- „Die Mehrheit der Bevölkerung steht hinter mir“
Michaela Fischer ging den Bund fürs Leben ein. Mit einer Frau. Das Erzbistum Köln entzog der Religionslehrerin daraufhin die Erlaubnis, weiter Religion zu unterrichten
Frau Fischer, wo arbeiten Sie heute?
Ich bin Grundschullehrerin in Remscheid. Als solche unterrichtet man ja alle Fächer, studiert habe ich aber Religion, Deutsch und Musik. Außer Religion darf ich alle Fächer auch weiter unterrichten.
Waren Sie überrascht von der Kündigung?
Nein. Meine Frau und ich haben schon im Vorfeld darüber gesprochen, dass das passieren könnte. Wir wussten auch übers Internet von einem Fall, wo dasselbe passiert war. Aber wir hatten gedacht, dass sich ja jetzt auch viel tut, und hoffen, dass Ehe und Lebenspartnerschaft auch in Deutschland irgendwann gleichgestellt werden. Aber wir wussten auch, dass ich genug Fächer studiert habe und mir vom Job her nichts passieren kann. Sonst wäre das vielleicht ein Grund gewesen, die Lebenspartnerschaft nicht einzugehen.
Wie hat das Erzbistum Köln überhaupt von Ihrer Verpartnerung erfahren?
Ich gehe davon aus, dass das über das Einwohnermeldeamt ging. Ich habe jetzt erst im Nachhinein erfahren, dass ich dort hätte angeben können, dass die Daten nicht an die Kirche weitergeleitet werden dürfen. Dann hätten sie das nie erfahren. Die Amtswege dauern ja immer etwas länger. Wir haben im August letzten Jahres geheiratet und dann kam das erst so im Februar, Anfang März ins Rollen.
Warum haben Sie auf ein persönliches Gespräch mit der Schulrätin des Erzbistums, das Ihnen angeboten wurde, verzichtet?
Ich habe mich lange beraten lassen und dann mit anderen Leuten zusammen beschlossen, dass sie mir sicher nicht das Gespräch anbieten, um mir zu sagen, wie toll sie meine Entscheidung finden. Wir sind sehr stark davon ausgegangen, dass sie irgendwelche Schwächen bei mir suchen werden. Weil sie das Unterrichtsverbot nicht mit der Lebenspartnerschaft begründen müssten, wenn sie irgendwelche fachlichen Mängel feststellen. Diesem Stress wollte ich mich nicht aussetzen. Im Nachhinein haben sie mir geschrieben, dass sie es schade fänden, dass ich die Einladung zum Gespräch nicht angenommen hätte. Sie würden das verstehen und es wäre in der Tat so, dass ich ihren Vorgaben nicht mehr entspräche aufgrund der Lebenspartnerschaft. Ich wurde aufgefordert, die Missio zurückzuschicken. Die Bezirksregierung Düsseldorf und die Schulleitung wurden auch informiert. Da habe ich mich sehr darin bestätigt gefühlt, dass es richtig war, das Gespräch nicht wahrzunehmen.
Bei der von Ihnen erwähnten Missio Canonica handelt es sich um Rahmenbedingungen der katholischen Kirche, denen Sie, als Sie Religionslehrerin werden wollten, zugestimmt haben. Wussten Sie da nicht, was auf Sie zukommt, wenn Sie eine Lebenspartnerschaft eingehen?
Doch, allerdings sind in der Missio nur zwei Möglichkeiten vorgesehen: Entweder ist man Single oder verheiratet. Für homosexuelle Partnerschaften gibt es gar keine Möglichkeiten zum Ankreuzen. Das heißt, die Kirche schließt von vorneherein aus, dass es so etwas gibt. Damals habe ich den Singlestatus angekreuzt, da er zu dem Zeitpunkt auch zutraf.
Hätten Sie die Lehrerlaubnis auch verloren, wenn Sie standesamtlich einen Mann geheiratet hätten?
Das ist der Punkt, es braucht eine kirchliche Trauung. Oder wenn man Kinder hat und die nicht getauft werden, dann verliert man sie auch.
Sie haben Ihren Fall an die Öffentlichkeit gebracht. Was erhoffen Sie sich davon?
Die katholische Kirche ist in diesem Punkt einfach sehr intolerant und das kann man auch mal deutlich nach außen zeigen. Gerade jetzt, wo darüber gesprochen wird, die Lebenspartnerschaft der Ehe gleichzustellen und andere Länder da stark agieren. Mein Fall wurde im Internet viel kommentiert und ich habe eigentlich fast nur positive Rückmeldungen bekommen. Das fand ich interessant zu sehen, dass die Mehrheit der Bevölkerung hinter mir steht.
Haben Kirchenvertreter Ihnen danach die Hand gereicht?
Nein.
Haben Sie mal an einen Austritt aus der Kirche gedacht?
Ich habe darüber mittlerweile schon nachgedacht, aber ich bin mir noch nicht sicher.
Wie können Sie sich einer Institution noch verbunden fühlen, die Sie nicht toleriert?
Ich fühle mich mit Gott verbunden, mit der katholischen Kirche zunehmend weniger. Die Frage des Kirchenaustritts und des Konvertierens zum evangelischen Glauben ist für mich immer noch aktuell. Die evangelische Kirche ist der katholischen Kirche in ihrem Umgang mit Homosexualität weit voraus.
Die katholische Kirche hält das Ausleben von Homosexualität für Sünde. Haben Sie einmal daran gedacht, Ihre Homosexualität zu unterdrücken, um mit den Regeln der Kirche konform zu gehen?
Die katholische Kirche ist für mich nur eine Institution. Meine sexuelle Orientierung habe ich nie und werde ich auch nie dafür unterdrücken.
Ist so etwas überhaupt möglich?
Möglich ist vieles. Aber dann bleibe ich nicht mir selbst treu. Für mich zählt der christliche Glaube und die Nächstenliebe und Toleranz. Ich bin mir ganz sicher, dass Gott uns Homosexuelle wie jeden anderen Menschen liebt.
Möchten Sie und Ihre Partnerin einmal Kinder haben?
Wir haben uns dazu entschieden, keine Kinder haben zu wollen, obwohl wir immer wieder mal über eine Adoption gesprochen haben. Bisher ist das für uns in Deutschland nicht möglich.
Das Interview führte Lena Guntenhöner
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