- Union drängt auf schärfere Bedingungen für Ausreisepflichtige
Die Union macht Druck in der Migrationsfrage. Der Kanzler soll mit ihr verhandeln, um die irreguläre Migration zu stoppen. Unionspolitiker haben bestimmte Maßnahmen vorgeschlagen.
In der Migrationsdebatte versucht die Union, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zur Kooperation mit ihr zu drängen und die Bedingungen besonders für abgelehnte Asylbewerber zu verschärfen. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann warf Scholz vor, sein Angebot eines gemeinsam zu beschließenden Deutschlandpakts nicht ernst zu meinen. „Bis heute warten wir auf die Einladung, alles heiße Luft“, sagte er am Sonntagabend im Bericht aus Berlin der ARD.
Die SPD hält das Gesprächsangebot von Anfang September aufrecht, will sich aber nicht treiben lassen, wie ihr Fraktionschef Rolf Mützenich in der Augsburger Allgemeinen deutlich machte. Scholz' Angebot bezog sich auch auf die Modernisierung des Landes generell, die Union fordert aber eine Konzentration auf die Migrationspolitik.
Man müsse zu dem Schluss kommen, dass das ein PR-Gag des Kanzlers für die Landtagswahlen am Sonntag in Hessen und Bayern gewesen sei, sagte Linnemann und versicherte: „Wir sind bereit zu einem großen Konsens.“ Oder in den Worten des Vorsitzenden der CSU-Bundestagsabgeordneten, Alexander Dobrindt, in der Augsburger Allgemeinen: „Wir erwarten, dass der Bundeskanzler zu seinem Wort steht und einen Versuch unternimmt, mit CDU und CSU einen Deutschland-Pakt zum Stopp der irregulären Migration zu vereinbaren.“
Auch Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) hatte am Wochenende eine baldige gemeinsame Lösungssuche verlangt und als spätesten Termin den 9. Oktober genannt, den Tag nach den Landtagswahlen in Bayern und Hessen.
Was die SPD sagt
SPD-Fraktionschef Mützenich sagte: „Der Bundeskanzler wird zum einen weiter mit den Ländern reden, einschließlich den Ministerpräsidenten von CDU und CSU, und er wird natürlich auch mit dem Vorsitzenden der größten Oppositionsfraktion sprechen.“ Dabei werde es aber nicht nur um das Thema Migration gehen, sondern vor allem um die von Scholz genannten Kernelemente: Modernisierung der Infrastruktur, Planungsbeschleunigung und besseres Zusammenwirken von Kommunen, Ländern und Bund.
Ähnlich wie bereits Scholz erklärte Mützenich: „Gegen unerlaubte Einwanderung gibt es nicht das eine Werkzeug, das alle Probleme löst.“ Er fügte hinzu: „Und schon gar nicht eine fiktive Begrenzungszahl, wie sie etwa (CSU-Chef) Markus Söder in den Raum geworfen hat, ohne entfernt eine Idee für die Konkretisierung zu haben.“ Migration sei „eine Jahrhundertaufgabe“.
Was die Union will
Nach einem Bericht der Bild-Zeitung haben Linnemann und CDU/CSU-Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei mehrere Maßnahmen benannt, mit denen die Migration eingedämmt werden soll.
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- Stationäre Grenzkontrollen: Sie sollten bei der EU beantragt und - analog zum Verfahren an der Grenze zu Österreich - auch an denen zur Schweiz, nach Polen und Tschechien eingeführt werden. Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat das perspektivisch nicht ausgeschlossen, setzt an der polnischen und tschechischen Grenze aber auf flexible Kontrollen auch jenseits der Grenzlinie. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hält das für „sehr sinnvoll“, wie der Vorsitzender des GdP-Bezirks Bundespolizei, Andreas Roßkopf, dem Berliner Tagesspiegel sagte – allerdings werde dies schon seit vielen Jahren praktiziert.
- Bezahlkarten: Damit sollten Asylbewerber unter anderem Nahrungsmittel einkaufen können. „Mit den Prepaid-Karten soll verhindert werden, dass sie Geld in ihre Heimatländer überweisen können“, zitierte die Zeitung aus dem Linnemann/Frei-Papier. Eine ähnliche Forderung vertritt auch der Koalitionspartner FDP. Eine generelle Umstellung von Geld- auf Sachleistungen hingegen gilt als schwierig. Gemeindebund-Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg sagte der Rheinischen Post: „Die Umstellung auf Sachleistungen für alle Asylbewerber ist schwer umzusetzen, erzeugt Bürokratie und wird den Personen mit Bleibeperspektive nicht gerecht. Nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts muss ein Taschengeld ohnehin gezahlt werden.“
- Asylbewerber ohne Bleibeperspektive: Sie sollten in Transitzonen an der Landesgrenze ein beschleunigtes Asylverfahren durchlaufen. Abgelehnte Bewerber sollten in Rückkehrzentren untergebracht werden. „Damit soll verhindert werden, dass Ausreisepflichtige untertauchen“, zitiert Bild. In den Zentren sollten Ausreisepflichtige kein Geld mehr erhalten, sondern nur noch Sachleistungen „in Höhe des absoluten Mindestbedarfs“.
- International: Außerdem sollte die Bundesregierung alle freiwilligen Aufnahmeprogramme beenden und die nordafrikanischen Mahgreb-Staaten sowie Indien zu sicheren Herkunftsstaaten erklären, so dass Anträge von Asylbewerbern von dort leichter abgelehnt werden könnten.
- Obergrenzen: Söders Forderung wird von der CDU nicht erhoben. Im Gegenteil: „Obergrenzen sind nach meiner Auffassung keine Antwort auf die Frage, wie man sie einhält“, sagte Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
dpa
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