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Was ist Schönheit , Herr Eco?
Gibt es heute eine verbindliche Definition von Schönheit?
Lange Zeit hieß es: "Schönheit ist Proportion." Eine andere Definition war: "Schönheit ist Integrität." Jede Zeit hat ihre eigenen Regeln. Wir benutzen das Wort "schön" heute metaphorisch. Ich kann sagen: Ich hatte einen schönen Teller Spaghetti! Das ist üblich. Es ist eine Metapher, um zu sagen, dass es gut war, begehrenswert. "Schön" sagen wir für alles, das wir positiv beurteilen, und "hässlich" für alles Negative. Dadurch können die Worte ihre Bedeutung verlieren.
Gibt es noch allgemein gültige Schönheitsideale?
Heute kann ein junger Mensch George Clooney toll finden oder Nicole Kidman - und sich gleichzeitig anziehen wie Marilyn Manson. Wir sind zu Polytheisten geworden, wir haben viele Götter. Und das ist seltsam: Wir haben den Unterschied zwischen "schön" und "hässlich" verwischt.
Aber es gibt doch Unterschiede ...
Ja: Unser Sinn für Schönheit ist grundsätzlich charakterisiert durch interesseloses Wohlgefallen, während das Hässliche heftige Gefühle hervorrufen kann: Ekel, Horror. Aber das Hässliche kann auch komisch wirken. Denken Sie an "Schneewittchen und die sieben Zwerge": Die Zwerge sind hässlich, aber lustig. Wir lachen darüber. Anders beim Film "Die Nacht der lebenden Toten". Da versetzt uns das Hässliche in Schrecken.
Wie wandelt sich unser Schönheitsbegriff heute?
Nehmen Sie eine typische Werbekampagne mit einem magersüchtigen Model. Diese Werbung ist ein Beispiel dafür, wie relativ "schön" und "hässlich" sind. Bis vor zwei Jahren war Magersucht eine Art Ideal für junge Mädchen. Dann hat eine moralische Reaktion für Unbehagen gesorgt, und plötzlich war das Bild einer magersüchtigen Frau anstößig. Innerhalb von fünf, sechs Jahren sorgt dasselbe Model für zwei ganz und gar unterschiedliche ethische und ästhetische Reaktionen.
Gilt noch die Trias vom Schönen, Wahren, Guten?
Im alten Griechenland sprach man von "kalos kai agathos", "schön und gut", das war das Gleiche. Insofern war Sokrates ein Schock für die Griechen, denn er war hässlich, aber moralisch gut.
Wie wichtig ist Schönheit für die Mächtigen?
Der wirkliche Wendepunkt war die Fernseh-Wahldebatte zwischen Kennedy und Nixon. Kennedy hat gewonnen, weil er besser aussah als Nixon. Fertig! Das zeigt, dass der alte Reflex - schön ist gleich gut - immer noch vorhanden ist. Kennedy war schön, Kennedy war gut. Nixon war hässlich, unrasiert, also dachte man, er sei schlecht. In dem Fall stimmte das wahrscheinlich.
Das Gespräch führte Ralf Rättig
Lange Zeit hieß es: "Schönheit ist Proportion." Eine andere Definition war: "Schönheit ist Integrität." Jede Zeit hat ihre eigenen Regeln. Wir benutzen das Wort "schön" heute metaphorisch. Ich kann sagen: Ich hatte einen schönen Teller Spaghetti! Das ist üblich. Es ist eine Metapher, um zu sagen, dass es gut war, begehrenswert. "Schön" sagen wir für alles, das wir positiv beurteilen, und "hässlich" für alles Negative. Dadurch können die Worte ihre Bedeutung verlieren.
Gibt es noch allgemein gültige Schönheitsideale?
Heute kann ein junger Mensch George Clooney toll finden oder Nicole Kidman - und sich gleichzeitig anziehen wie Marilyn Manson. Wir sind zu Polytheisten geworden, wir haben viele Götter. Und das ist seltsam: Wir haben den Unterschied zwischen "schön" und "hässlich" verwischt.
Aber es gibt doch Unterschiede ...
Ja: Unser Sinn für Schönheit ist grundsätzlich charakterisiert durch interesseloses Wohlgefallen, während das Hässliche heftige Gefühle hervorrufen kann: Ekel, Horror. Aber das Hässliche kann auch komisch wirken. Denken Sie an "Schneewittchen und die sieben Zwerge": Die Zwerge sind hässlich, aber lustig. Wir lachen darüber. Anders beim Film "Die Nacht der lebenden Toten". Da versetzt uns das Hässliche in Schrecken.
Wie wandelt sich unser Schönheitsbegriff heute?
Nehmen Sie eine typische Werbekampagne mit einem magersüchtigen Model. Diese Werbung ist ein Beispiel dafür, wie relativ "schön" und "hässlich" sind. Bis vor zwei Jahren war Magersucht eine Art Ideal für junge Mädchen. Dann hat eine moralische Reaktion für Unbehagen gesorgt, und plötzlich war das Bild einer magersüchtigen Frau anstößig. Innerhalb von fünf, sechs Jahren sorgt dasselbe Model für zwei ganz und gar unterschiedliche ethische und ästhetische Reaktionen.
Gilt noch die Trias vom Schönen, Wahren, Guten?
Im alten Griechenland sprach man von "kalos kai agathos", "schön und gut", das war das Gleiche. Insofern war Sokrates ein Schock für die Griechen, denn er war hässlich, aber moralisch gut.
Wie wichtig ist Schönheit für die Mächtigen?
Der wirkliche Wendepunkt war die Fernseh-Wahldebatte zwischen Kennedy und Nixon. Kennedy hat gewonnen, weil er besser aussah als Nixon. Fertig! Das zeigt, dass der alte Reflex - schön ist gleich gut - immer noch vorhanden ist. Kennedy war schön, Kennedy war gut. Nixon war hässlich, unrasiert, also dachte man, er sei schlecht. In dem Fall stimmte das wahrscheinlich.
Das Gespräch führte Ralf Rättig
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