut Palmer ist politischer Autor und Journalist. Er lebt und arbeitet in Bonn und in Berlin.

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Er springt aus dem Flugzeug, er sieht die Erde unter sich, er hofft, dass sich der Fallschirm öffnet, jener überlebenswichtige Moment. Gerhard Schindler hat das oft gemacht, damals bei der Bundeswehr im saarländischen Lebach – aber trotzdem war da jedes Mal diese schreckliche Mischung aus Stolz und Schiss. Das Gefühl, „sich selbst zu beweisen, dass man mutig ist und Sachen macht, die nicht so alltäglich sind“. Und zugleich Todesangst. Springen ist furchtbar, gesprungen zu sein – das gibt den Kick. „Ich hatte dann vor der nächsten Aufgabe keine Angst mehr, weil ich wusste: Du schaffst das.“

Gerhard Schindler lächelt. Er hat es geschafft, immer wieder. Ist jetzt Präsident des Bundesnachrichtendiensts. Aber die Behörde ist mehr als üblich ins Zwielicht geraten. Seit man von Edward Snowden weiß, wie eng BND und US-Geheimdienste zusammenarbeiten, fragen sich mehr und mehr Bürger, wie viel Schnüffelei sie sich gefallen lassen müssen. Schindler fühlt sich persönlich herausgefordert. Deswegen zeigt er sich.

Der Agentenchef als PR-Agent


Man sieht ihm seine 61 Jahre nicht an. Federnder Gang, ein drahtiger sportlicher Mensch, der jeden Morgen joggt. Er grüßt mit festem Händedruck, hat sich zur Charmeoffensive entschlossen. Ausgerechnet der Agentenchef arbeitet wie ein PR-Agent, er lädt zum Tête-à-Tête in sein Präsidenten-Speisezimmer und erzählt aus seinem Leben.

Das Speisezimmer liegt im fünften Stock seines Amtssitzes, auf dem Gelände einer ehemaligen Gardeschützen-Kaserne in Berlin-Steglitz. Es ist Freitag, eine Bedienstete serviert Fisch mit Reisklößen und schenkt Weißwein ein. Keine schweren Vorhänge, keine Kronleuchter an der Decke, kein Silberbesteck. So etwas können vielleicht die Kollegen in Paris oder Washington bieten. Das Berliner Speisezimmer des BND-Präsidenten ist karg. Es verströmt den preußischen Charme einer ausgeräumten Kantine: 66 Quadratmeter, rot gestrichene Wände, in der Mitte nur ein quadratischer Tisch.

Den Flur bewacht ein bayerisch sprechender Sicherheitsmann. Wer zum Präsidenten will, muss sein Handy in ein Schließfach legen, denn jedes Handy kann zur Wanze umfunktioniert werden. Schindler will selbst dann nicht abgehört werden, wenn er sich der Öffentlichkeit präsentiert. Trotzdem erlaubt er, dass ein Tonband mitläuft.

Austausch mit anderen Geheimdiensten


Der Präsident hat seine Rolle gut einstudiert. Er hat sie das erste Mal hinter verschlossenen Türen aufgeführt – bei einem Treffen ehemaliger Geheimdienstleute am 13. September 2013 in Berlin. Auch da ging es um die Frage, was denn nun werden soll, nachdem Edward Snowden so viel verraten hat über die Kooperation von BND, NSA und anderen Diensten. Ist sie noch enger als gedacht? Darf der BND das? Schindler weiß, dass ehrliche Antworten riskant sind. Im aufgeregten Berlin kann ihm ein verfänglicher Satz das Genick brechen. Andererseits: Will er spionieren wie bisher, wäre Schweigen noch schlimmer. So springt er – kopfüber, hinein ins Heikle: „Natürlich darf der BND das. Wenn wir unseren gesetzlichen Auftrag ernst nehmen, dann müssen wir dies sogar tun – denn nur so funktioniert internationale Zusammenarbeit.“

Er setzt nach: „Es ist eben nicht so, dass ein Mitarbeiter nach sieben Stunden Arbeit denkt: ‚Ach, jetzt könnte ich mal zum Abschluss des Arbeitstags noch eine Stunde international zusammenarbeiten‘“, sagt er. „Wir haben gemeinsame Operationen, wir tauschen unsere Analysen aus und manchmal auch unsere Rohdaten.“

Dieser Mann will nicht weniger Kooperation mit den Amerikanern, sondern mehr. Nicht weniger Rohdaten austauschen, sondern mehr. Das heißt auch: Es wird nicht weniger gelauscht, sondern mehr. Jetzt erst recht. Der Dienst soll dazu stehen. „Transparenz“ heißt das Zauberwort, das er immer wieder bemüht – sein Fallschirm. Die Frage ist nur: Wie soll das funktionieren? Transparenz und Geheimdienst schließen sich eigentlich aus. Der Präsident lehnt sich lächelnd in seinem Speisezimmer zurück. „Unter Transparenz verstehe ich nicht, dass ich Ihnen jetzt alle Probleme des BND hier aufzähle.“

Soll das Transparenz sein?


Weiß er eigentlich, welche Apparaturen die Amerikaner in ihrer Berliner Botschaft unter dem Dach verstecken? Werden damit die Gespräche im Regierungsviertel abgehört, zum Beispiel auch die der Bundeskanzlerin? „Das aufzuklären“, doziert der Jurist Schindler, „ist eine Inlandsaufgabe, wir sind der Auslandsnachrichtendienst.“

Aber es gibt doch in Berlin dieses gemeinsame Abwehrzentrum, in dem die Sicherheitsbehörden – BND, Verfassungsschutz, Militärischer Abschirmdienst, Bundeskriminalamt, Bundespolizei, Zoll und auch die Landesbehörden – ihre Erkenntnisse austauschen. Schindler selbst hat es geschaffen, als er noch im Innenministerium saß und für den Sozialdemokraten Otto Schily die Zuständigkeiten für die Terrorismusbekämpfung bündelte. Und jetzt will er nicht wissen, was die Amerikaner unter ihrem Botschaftsdach treiben? Der Präsident lächelt beharrlich: „Ich kann Ihnen diese Frage mangels Zuständigkeit und mangels Kenntnissen nicht beantworten.“ Soll das Transparenz sein?

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