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Putins Plan - Frieden schaffen mit Assad

Da dem Westen in Syrien jegliche Strategie fehlt, schafft Putin mit Waffenlieferungen Fakten. Er will beweisen: Für eine Lösung der Krise, die so viele Flüchtlinge produziert, braucht es ausgerechnet den Kriegstreiber Baschar al-Assad. Der russische Präsident hat gute Argumente

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Martin Gehlen ist Journalist und berichtet aus der arabischen Welt.

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Entlarvender hätten die Gegensätze kaum sein können. Während randvoll beladene Kriegsschiffe aus Moskau den Bosporus Richtung Syrien durchqueren und Satellitenfotos von modernsten russischen Kampfjets auf dem Rollfeld von Latakia zirkulieren, schickten die USA dieser Tage den zweiten Trupp ihrer frisch trainierten Syrer-Rebellen über die Grenze: 75 Freiwillige in Jeeps mit leichten Waffen.

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Die erste Gruppe vor acht Wochen wurde bereits nach wenigen Stunden von Dschihadisten aufgerieben, auch weil ihre Kämpfer zunächst mit ihren Familien Wiedersehen feiern wollten. Nicht zuletzt solche Details belegen: Der Westen ist bei der syrischen Tragödie nur noch an der Peripherie präsent. Die Europäer wissen, dass sie spätestens im kommenden Jahr eine neuerliche Massenflucht aus Syrien nicht mehr bewältigen können. Und die Vereinigten Staaten werden sich bis zum Ende der Amtszeit von Barack Obama in 16 Monaten strikt weigern, vor Ort mit eigenen Bodentruppen einzugreifen.

Syrien soll von der Ukrainekrise ablenken


Umso entschlossener agiert in diesen Wochen ihr gemeinsamer Widersacher Wladimir Putin, der auf diese Weise hofft, die westliche Aufmerksamkeit von der schwelenden Ukrainekrise abzulenken. Er bringt eigene Truppen und modernste Waffen in Stellung, verhandelt mit eingeschworenen Assad-Gegnern wie Saudi-Arabien und koordiniert sich mit Israel. Denn das Geschehen in Syrien verteilt sich mittlerweile politisch wie territorial auf zwei Schauplätze.

Zum einen geht es um die Zukunft und das künftige Machtarrangement in einem Restsyrien entlang der Küste, in dem immerhin noch die Hälfte der verbliebenen syrischen Bevölkerung lebt. Zum anderen geht es um die Expansion des „Islamischen Kalifates“ sowie das Vorrücken der radikalen Al-Nusra-Front in Nord- und Ostsyrien, deren Gotteskrieger unter allen Umständen und bis zur Eroberung von Damaskus weiterkämpfen wollen.

Putin winkt daher mit einer doppelten Offerte. Zuerst schwebt ihm eine nationale Übergangsregierung für das Post-Assad-Syrien vor. Baschar al-Assad würde – zeitlich befristet – daran genauso beteiligt sein wie Repräsentanten der moderaten Opposition. Anschließend möchte Putin eine massive internationale Militärfront organisieren gegen den „Islamischen Staat“. Beteiligte wären die USA, Russland und Europa, Iran und die Türkei, die Golfstaaten, Irak und Ägypten plus die Armee Syriens.

Bestialische Folter unter Assad


Putins Preis jedoch, ein Regime-dominiertes Restsyrien, ist für die golfarabische, türkische und westliche Diplomatie hart zu schlucken. Assad hat mehr als 250.000 Tote auf dem Gewissen. Seine Schergen quälen die Menschen. UN-Ermittler halten seinen Folterungen für systematischer und bestialischer als jene während des Balkankriegs vor zwei Jahrzehnten.

Gleichzeitig wissen die westlichen Staatschefs, dass sie im fünften Jahr des Syriendramas nur noch die Wahl haben zwischen einer schlechten und einer ganz schlechten Option, dem Triumph der Dschihadisten. Und so machte Frankreich kürzlich erstmals nicht mehr einen sofortigen Rücktritt Assads zur Vorbedingung von Gesprächen. Großbritannien und die Vereinigten Staaten äußerten sich ähnlich.

Einfluss der Hisbollah zurückdrängen


Denn allein schon, wenn es gelänge, die Fassbomben-Angriffe des Regimes auf seine eigenen Landsleute durch Verhandlungen zu stoppen, könnte das die Fluchtwelle aus Syrien schlagartig reduzieren. Mehr als vier Millionen Syrer haben jenseits der Grenzen Zuflucht gesucht, weitere acht Millionen irren in ihrer Heimat umher. Die große Mehrheit der Unglücklichen würde lieber heute als morgen in ihre Städte und Dörfer zurückkehren, wenn sie dort ihres Lebens sicher wären.

Zudem könnte Putin den Westen mit einem weiteren Argument ködern: Die neue russische Militärpräsenz in diesem Minisyrien am Mittelmeer würde dort eine unbeschränkte Dominanz von Iran und Hisbollah verhindern. Dieser Perspektive zeigte sich auch Israels Premier Benjamin Netanjahu zugänglich. Die bisherige postosmanische Nation dagegen liegt in Trümmern und wird nie wieder zusammenfinden. Europa und die USA haben diesem historischen Debakel von Anfang an tatenlos und unentschlossen zugesehen.

Sollte es wenigstens für den verbliebenen Rumpfstaat zu einer Art Friedensregelung kommen, wird dieser also eine deutliche russisch-iranische Handschrift tragen.

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