- „Deutsche Probleme werden keine Rolle mehr spielen”
Der Berliner Weihbischof Matthias Heinrich war überrascht von der Papstwahl – und rechnet damit, dass Franziskus die Kirche ein Stück entweltlicht
Hat Sie die Wahl überrascht?
Jorge Mario Bergoglio hat schon beim Konklave 2005 viele Stimmen auf sich vereint, trotzdem habe ich mit ihm nicht gerechnet – vielleicht auch wegen seines Alters. Er ist 76 und hat schon eine schwere Krankheit durchstehen müssen. Man wird sehen, wie er das Amt gesundheitlich trägt.
Er ist der erste lateinamerikanische Papst. Was erwarten Sie von ihm?
Er wird sicher eine andere weltkirchliche Perspektive in das Amt bringen. Dass er sich den Namen Franziskus gegeben hat, ist Programm: Ich vermute, dass er sich auf soziale Probleme konzentrieren wird. Die Folge könnte auch ein Stück Entweltlichung der Kirche sein.
„Entweltlichung“ im Sinne des emeritierten Papstes Benedikt, der der Kirche bei seinem Deutschlandbesuch 2011 sinngemäß zugerufen hat: Klebt nicht am weltlichen Besitz?
Das kann ich mir vorstellen. Dieser Papst wird es ernst nehmen mit der Option für die Armen – ob das mithilfe eines Systems wie hier in Deutschland geschieht, wo Staat und Kirche eng zusammenarbeiten, oder wie in Lateinamerika, das mag dahin gestellt sein.
Was folgt aus dieser Wahl für die katholische Kirche in Deutschland?
Für diesen Papst aus Lateinamerika werden vermutlich die Probleme, die viele deutsche Katholiken umtreiben, wie der Zölibat, die Frauenordination, die wiederverheirateten Geschiedenen, keine große Rolle spielen. Ich glaube nicht, dass es in diesem Bereich Reformen geben wird.
Was wird sich ändern dadurch, dass nun ein Jesuit Papst ist?
So wie ich ihn nach seinem ersten Auftritt einschätze, wird er eine neue Bescheidenheit und tiefe Spiritualität vorleben. Das tut unserer konsumorientierten Welt ganz gut.
Das Gespräch führte Claudia Keller.
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