
- Der deutsche Humor hat sein wichtigstes Gesicht verloren
Deutschland trauert um den verstorbenen Komiker Victor von Bülow alias Loriot. Mit ihm geht einer der wohl größten Humoristen des Landes von uns. Ein Nachruf von CICERO ONLINE.
„Die Ente bleibt draußen.“ oder „Früher war mehr Lametta.“ Diese zwei Sätze kennt hierzulande wohl jeder. Kaum ein Mann genießt in Deutschland so viel Popularität wie Loriot. Seit der Nachricht von seinem Tod, laufen die Server heiß, die Videos seiner Sketche verbreiten sich im Internet wie ein Lauffeuer. Die Trauerarbeit der Deutschen hat begonnen. Sie haben ihren wohl größten Humoristen verloren.
Am Montagabend starb Bernhard Victor Christoph-Carl von Bülow im Alter von 87 Jahren in seinem Heim am Starnberger See. Heimlich, still und leise ist er von uns gegangen, der Fürst des deutschen Humors.
Auch um Komik zu erzeugen, ist er nie laut geworden, war nie aufdringlich oder gemein. Loriot war der Meister des trockenen deutschen Humors und ein echter Ausnahmekünstler. Seine vielfältigen Talente machten es ihm bis ins hohe Alter schwer, sich auf eine Berufsbezeichnung festzulegen.
Der gebürtige Brandenburger entstammte einem mecklenburgischen Adelsgeschlecht. Sein Vater war ein preußischer Offizier, und auch er selbst schlug die Offizierslaufbahn ein. Nach dem Krieg ging er an die Kunstakademie in Hamburg. Schon in seiner Studienzeit entstanden die berühmten Knollnasenmännchen, die er später im Stern unter dem Pseudonym „Loriot“ veröffentlichte. Vom Cartoonisten schaffte er den Sprung zum Fernsehen. Er wurde Moderator, schrieb eigene Drehbücher, schauspielerte und führte Regie. Sein stolzes Lebenswerk umfasst zwei Kinofilme, an die hundert Fernsehsketche und unzählige Cartoons und Zeichnungen.
In die Herzen der deutschen Zuschauer brachte er es vor allem durch seine eigene Sendung „Loriot“, die er im Auftrag von Radio Bremen zwischen 1976 und 1978 produzierte. Seine Anmoderationen vom Gründerzeitsofa und die Sketche mit seiner 2007 verstorbenen Schauspielkollegin Evelyn Hamann sind zum Klassiker der deutschen Fernsehgeschichte geworden.
Was Goethe und Schiller für die deutsche Dichtkunst bedeuteten, war Loriot für die deutsche Komik. Wie kein anderer verkörperte er den deutschen Humor. Er war es, der die Deutschen Selbstironie lehrte, etwas, was nach zwei Weltkriegen verloren gegangen war. Loriot hielt den Bundesbürgern der Nachkriegszeit mit seinen Figuren einen Spiegel vors Gesicht. Seine Figuren kamen meist aus dem eher konservativen Bürgertum, das sich nach dem Wirtschaftswunder bequem zu Hause eingerichtet hatte und sich mit den alltäglichen Banalitäten wie Bettenkauf oder dem Essen einer viel umwickelten Kohlroulade beschäftigte. Loriot führte uns Deutschen die Absurditäten und Tücken unseres Alltags vor. Die ganz banalen Missverständnisse und Kommunikationsstörungen, das Aneinander-vorbei-Reden, insbesondere zwischen Mann und Frau, waren seine großen Themen. Themen, die bis heute nichts an Aktualität verloren haben.
Loriot war ein begnadeter Anthropologe. Seine Werke leben von seiner Beobachtungsgabe und Detailverliebtheit. In keinem seiner Filme oder Sketche ließe sich auch nur ein Element finden, was er dem Zufall überlassen hätte. Selbst die Statisten im Hintergrund sind noch Teil seiner Alltagsinszenierung, ob sie sich einfach nur umständlich den Pullover ausziehen oder in Hundekot treten. Der preußische Perfektionismus konnte so manchen seiner Kollegen verzweifeln lassen, aber letztlich ist es genau er, der seine Werke von den Fließbandarbeiten eines Stefan Raabs unterscheidet. Loriot nahm sich Zeit. Nur so gelang ihm die Zeichnung unvergesslicher Charaktere: Opa Hoppenstedt, der Lottogewinner Erwin Lindemann, Familie Lohse, Vic Dorn, Herr Müller-Lüdenscheidt oder auch die Maskottchen der ZDF-Show „Der große Preis“ Wum und Wendelin, sie alle sind nur einige Wenige von vielen.
Loriot war ein Jongleur der Sprache. Ihm gelang es, die ohnehin oft so unromantische und komplizierte deutsche Sprache humoristisch in Szene zu setzen. Er ist wahrscheinlich der einzige Komiker, dessen Wortschöpfungen wie „Kosackenzipfel“, „Jodeldiplom“ oder ein einfaches „Ach was“ in den allgemeinen deutschen Sprachgebrauch übergegangen sind.
Sein spitzbübisches Lächeln und seine Selbstironie bewahrte sich Loriot bis ganz zum Schluss. So bleibt auch uns nichts anderes übrig, als das Leben mit einem Augenzwinkern zu nehmen und mit Würde das Erbe unseres großen Humoristen zu verwalten. Der bekennende Mopsfan hat einmal gesagt: „Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos.“ Mit Loriot ist es wie mit den Möpsen.
Auch die Cicero-Online-Redaktion reiht sich in den virtuellen Trauerzug ein und schließt mit einem Loriot-Klassiker: Liebe im Büro
Ruhe in Frieden, Loriot! Wir danken Dir für Jahrzehnte voller großartiger Unterhaltung.
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