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CSU und Betreuungsgeld - Das Weißwurst-Prinzip

Egal ob Stromtrassenstreit, Mautfiasko, Hotelsteuer oder nun das Betreuungsgeld. Politischer Unfug hat in Deutschland eine sichere Heimat: die CSU

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Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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In Karlsruhe wird das Betreuungsgeld verhandelt, Tendenz der Richter: Man ist skeptisch. Im Radio hyperventiliert die bayrische Familienministerin Emilia Müller und behauptet tapfer: die Sache laufe gut und das Betreuungsgeld sei sowohl richtig als auch modern.

Eigentlich wäre das lustig – wenn es nicht so traurig wäre, kostspielig und zeitaufwendig. Und wenn es kein systemisches Phänomen wäre.

Denn grober Unfug hat in Deutschland eine gesicherte politische Heimat. Er kommt immer und zuverlässig aus Bayern, also von der CSU.

Sie hat in Wahrheit seinerzeit in der schwarzgelben Bundesregierung die so genannte Hotelsteuer maßgeblich betrieben und durchgesetzt, auch wenn dieser Unsinn am Ende an der FDP kleben blieb. Sie hat den Ausbau der Kita-Plätze mit der Forderung nach dem so genannten Betreuungsgeld konterkariert und den politisch gewollten Effekt dieser Maßnahme zu immensen Kosten egalisiert. Sie hat die Maut für Ausländer erfunden und versucht diese fixe Idee gegen jede Vernunft und die europäischen Richtlinien durchzuknüppeln.     

Die CSU ist die parteigewordene Arbeitsbeschaffungsmaßnahme von Bundesregierungen. Seit nunmehr bald zehn Jahren muss die CDU-Kanzlerin Angela Merkel Augen rollend diesen Unfug des bayrischen Schwesterchens mittragen. Im Fall der Maut sogar auf Kosten ihrer Glaubwürdigkeit. Mit ihr werde es keine solche Maut geben, hatte sie ganz entgegen ihrer Natur einmal dekretiert. Und war dann doch machtlos. Jetzt kann ihr in der Sache nur noch Brüssel helfen.

Die bayrische Extrawurst
 

Warum ist das so? Die bayrischen Extraweißwürste haben einen strukturellen und einen individuellen Grund. Seit Jahr und Tag missbraucht die CSU ihre Sonderstellung im deutschen Parteienwesen, um als Splitterpartei im Bund überproportional viele Konzessionen durchzudrücken. Sie ist im Bundestag mit der Landesgruppe in der Unionsfraktion auch eine Art eigene Fraktion. Sie ist in der Koalition und den Koalitionsrunden immer ein dritter eigener Koalitionspartner, obgleich im Kern nur eine bayrische Spielart der CDU. Und immer hat sie in dieser Doppelrolle (Teil eines Ganzen und eigenständige Kraft) nur eines im Sinn: Nicht das Gemeinwohl des ganzen Landes, sondern die Sonderinteressen Bayerns und die eigene Wiederwahl dort. Man hat sich schon so an diesen absurden Zustand ihrer Sonderrolle gewöhnt, dass jede Elefantenrunde nach den Bundestagswahlen selbstverständlich mit den Spitzen der CSU zusätzlich zu Vertretern der CDU besetzt wird.

Warum eigentlich?

Nun zum individuellen Grund. Keiner hat dieses CSU-Prinzip von der bayrischen Extrawurst so schamlos perfektioniert und praktiziert wie Horst Seehofer.  Das Irrlicht in der Münchner Staatskanzlei schafft es sogar, bayrische Sonderinteressen dann noch einzufordern, wenn er im Grundsatz einer Entscheidung im Sinne des Gemeinwohls zugestimmt hat – wie bei der Energiewende und den damit verbundenen unausweichlichen Stromtrassen aus dem windigen Norden in den bayrischen Süden.

Der Kanzlerin gehen dieser bayrische Ministerpräsident und grundsätzlich das bayrische Gebaren ganz gehörig auf die Nerven. Aber sie kann nichts machen. Solange die CSU zuverlässig einen gehörigen Anteil zum Wahlerfolg der Union beisteuert, muss sie eher auf ein Beißholz beißen als Horst Seehofer in die Schranken weisen. Aber umso mehr ihre eigenen CDU-Werte im Rest des Landes steigen und umso mehr die soliden bayrischen CSU-Werte wackeln, umso weniger muss sie darauf Rücksicht nehmen. Eine solche Situation könnte kommen, und die kühle Machtfrau Merkel würde sie sofort nutzen.

Damit aber nicht der Eindruck entsteht, es liege nur und vor allem an Horst Seehofer. Dieser Eindruck ist falsch. Er ist nur ein gelehriger Eleve des Vaters dieses Prinzips, den schon Merkels Lehrmeister Helmut Kohl dafür inbrünstig hasste. Denn es gibt nur einen einzigen Grund, weshalb Flugbenzin im Unterschied zu Kraftstoffen für Fahrzeuge nach wie vor wider alle Logik und Vernunft steuerfrei ist. Dieser Grund heißt Franz Josef Strauß. Ehemaliger bayrischer Ministerpräsident, legendärer CSU-Chef und leidenschaftlicher Pilot.  

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