Wird Friedrich der Große an Schulen in Berlin und Brandenburg schon bald aus den Lehrplänen gestrichen werden? / dpa

Geschichtsunterricht soll weiter ausgedünnt werden - Historische Unbildung als politisches Programm

In Berlin und Brandenburg soll Geschichte vor 1800 nicht mehr im Unterricht vorkommen. Ein weiteres Indiz dafür, wie sich der Westen von seiner eigenen Geschichte entfremdet.

Portraet Ronald G. Asch

Autoreninfo

Ronald G. Asch hatte den Lehrstuhl für Geschichte der Frühen Neuzeit an der Universität Freiburg inne

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Blickt man auf die Universitäten in vielen westlichen Ländern, dann kann man sich der Erkenntnis nicht entziehen, dass sich die Geisteswissenschaften in einem womöglich dauerhaften Niedergang befinden. Sicherlich, Krisen hat es periodisch immer wieder gegeben, aber gerade die größeren geisteswissenschaftlichen Fächer, wie die Literaturwissenschaften und die Geschichtswissenschaft, scheinen heute doch vor größeren Problemen zu stehen. In den USA war es die Finanzkrise von 2008, die einen deutlichen Abwärtstrend in den Studentenzahlen einleitete, zeitverzögert folgen jetzt europäische Länder wie Großbritannien, die Schweiz und eben auch Deutschland. 

Zum Teil handelt es sich dabei nur um die Korrektur eines Aufschwungs in früheren Jahrzehnten, der durch den massiven Ausbau der Universitäten bedingt war; gerade die großen Disziplinen in den Geisteswissenschaften profitierten davon, dass ein Studium lange als Selbstzweck galt und viele Studenten dann Fächer wählten, die scheinbar mit keinen allzu hohen Anforderungen verbunden waren, auch wenn solche Erwartungen dann während des Studiums nicht selten enttäuscht wurden. Nur die Bereitschaft, Bücher zu lesen, musste vorhanden sein, diese hat freilich jetzt im Zeitalter der digitalen Medien rapide abgenommen, was die sinkenden Studentenzahlen zum Teil erklärt. 

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Ernst-Günther Konrad | Sa., 30. November 2024 - 15:33

Und es fing bereits unter Unionsministern an und heute, wo die Bildungspolitik in den allermeisten Fällen in rot-grünen Händen liegt wird das noch forciert.
Wer die Geschichte nicht mehr kennt, seine Wurzeln nicht mehr erkennt und deshalb seine Altvorderen nicht mehr versteht, der läßt sich doch viel leichter lenken.
Wie heißt es bei den woken: "Wissen ist Macht, nichts wissen macht auch nichts." Es reicht doch völlig aus, wenn wir nur noch den Teil der Geschichte staatlich aufbereitet kennen, der zu Selbsthass und Unterwürfigkeit nutzt. Aufklärung ist in jedem Fall schädlich.

Christoph Kuhlmann | Sa., 30. November 2024 - 15:45

man könnte einen Überblick von den alten Germanen /Varusschlacht, die letzte Eroberung Roms über die Entstehung des ersten deutschen Reiches bis zu dessen Ende auf 50 Seiten geben.
Meinetwegen noch die Reformation. Dazu ein par bunte Bilder und wir haben das wichtigste beisammen. Es ist doch völlig wurscht welcher Kaiser grad regierte oder ob er nur König war. Das kann man dann bei der VHS oder auf Youtube in Erfahrung bringen.

Gerhard Hellriegel | Sa., 30. November 2024 - 16:53

Mein Geschichtsunterricht liegt ja schon länger zurück, aber dass diese Herrscher-, Reichs-, Kriegs- und Schlachtengeschichte überflüssig ist, leuchtet mir sofort ein.

Jahrhunderttausende, wenn Sie wollen, Jahrmillionen haben unsere Vorfahren ohne die Spur einer Ahnung von ihrer Vorgeschichte gelebt. Und? Was fehlte ihnen wirklich?

Dass man die Geschichte kennen muss, um die Gegenwart zu verstehen, ist ein Mantra der Historiker. Das ist wie das mancher Sprachwissenschaftler, dass man die Etymologie eines Wortes kennen muss, um seine Bedeutung zu verstehen.

Viel später, nach der Schule, habe ich mich dann um DIE Geschichte bemüht, die mich wirklich interessierte.
Das aber waren ganz andere Fragen - und Antworten, die für uns heute wirklich von Bedeutung sind. Oder besser - für mich.

Wolfgang Borchardt | Sa., 30. November 2024 - 16:58

ihrer Zeit voraus war. Planwirtschaft und linke Ideologie sind schon angekommen und der DDR- Geschichtsunterricht begann mit dem Zusammenbruch Hitlerdeutschlands. Alles andere war in Bruchstücken Vorbereitung darauf. Die Steinzeit erschien besonders wichtig, verkörperte sie doch die vermeintliche Gleichheit aller Menschen, die wieder herzustellen das Ziel der russischen Oktoberrevolution war. Aber: "Wer nicht von dreitausend Jahren sich weiß Rechenschaft zu geben, bleib' im Dunkeln unerfahren. mag von Tag zu Tage leben." JWG

Schlacht im Teuteburger Wald, Bauernkrieg, 30-jähriger Krieg, franz. Rev., napolionischer Krieg, 48-er Revolutionen, dtsch.-franz. Krieg u. Bismark, industr. Rev. in England, 1. Wk und sein Vorabend, russ. Rev. von 1905, Feb. u. Okt. 17, Nov.- Rev. in D., Weltwirtschaftskrise, NS-Machtergreifung-natürlich alles als "Bruchstück". Und "begleitende" Kenntnisse, natürlich nur als "Bruchstücke", wurden im Literaturunterricht vermittelt.

Werter Herr Beck.All das wurde uns Schülern die 1961 eingeschult wurden ebenfalls im Fach Geschichte und Deutsch gelehrt.Unser damaliger Lehrer war bereits Rentner aus dem ehemaligen Ostpreußen und vermittelte griechische und römische Geschichte sehr anschaulich.Das Interesse wurde noch durch sogannte Wandkarten geweckt. Die Daten und Zusammenhänge sitzen heute noch.

Stefan Jarzombek | Sa., 30. November 2024 - 18:09

Vielleicht möchte so mancher Politiker der solche Forderungen an den Mann bringen will, das gesamte Volk der Deutschen auf das eigene Bildungsniveau bringen.
Es ist einfach nur noch zum Schreien.
Da fällt mir nur noch ein:
"Großer Friedrich steig hernieder und regiere Deutschland wieder."

Karl-Heinz Weiß | Sa., 30. November 2024 - 20:20

Deutschland bestand um das Jahr 1800 aus rund 300 weitgehend selbstständigen Territorien. Deutscher Nationalismus seinerzeit: Fehlanzeige. Die jeweiligen Landesherren verfolgten ihre eigenen Interessen, und "Deutschland, Deutschland über alles" ist das Gegenteil von blindem Nationalismus. Die frühere deutsche Geschichte ausblenden zu wollen, grenzt an Geschichtsklitterung , ja zeugt geradezu von Selbsthass.

Johannes Renz | Sa., 30. November 2024 - 21:28

...und wenn dann wieder ein Politiker von spätrömischer Dekadenz anspricht hat keiner mehr eine Ahnung. Und den Ursprung des Nationalfeiertags in unserem Nachbarland kennt dann auch keiner mehr.

Rainer Dellinger | Sa., 30. November 2024 - 21:30

Ja, mit der Geschichtsbildung ist das so eine Sache. Wer hätte das gewußt, das die Regenbogenflagge das Wahrzeichen des Bauernaufstandes von 1525 unter Thomas Müntzer war, mit dem Hinweis "das Wort des Herrn bleibe in Ewigkeit". Neuzeitlich ist das irgendwie in Vergessenheit geraten. Oh Herr, führe die Blinden ins rechte Licht!

Jens Böhme | Sa., 30. November 2024 - 21:41

Ohne soziale Zugehörigkeit ist man ein Irrender zwischen den Welten. Diese Unabhängigkeit macht einsam. Der Ausweg ist die seelenlos, asoziale politische oder ideologische Zugehörigkeit, die Zusammenhalt, Internationalismus, Solidarität und Gerechtigkeit für alle vorgaukelt.

naumanna | So., 1. Dezember 2024 - 08:59

"wer nicht von 3000 Jahren sich weiß Rechenschaft zu geben, bleib im Dunkeln unerfahren, mag von Tag zu Tage leben" (Goethe)
Menschen von der eigenen Geschichte abzukoppeln ist ein Verbrechen. Die Politik versucht es neuerdings, um Menschen im Dunkeln zu halten, besser ausnutzen zu können und mit ihrem aktuellen zweckorientierten geistigen "Müll" zuzustopfen. Es sind Herrschaftsinstrumente. Pfui Deibel, kann man da nur sagen.
Danke für den Artikel.
Vielleicht sollte man auf Menschen wie Hamed Abdel Samad (Islamkritiker) hören, der meint, die Deutschen sollten auf ihre Vergangenheit stolz sein dürfen, damit sich andere in das Land integrieren können. Wer soll sich denn in ein Land integrieren, das seine Geschichte nicht kennt? (Nur die 12 Jahre Faschismus werden gebetsmühlenartig im Unterricht wiederholt)
Die geistige Entwicklung dieses Landes läuft so was von schief ... Schon 1989 hat uns Ungarn geholfen ... vielleicht wird es wieder helfen ...

naumanna | So., 1. Dezember 2024 - 09:07

Ein Beispiel für die geistige Vermüllung Deutschlands: da lese ich doch tatsächlich im SWR einen guten Artikel über die Europahymne - aber das Vergnügen wird geschmälert durch einen Audiobeitrag, in welchem eine offensichtlich WOKE weibliche Person mit auffallend blecherner Stimme ihre Meinung zum besten gibt - sie will die Europahymne (Beethoven, Schiller) abschaffen und durch jahresmäßig wechselnde Hymnen moderner Komponisten ersetzen. Niemand wird dann solche Hymnen noch ernst nehmen können! Eine Demontage des europäischen Gedankens beginnt. Ihre Begründung? "Alle Menschen werden Brüder" wäre Unsinn, weil es immer noch Kriege und Ungerechtigkeiten gäbe. Geht es noch dümmer? Diese Person hat den Text nicht verstanden - der auf Utopie und Zukunft aus ist - sie hat keine Ahnung von den Wurzeln der Musik Beethovens und des Textes Schillers in den Gedanken der Französischen Revolution - nichts nichts, das blanke Nichts im Kopf dieser Person - das kommt davon GESCHICHTE abzuschaffen

Henri Lassalle | So., 1. Dezember 2024 - 16:25

demgemäss auch der Geschichtsunterricht. Eine Nation ohne Geschichtsbewusstsein schwächt seine Identiät - will man das?
So ist zum Beispiel der wirkliche Auslöser des 1. Weltkrieges differenzierter als heute allgemein bekannt ist. Auch die Folgen davon und der Versailler Diktats von 1919 (für Österreich der Vertrag von Saint-Germain-en-Laye) sind der Öffenlichkeit nur un Umrissen bekannt.
Ich würde sagen: Nicht weniger Geschichte, sondern mehr davon, und differenzierter, objektiver dargestellt.