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(picture alliance) Seit Anfang der Neunziger ist Stoof International auf Fahrzeugpanzerungen spezialisiert.

Gepanzerte Fahrzeuge - Freude am Anschlag

Früher reparierte er Trabis, heute panzert Fred Stoof die Staatskarossen des afghanischen Präsidenten.

In Borkheide bei Potsdam ist die Gefahr, in seinem Auto unter Kalaschnikow-Dauerfeuer zu geraten, eher gering. Auch Minen- und Sprengstoffanschläge hat es hier noch nicht gegeben. Und es ist auch einem Zufall zu verdanken, dass Fred Stoof mit seinem in Borkheide ansässigen Unternehmen Stoof International zum Weltmarktführer für gepanzerte Fahrzeuge aufgestiegen ist. Seine Kunden sitzen dagegen ganz woanders: Erst vor wenigen Wochen hat Stoof 30 Geländewagen per Luftfracht nach Damaskus transportieren lassen und dort in der syrischen Hauptstadt an UN-Mitarbeiter übergeben. „Für uns ein Bombengeschäft“, sagt er und nickt dann fast verschämt, „wir sind ganz eindeutig Krisengewinnler.“

Stoof ist 51, und man sieht ihm immer noch an, dass er früher Gewichtheber war. Heute steckt er denselben Ehrgeiz in sein Unternehmen: Fast 250 Wagen unterschiedlichster Bauart bekommen pro Jahr von seinen 170 Mitarbeitern in aufwendiger Kleinarbeit ein Schutzschild aus Spezialstahl und -glas verpasst. Hinzu kommen jede Menge Elektronik und Mechanik, die so einen Wagen erst zum mobilen Sicherheitstrakt machen. Millionenschwere Besitzer gepanzerter Luxuskarossen müssen auch auf die gewohnten Extras nicht verzichten: Bar nebst Kühlschrank, feinste Lederpolsterung oder Flachbildschirm und schnelles Internet. „Wir haben bislang noch jeden bizarren Wunsch erfüllt“, sagt Stoof. Ein Scheich habe bei ihm mal zwei gepanzerte Mercedes-S-Klassen bestellt, weil er sich nicht festlegen konnte, ob er türkise oder kanariengelbe Lederbezüge bevorzugt. Beim Stückpreis von 400 000 Euro eine kostspielige Entscheidungsschwäche. Stoof zuckt mit den Achseln: „Uns ist das recht, wir leben gut davon.“

Mindestens genauso „bizarr“ wie ein Teil seiner Kunden ist Stoofs Geschichte. Aufgewachsen ist er im märkischen Busendorf. Das Familienunternehmen gibt es seit fünf Generationen. Anfangs, im 19. Jahrhundert, bauten die Stoofs Fuhrwerke aus Holz. Später entstand eine kleine Speditionsfirma und schließlich ein Karosseriebetrieb für Wartburg und Trabant. Fred Stoof, der den Betrieb von seinem Vater übernommen hat, legte schon zu DDR-Zeiten großen Wert darauf, selbstständig zu bleiben. Der Wechsel in die Marktwirtschaft fiel dem Karosseriebaumeister und Möbeltischler trotzdem nicht leicht. Zuerst importierte Stoof Gebrauchtwagen aus dem Westen. Später versuchte er sich mehr schlecht als recht als Autovermieter. Nebenbei reparierte er weiter Autos und wartete die Fahrzeuge einer Geldtransportfirma. Für einen beschädigten Transporter benötigte er 1991 Panzerstahl, den er von einem bayerischen Unternehmer geliefert bekam – mit einem hämischen Ratschlag gratis dazu: Lass die Finger davon, Ihr Ossis seid für solche Spezialaufträge einfach zu „dumm“.

Stoof hat das nur angespornt – und er hatte Erfolg: „Der Kunde war hochzufrieden mit unserer Arbeit. Wir haben von ihm weitere Aufträge erhalten und waren plötzlich drin im Sicherheitsgeschäft.“ Und wie: Schon zwei Jahre später war Stoof International erstmalig auf der Essener Sicherheitsmesse mit einem selbst gebauten Geldtransporter vertreten. „15 Quadratmeter belegten wir damals“, erinnert sich der Firmengründer, -chef und -eigner. Heute braucht er mindestens das Zehnfache. Viel wichtiger als die Standgröße ist aber die inzwischen stattliche Kundenliste. Seine Geldtransporter, von denen er pro Jahr mindestens 130 Stück baut, sind für die libysche Zentralbank genauso unterwegs wie für die Bank von England. Außerdem kurven weit mehr als 500 gepanzerte Geländewagen aus dem Hause Stoof Diplomaten, Minister und Staatschefs durch internationale Krisengebiete. Allein an den afghanischen Präsidenten Hamid Karsai hat das Brandenburger Unternehmen sieben Toyota-Spezialgeländewagen geliefert.

2004 ist Stoof von Busendorf in das benachbarte Borkheide umgezogen und hat sich dort einen komplett neuen Betrieb hinbauen lassen. Die Auftragsbücher sind voll, weswegen der Chef schon über einen neuen Ausbau nachdenkt: „Wir werden weiter wachsen – mit Sicherheit.“

In der Montagehalle wird gerade ein Hyundai Equus bis aufs Gerippe zerlegt. Für das Luxusmobil haben Stoofs Ingenieure Fahrgestell und Bremssystem komplett neu entwickelt, damit der Fahrer das dank Panzerung bald tonnenschwere Fahrzeug sicher auf der Straße halten kann. „Der südkoreanische Autohersteller arbeitet bei gepanzerten Fahrzeugen exklusiv mit uns zusammen“, erzählt Stoof. Der künftige Fahrgast des Equus stehe auch schon fest: UN‑Generalsekretär Ban Ki‑moon.

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