- Warum sie sich übers Fernsehen aufregen soll
Die privaten Sender tun, was man von ihnen erwartet. Sie sind spekulativ, vulgär und sensationsheischend. Warum darüber aufregen?
[[{"fid":"60267","view_mode":"full","type":"media","attributes":{"height":190,"width":139,"style":"width: 139px; height: 190px; margin: 4px; float: left;","class":"media-element file-full"}}]]Dieser Artikel ist eine Kostprobe aus der November-Ausgabe des Cicero. Wenn Sie keine Ausgabe des Magazins für politische Kultur mehr verpassen wollen, können Sie hier das Abonnement bestellen.
Neulich wurde ich zu einer Podiumsdiskussion über Kinder und Fernsehen eingeladen. Ich war für die Rolle der Mutter vorgesehen, die sich über die Niveaulosigkeit der privaten Sender empören sollte. Ich horchte in mich hinein und stellte fest:
Es ist keine Empörung in mir.
Die privaten Sender tun, was man von ihnen erwartet. Ihre Programme sind überwiegend spekulativ, vulgär und sensationsheischend, sodass möglichst viele Leute zusehen und die Sender möglichst viel Geld verdienen. Und überhaupt: Warum soll ich mich über ein paar Heuschrecken fressende C‑Promis aufregen? Die machen bei dieser Art Volksbelustigung freiwillig ( und gegen ziemlich viel Geld ) mit, und die Zuschauer sehen es sich freiwillig an.
Wenn mir diese Art Fernsehen missfällt, schalte ich es nicht ein. Wenn ich nicht will, dass meine Kinder es ansehen, dann muss ich dafür sorgen, dass sie es auch nicht einschalten. Jeder Zuschauer hat Hunderte von Kanälen zur Auswahl. Will er niveauvolles Programm, wird er es finden. Will er Blödsinn, wird er ihn finden. Es ist wie beim Essen: Ich kann mich in der Burgerbude nicht beschweren, dass kein Bioessen serviert wird. Und die Erfahrung zeigt: Man kann Leuten, die auf Junkfood stehen, noch so viel gesundes Essen anbieten – sie bevorzugen weiter Junkfood.
Beim Fernsehen ist es so ziemlich dasselbe – wozu die Aufregung? Anders liegt die Sache bei den öffentlich-rechtlichen Sendern. Die haben einen Bildungs- und Kulturauftrag. Alles in allem machen sie ihre Sache nicht schlecht, aber mancher Unterhaltungsredakteur träumt fatalerweise davon, Quoten wie die private Konkurrenz einzufahren. So entstehen diese als Junkfood getarnten öffentlich-rechtlichen Grünkern-Bio-Burger, die uns weismachen wollen, sie seien so cool wie die fett- und ketchuptriefenden Big Macs von den Privaten.
Aber wenn ich es niveaulos will, gebe ich mir lieber eine Dosis echten Junk. Bei „Germanys next Topmodel“, „Berlin bei Tag und Nacht“ oder dem „Dschungelcamp“ ist der Grusel wenigstens authentisch.
Als mündige Bürgerin bin ich gegen betreutes Fernsehen – den Part der empörten Mutter habe ich abgelehnt.
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