- Ein weiterer bitterer Tag für die SPD steht bevor
Am Sonntag finden die Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen statt. Für Ministerpräsident Armin Laschet geht es um den CDU-Parteivorsitz, für die Grünen um die Zukunft und für die SPD ums Überleben. Eine Vorausschau von Stefan Laurin.
Seine Partei könnte der Gewinner sein und er trotzdem blamiert: Die Aussichten stehen gut, dass die CDU am Sonntag aus der nordrhein-westfälischen Kommunalwahl als stärkste Partei hervorgeht, aber in Aachen, der Heimatstadt von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, eine herbe Niederlage erlebt.
Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitut Infratest-Dimap im Auftrag des WDR und der Aachener Zeitung könnten die Grünen in Aachen nicht nur 20 Prozentpunkte zulegen und mit 37 Prozent stärkste Partei werden, auch ihre Oberbürgermeisterkandidatin Sibylle Keupen hat gute Aussichten, als Favoritin in die Stichwahl zu kommen. Die Stadt des schwarzen Armins, sie könnte grün werden. Laschets Schlingerkurs in Sachen Corona hat ihm viel Sympathien gekostet, eine große Hilfe für die CDU-Kommunalpolitiker ist der Ministerpräsident zurzeit nicht. Und schlechte CDU-Ergebnisse wiederum werden ihm bei seinen Ambitionen, CDU-Chef zu werden, sicher schaden.
Gute Aussichten für die CDU
Ein Mann allerdings wird für die Union positive Schlagzeilen machen: Thomas Kufen (CDU), seit 2015 Oberbürgermeister der Stadt Essen, hat gute Aussichten, sein Amt im ersten Wahlgang zu verteidigen. In Essen hat die SPD nach jahrelangen internen Streitigkeiten und einem schwachen OB-Kandidaten abgewirtschaftet.
Mit 36 Prozent könnte sie bei der Wahl des Rates sogar fast doppelt so viele Stimmen bekommen wie die Sozialdemokraten, für die Infratest-Dimap gerade noch 19 Prozent voraussagt. Und in Köln geht Amtsinhaberin Henriette Reker (parteilos) einem sicheren Sieg entgegen. Unterstützt wird sie von der CDU und den Grünen, ihre Wahl wird somit auch ein kleiner Unionserfolg.
Gewinner werden die Grünen sein
Die Grünen, das zeichnet sich ab, werden am Sonntag der große Gewinner sein. In den sechs Jahren, die seit der letzten Kommunalwahl vergangen sind, hat sich die Partei mit Annalena Baerbock und Robert Habeck an der Spitze neu erfunden, ist für Teile des bürgerlichen Lagers wählbar geworden und ihre Themen Verkehr, Umwelt und Klima bestimmen die Debatte auch bei der Kommunalwahl.
Dass ein Großteil ihrer Kandidaten in Städten noch zur Griesgram-Fraktion gehört und oft wie Lokalausgaben von Jürgen Trittin, Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter auftreten, scheint die Wähler nicht weiter zu stören. Die Grünen haben gute Chancen, am Sonntag zweitstärkste Partei im einwohnerreichsten Bundesland zu werden. In den meisten Umfragen auf Landesebene sind sie es schon seit einem Jahr. In Aachen, Bonn, Köln und Bielefeld könnten die Grünen die stärkste Kraft in den Räten werden, in Essen, Münster und Düsseldorf vor der SPD liegen.
SPD hat schlechte Karten
Für die Sozialdemokraten wird der Sonntag bitter werden. Ein Sieg im ersten Wahlgang wird wohl nur dem Bochumer OB Thomas Eiskirch (SPD) gelingen, der allerdings von Grünen und SPD unterstützt wird und sich entsprechend als rot-grüner Kandidat präsentiert. Für alle anderen verbliebenen sozialdemokratischen Kandidaten wird der Wahlkampf wohl noch zwei Wochen bis zu den Stichwahlen weitergehen. Zu ihnen gehört auch der Oberbürgermeister Düsseldorfs, Thomas Geisel (SPD). Bei der Dimap-Umfrage des WDR lag er mit gerade einmal 31 Prozent gleichauf mit dem CDU-Kandidaten Stephan Keller.
Geisel wird von Skandalen eingeholt
Obwohl Geisel in der Wohnungsbaupolitik große Erfolge vorzuweisen hat, belastet ihn eine Reihe von Skandalen: Mit Unterstützung des Rappers Farid Bang ( Zitat: „Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen“) wollte er bei den Partykids für mehr Abstand in Corona-Zeiten werben, bei der Einrichtung einer Umweltspur für Elektroautos, Fahrräder, Busse wurde für seinen Geisels Diesel-Dienstwagen eine Ausnahme gemacht und auch ein Flug mit einem Privatjet von London nach Düsseldorf im Februar war seiner Beliebtheit eher abträglich.
Auch wenn eine Stichwahl zwischen Geisel und Keller wahrscheinlich ist, besteht in Düsseldorf sogar eine kleine Chance auf eine Sensation: Bei einer Umfrage der Funke-Mediengruppe kam die FDP-Bundestagsabgeordnete und OB-Kandidatin Marie Strack-Zimmermann bei der Frage „Wer wäre für Sie aktuell der beste OB für Düsseldorf?“ auf Platz zwei hinter dem Amtsinhaber.
In Städten wie Essen, Aachen, Bonn und Düsseldorf kommt die Partei nicht mehr über 20 Prozent, der dritte Platz im Land und der zweite, vielleicht sogar dritte Platz, im Ruhrgebiet, der nur noch gefühlten Hochburg der Sozialdemokraten, sind wahrscheinlich. Viele Sozialdemokraten werden ihre Mandate in den Räten verlieren.
Letzter Halt der SPD: Dortmund und Duisburg
Aus der sozialdemokratischen Tristesse ragen indes zwei große Städte hervor: Dortmund und Duisburg. In ihnen kommt die SPD noch auf deutlich über 30 Prozent. Auch das, verglichen mit den Zeiten, in denen absolute Mehrheiten für die Roten der Normalfall waren, bescheidene Ergebnisse, aber diese Zeiten liegen nun einmal auch schon lange zurück. In Duisburg verteidigte OB Sören Link (SPD) 2017 sein Amt im ersten Wahlgang, in Dortmund wird Thomas Westphal (SPD) nach allen Umfragen in die Stichwahl müssen, liegt aber vor seinem Gegenkandidaten Andreas Hollstein (CDU).
In beiden Städten sind die Sozialdemokraten eher konservativ: Arbeit, Wohnen, Sicherheit sind ihre Themen. Von den Grünen sind sie weit entfernt. Sören Link fordert von Zuwanderern, vor allem aus Südosteuropa, häufig mehr Integrationsleistungen und bekommt dafür auch Zustimmung von Migranten, die schon lange in der Stadt leben. Es könnte sich für die SPD lohnen, sich die Wahlergebnisse in den Städten sehr genau anzuschauen – sie werden sehr unterschiedlich ausfallen.
AfD fällt in NRW durch Untätigkeit auf
Die große Unbekannte ist die AfD. Noch in Lucke-Zeiten zog sie 2014 mit mäßigen Ergebnissen in die Räte. Landesweit reichte es damals gerade einmal für 2,5 Prozent. Gut möglich, dass es der AfD gelingen wird, diesen Anteil deutlich zu erhöhen. Städte wie Gelsenkirchen oder Duisburg gehörten bei der Bundestagswahl 2017 zu ihren Hochburgen. Kommunalpolitisch vermochte es die AfD kaum, Akzente zu setzen.
Sie fiel eher durch Untätigkeit, Skandale und dubiose Politiker auf. So wird die Partei in Bochum vom ehemaligen Phenomdia-Chef (Moorhuhn) Markus Scheer geführt, der 2009 zu drei Jahren Haft wegen Bilanzfälschung, Untreue und Betrug verurteilt wurde. In Essen sorgen Spendenaffären um die SPD-Überläufer Guido Reil für mehr Aufmerksamkeit, als die Politik der Partei. Aber AfD-Wähler lassen sich von so etwas nicht abschrecken und für Corona-Zweifler könnte eine Stimme für die Blauen ein Zeichen des Protestes gegen die Pandemiepolitik von Bund, Ländern und Kommunen sein.
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"Die Westfalenhütte und die Phönix-Hütte von Hoesch in Dortmund und die Henrichshütte von Thyssen in Hattingen wurden geschlossen und die Anlagen in die Volksrepublik China verkauft. Gleiches geschah mit der Kokerei Kaiserstuhl, der damals modernsten Kokerei Europas, die nach nur wenigen Betriebsjahren aufgrund der Verlagerung der Stahlerzeugung des ThyssenKrupp-Konzerns an die Rheinschiene keinen Absatz mehr hatte.
In Duisburg-Beeckerwerth entstand 1993 ein neuer, moderner Hochofen, der die Arbeit seiner 3 alten Vorgänger übernahm (12.200 T Roheisen pro Tag). Thyssen konzentrierte sich bereits vor seiner Fusion mit Krupp-Hoesch auf die Produktion von Flachstahl und verkaufte sein Profilstahlgeschäft. Dieser Konzentrationsprozess kostete vor allem im Ruhrgebiet eine fünfstellige Zahl von Arbeitsplätzen."
Wikipedia
As time goes by.
Es gibt Hoffnung für NRW -
etwa Duisburg-Marxloh.
Eine no-go-area in der wir gut und gerne leben, woll?
Alles so schön bunt hier!
GLÜCKAUF NRW!
Ich teile aus den bisherigen Wissen, werter Herr Laurin, ihre Prognose.
Würde mir jedoch wünschen, dass die Wähler mehr hinter die Fassade der Grünen blicken würden. Denn hier sind viele Ungereimtheiten zu beobachten. Auch wenn Habeck behauptet, die schöpferische Kraft des Marktes zu kennen. In Berlin, den Schmelztiegel rot-grüner Politik, ist eher Chaos zu beobachten. Weil man nie einen Gedanken ganz zu Ende denkt. Auch ein System des Wegschauens, wenn die Strategie nicht aufgeht.
Die SPD hat vieleicht noch den einen Vorteil zu verbuchen...Lokalpolitiker. Die abseits der Bundes-SPD ihre Sache gut gemacht haben.
Und schon O. Welles wusste:
Beliebtheit sollte kein Maßstab für die Wahl von Politikern sein. Wenn es auf die Popularität ankäme, säßen Donald Duck und die Muppets längst im Senat.
Für die Zukunft der Grünen dürften die heutigen Wahlergebnisse nicht mehr als ein Mosaikstein sein. Wichtig wird das nächste Jahr. Das gibt es - wieder - in Dunkel-Deutschland drei Landtagswahlen: Sachsen-Anhalt, erneut Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern. Die Ost-Grünen sind geschickte Surfer auf der 5%-Hürde - meist liegen sie drüber; oft aber nur knapp. Ob das so bleibt, wenn die Rekord-Umfrage-Ergebnisse langsam wieder auf Normalmaß zurückgehen?
Eine eigene 'gewachsene' Basis unter den 'Eingeborenen' haben die Grünen im Osten kaum. Das ist lange vorbei! Sie sind primär die Partei der zugereisten Wendegewinnler, die in Universitäten, Behörden und Kirchen die Leitungsposten abgegriffen haben und soziale Sorgen und Verwerfungen nicht kennen. Weiterhin haben sie viele Anhänger unter den Studenten (der Geistes-'Wissenschaften'). Ob das reicht, wird sich noch zeigen.
Für eine ernsthafte Prognose ist es zu früh.
Es könnte durchaus sein, daß wir im nächsten Jahr Überraschungen erleben!
Herr Düring, in NRW passiert so viel in den letzten Jahren, die Leute sind, um es in der Arie (höre gerade Pavarotti /Nessun Dorma)auszudrücken, in der Gesamtheit recht schlafmützig, wenn sie sich die Grünen als Prinzen (vieleicht Habeck), erkoren haben.
Im Osten ist man mehr pragmatisch...und ich sage Ihnen, die Sonne scheint heute prächtig!
"Verschwinde, oh Nacht! Geht unter, Sterne!
Geht unter, Sterne! Zum Sonnenaufgang werde ich siegen!"...