- Der Präsident in wilder Ehe
Bundespräsident Joachim Gauck ist auf Papstbesuch – allein. Seine Frau musste zuhause bleiben, das päpstliche Protokoll wollte es so. Gauck flog trotzdem hin. Eine Glosse
Es ist ruhig geworden um Joachim Gauck. Ruhig um den „Bürgerpräsidenten“, der mit so viel Vorschuss in jenes Amt zog, das sein Vorgänger derart unvorteilhaft bekleidete, dass am Ende alle froh waren, dass sich überhaupt einer fand, der das Amt resozialisierte, der Wort und vor allem Würde zurückbringen sollte.
Die Würde war schnell zur Hand, doch mit Worten sparte Gauck zuletzt. Es blieb still um ihn. Er schien es lieber wie die erste Frau im Staate zu halten – und schwieg.
Dabei hätte es Anlässe genug gegeben, die Stimme zu erheben, sich des Wortes zu bedienen. Die Politik bot genügend Raum und vor allem Leere, um diese mit Worten zu füllen. Der Ein-Themen-Bundespräsident hätte sein Freiheitspostulat als Querschnittsthema begreifen, hätte sich zu Nebenverdiensten, Rüstungsexporten, Roma-Fragen und noch wesentlich stärker zur Eurokrise äußern können.
Spätestens dann, als Papst Benedikt XVI. Joachim Gauck zu einer Privataudienz ohne dessen Lebensgefährtin lud – aus protokollarischen Gründen, wie es hieß.
Hier hätte er sein Thema Freiheit am gelebten Objekt praktizieren können. Hier hätte er sich die Freiheit nehmen können, mit Frau oder gar nicht anzureisen.
Doch Frau blieb daheim. Und Gauck schwieg. Es habe „weder eine Weisung noch eine Empfehlung“ aus dem Vatikan gegeben, wonach Frau Schadt nicht gern gesehen würde, verlautbarte das Bundespräsidialamt.
Bravo! So viel Rücksichtnahme hätten wir ihm gar nicht zugetraut. Ganz ohne päpstliche Weisung, ist man quasi selbst darauf gekommen, den Papst nicht mit dem sündigen Leben des Bundespräsidenten zu konfrontieren. So muss man regelrecht dankbar sein, dass der Bundespräsident den heiligen Vater nicht in die Bredouille brachte, einer wilden Ehe unmittelbar beiwohnen zu müssen.
Doch wild und nicht legitimiert geht es ja im Grunde auch beim Papst zu. Streng genommen fehlt beiden – Gauck und Benedikt – die weltliche Legitimation: Während sich der eine am Ende in einer Rauchzeremonie eines Altmännerzirkels küren lässt, wird der andere von einer Parallelwelt namens Bundesversammlung bestimmt, der Größen wie Ingo Appelt oder Otto Rehagel angehören.
Und warum eigentlich schicken wir beim nächsten Mal nicht einfach die erzkonservative Reinkarnation des frühen Norbert Geis, Martin Lohmann, zum Papst? Die würden sich sofort verstehen. Und gemeinsame Themen gäbe es zu Hauf. Von Homo bis Herd. Und der Papst könnte es gleich multimedial unter seine digitalen Schäfchen bringen. Per (Achtung!) Twitter nämlich. Ja, der Papst ist seit neuestem digital. Und sendet göttlichen Segen auf 140 Zeichen. Irgendwie praktisch, dann können die Sünden gleich verlinkt werden.
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